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Was geschieht nach dem Vorbeben des Silbervulkans?

06.10.2004  |  Hans Jörg Müllenmeister
Noch steht das weiße Edelmetall nicht im Fokus der Investoren. Erst bei aufkommenden Inflationsbefürchtungen wird konsolidiertes Silber als "das Gold des kleinen Mannes" rastlos und läuft im Preis davon. Was der Investor bei seinem Silber-Engagement - in Naturform, als Aktie oder Zertifikat - beachten sollte, erläutere ich im Folgenden.

Wann und wo ein Erdbeben stattfindet, bleibt ein Geheimnis der Natur. In Analogie zur tektonischen Verschiebung sind Inflationsschübe traditionsgemäß Auslöser für künftige Preissteigerungen am Silbermarkt. Die jüngsten exorbitanten Kurssteigerungen reiner Silberminen lassen erahnen, welches Kurspotential in einer Coeur d’Alene oder in einer Silver Standard steckt. Diese kanadische Minen waren die Gewinner der letzten Bullenmarkt-Etappe auf dem Weg zum Jahrhundert-Preisgipfel. Dabei steht im Herbst erst die zweite Etappe der Rohstoffhausse bevor.


Große Ablage des Gold/Silber-Verhältnisses

Im Durchschnitt lag das Gold/Silber-Ratio zwischen 1792 bis 2002 bei 31. Zur Zeit muß man 65 Unzen Silber geben, um als Preisäquivalent eine Gold-Unze zu erhalten. Eine krasse Unterbewertung, denn zur Edelmetall-Hausse 1980 waren dafür nur 17 Unzen erforderlich. Inflationsbereinigt liegt Silber auf seinem Tiefpunkt seit 100 Jahren. Gegenwärtig macht das volatile Silber nach seinem kurzen "Blow-off" ein typisches Korrekturmuster durch. In vielen Köpfen der Anleger geistert heute noch die Story der texanischen Gebrüder Hunt herum, die den Silberpreis 1980 in schwindelerregende Höhe getrieben hatten; letztlich scheiter-ten sie daran, weil man die "Spielregeln" am Terminmarkt durch erhöhte Einschußpflicht - wie kürzlich wieder einmal - geändert hatte.


Weitsichtige US-Multis kauften sich frühzeitig ein bei Silber

Der Hunts gibt es heute genügend. Diese milliardenschwere Langfristinvestoren könnten den engen Weltsilbermarkt leicht aus ihrer Portokasse "managen". Wundersamer Weise geschah das bisher noch nicht. Der 1997 von Warren Buffett für fast 1 Mrd. US-$ erworbene Silberberg von etwa 130 Mio. Unzen dürfte sich ebensowenig in Luft aufgelöst haben wie die Aktienbeteiligungen eines Bill Gates oder eines George Soros an nordamerikanischen Silberminen (Pan American Silver, Apex Silver). Da mag es einen Circulus vitiosus geben: Buffett ist Hauptaktionär bei Gillette mit der Firmentochter Duracell. Das Tochter-Unternehmen beschäf-tigt sich seit Jahren mit der Forschung auf dem Gebiet der Silber-Zink-Akkumulatoren; diese versprechen eine hohe Kapazität bei gleichzeitig guter Spannungsstabilität. Das wäre eine neue indus-trielle Applikation für Silber. Abermillionen der Silber-Zink-Sammler würden weltweit für viele Anwendungen nachgefragt, etwa bei Satelliten- und Mobiltelefone, Laptops usw. Wäre es nicht klug, so einen Silberberg zu besitzen? Mr. Buffett hat ihn "zufällig", er ist klug und weitsichtig dazu!


Neben klassischen, auch neue Applikationen für Silber

Selbst wenn die Fotoindustrie deutlich weniger Silber benötigt wegen verstärkt aufkommender Digitalfotografie, gab und gibt es da ein 90%-Recycling. Aber: In der Industrie und beim Militär steigt der Bedarf an Röntgenfilmen für die Materialuntersuchung auf Basis von Halogensilberkörnern. Kein anderes Metall macht dem Silber seinen angestammten Platz streitig als guter Leiter für Elektrizität oder als Reflektor für Wärmestrahlen.

Dem Edelmetall Silber erschließen sich indessen neue Applikationen. Wegen seiner entkeimenden Wirkung wird es für die Wasserwirtschaft und bei Textilien, in der Medizin und Photovoltaik zunehmend interessant. Ein Zukunftsprojekt der Amerikaner ist die elektrische Energieversorgung mit supraleitfähigen Silberröhren. Im Gegensatz zur herkömmlichen Hochspannungstechnik würden dabei keine Energieverluste entstehen, da der elektrische Widerstand der Übertragungsleitung gleich Null ist. Während man aus dem weltweiten Silberjahresverbrauch von 24.800 Tonnen gerade mal einen Faden von 0,28 mm Dicke bis zum Mond spinnen könnte (Leitungswiderstand 100 Mega Ohm), würden für die landesweite Vernetzung der USA - die natürlich über Jahre ausgebaut wird - rund das Hundertfache des bisherigen Jahresverbrauch an Silber benötigt. Allein das ist mehr als ein Silber-streifen am Horizont.

Mittelfristig wird Silber, als "kleiner Bruder" des Goldes, vor allem wegen seiner Bedeutung als spekulatives Investment dramatisch im Preis steigen, nicht wegen der industriellen Nachfrage.


Steigende Silbernachfrage - sinkende Minenproduktion

Seit Jahren wird von berufener Seite gerätselt, wieviel physisches Silber tatsächlich verfügbar wäre. 1984 berichtete das Handelsblatt noch von einem Silberbestand von 1 Mio. Tonnen. Die Silberlagerbestände von einst sind durch ständige Nachfrage zusammengeschmolzen. Auf wie viele Tonnen (Vorräte: 18.600 Tonnen, Short-Positionen 50.000 Tonnen), das weiß keiner genau. Wo ist aber das ganze Silber geblieben? Antwort: Am Hals schöner Frauen, versteckt in den Sparstrümpfen der Inder und Chinesen, aufgehoben in Münzsammlungen in aller Welt. Das wachsende Silber-Defizit von jährlich 3.570 Tonnen ist der entscheidende Haussefaktor. Die Angaben von Rothschild und Konsorten zum Silberbestand und zur Nachfrage fallen sehr unterschiedlich und nebulös aus.

Ein weiteres Rätsel: Wieviel Silber hat China noch? Seit dem 8. Juli 2003 hat China mit seinen 1,3 Mrd. Menschen in Schanghai neben der Goldbörse auch einen öffentlichen Silbermarkt, der den Bürger zugänglich ist. Fest steht, daß neben Rußland asiatische Länder nachhaltig Gold und Silber horten, z. B. Indien zuletzt 3.500 Tonnen Silber. Einst war Silber monetäres Metall. Jetzt wird es weltweit wieder als Objekt der Wertaufbewahrung und als "altes" Geld neu entdeckt. Das heizt die Nachfrage weiter an und führt Silber bis zur Jahrzehnt-wende m. E. auf mehr als 100 US-$ pro Unze, während der Wert des Dollars stramm gegen Null marschiert.


Die Marktenge ist es - die Spekulation treibt den Silberpreis

Der Silbermarkt ist zwanzigmal enger als der Goldmarkt und damit hausseträchtiger. Fest steht, daß das US-Schatzamt für Neuprägungen des 1-Unzen-Silber-Eagle Silber an der Comex kauft, da keine strategische Silber-Reserve mehr besteht, übrigens auch im Fall Kanada. Langfristig wird die US-Oligarchie durch Derivate das Angebot-Nachfrage-Verhältnis nicht mehr grundlegend verfälschen können. Irgend wann muß das "Papier-Silber" physisch angedient werden. Ausgehend von einer immer größer werdenden fundamental begründeten Nachfrage aus der Industrie, wird letztlich der Silberpreis durch die weltweit angefachte Spekulation in die Höhe schießen. Das Familien-Tafelsilber von einst wurde bereits in der Hausse von 1980 durch private Enthortung auf dem Altar des schnöden Mammon geopfert. Außerdem: neue Silberminen lassen sich nicht in kurzer Zeit erschließen und aus dem Boden stampfen. Ein automatisch nachfließender Silberstrom auf der Angebotsseite kann es nicht geben, sowohl aus der Minenproduktion als auch aus dem Recycling-Bereich.

Das Verwirrspiel um Bestände in Tonnen oder Unzen führt dazu, dass sich kaum einer klar macht, wie alarmierend gering der offizielle Silberbestand tatsächlich ist, denn auf jeden Erdenbürger würden weniger als magere 3 Gramm entfallen. Der offizielle Bestand an Silber mit 18.600 Tonnen ist sogar um 63% geringer als der Goldbestand (29.585 Tonnen). Mit diesem Vorrat ließen sich der Titicacasee mit Blattsilber belegen oder 422.900 massive Silberkugeln gießen von der Größe eines Fußballs zu je 44 kg. Übereinander gestapelt, hätten sie die zehnfache Höhe des Mount Everest. Jährlich wird aber weitaus mehr, nämlich 24.800 Tonnen - ein Würfel von 29 m - an Silber nachgefragt, indessen nur 21.235 Tonnen erzeugt. Diese jährliche Unterdeckung - 81.000 fußballgroße Silberkugeln - wird der Markt nicht durch beschwich-tigende Reden von offizieller Seite auf Dauer ignorieren.


Kanadische Silberminen und Explorer brillieren

Der Weg vom Auffinden des Silbererzes bis zur fertigen Münze ist lang und beschwerlich. 80% des Silberangebots fällt als Nebenprodukt ab bei der Gewinnung von Gold, Kupfer, Zink und Blei. Nur 20% der Weltsilberproduktion stammt aus "reinrassigen" Silberminen, und die sind auf der Welt rar gesät. Einen deutlichen Schwerpunkt bilden kanadische Minenunternehmen.

Bei einem Silberpreis von 7 US-$ kommt die kanadische Silver Standard als Substanzspekulation in die Profitzone. Der Chart zeigt eine exzellente Performance. So betrachtet, wirkt Silver Standard wie eine Option am Geld ohne Laufzeitbegrenzung mit einem deutlichen Hebel zum Silberpreis. Die von einem klugen Management geführte Silver Standard mit Wachstumsstory verfügt über 408 Mio. Unzen Ressourcen (13,6 Unzen pro Aktienwert) und akkumuliert Substanz: Projekte in Kanada, USA, in den ABC-Staaten sowie in Australien.

Die zweite kanadische Silberrakete dürfte Coeur d’Alene sein; sie verfügt über 220 Mio. Unzen an Ressourcen (eine Unze pro Aktienwert). Hecla Mining aus Idaho USA ist ein solider "Blue Chip" der Silberaktien und eine "sichere" Langfristanlage. Wheaton River Minerals verfügt als Silber- und Goldproduzent (zu je 50%) über 40 Explorationsprojekten allein in Mexiko und zusätzlicher Ausrichtung auf dem Kupfersektor. Luismin, das mexikanische Minen-Highlight, brachte 2002 die Ertragswende bei Wheaton River.

Spekulative Phantasie steckt in Silber-Explorern, vor allem wenn dahinter ein erfahrenes Explorerteam steht. Zu beachten ist das ein Unternehmen, wenn es schuldenfrei ist, ein robustes Wachstum zeigt und bereits Projekte entwickelt hat. Diese Kriterien erfüllt der kanadische Explorer Minefinders, z. B. mit dem Dolores-Projekt.

Die lange Zeit in Europa propagierte Sunshine Mining ist wegen Überschuldung zerfallen. Das neue, relativ unbekannte Unternehmen Sterling Mining hat das Sunshine-Gebiet in Idaho mit immerhin noch 26 Mio. Unzen "Restsilber" im Boden erworben. Aus schlechter Erfahrung werden geprellte Ex-Aktionäre der ehemaligen Sunshine diesen Minen-Nachfolger kaum in ihr Depot hieven.


Silber-Zertifikate ohne Währungsrisiko

Dem Investor wäre zu raten, nach der fälligen Edelmetall-Konsolidierung im Herbst in das ABN Amro Silber Quanto-Zertifikat (WKN 239 647) einzusteigen. Die Vorteile: Kein Währungsrisiko gegenüber dem US-Dollar, geringer Spread zwischen An- und Verkauf, direkte Kopplung an die Silberpreisentwicklung. In USA war bei der letzten Zwischenhausse ein steigender Kapitalzufluß in Edelmetall-Fonds, also auch in Silber, zu beobachten. Diese Nachfrage wird früher oder später zu einem Flaschenhalseffekt, zu einer Preisexplosion führen.


Fazit & Tipps

Noch schläft der "Silber-Vulkan". Waren die scharfen Kursanstiege der kanadischen Silberminen das Grollen vor dem zweiten, stärkeren Ausbruch des Silber-Vulkans? Die momentane Ruhe geht einher mit einer allgemeinen Lethargie und Desillusionierung der Anleger; die Kurse fielen zuletzt wieder auf Einstiegsniveau. Jetzt bedarf es nur eines Auslösers, und der Tanz auf dem Silbervulkan beginnt. Wegen geringer Nachfrage und hoher Kosten, haben die Banken weder geschultes Personal noch Interesse daran, physisches Silber zu handeln. Diese "Askese" der Banken gegenüber mehrwertsteuerpflichtigem Silber wird sich mit steigendem Publikumsinteresse, d. h. mit eskalierender Hausse durch private Unternehmen auflösen.

Über Jahre gesehen kann ein voluminöses Bankschließfach zur Aufbewahrung einer größeren Silbermenge beachtliche Kosten verursachen. Deswegen entziehen Sie Ihren großen Silberschatz kostenfrei dem Ganovenzugriff. Folienverpackt und einbetoniert im trauten Heim, überdauert Ihr Schatz Jahre des "Wartens auf Godot". Am Tag X, nach sattem Preisanstieg, ist allerdings der Preßlufthammer fällig.

Eine elegante, zudem legale Alternative ohne Mehrwertsteuer wäre ein Silberkonto in der Schweiz. Zu gegebener Zeit kann man sich die gehaltene Silbermenge real zum Tagesfixing ausliefern lassen. Man kann sogar sogenannte Calls schreiben, um damit Prämien zu kassieren. Sobald aber das Silber "physisch" wird, entstehen auch hier Abgaben. Edelmetallhändler berichten, daß der Sekundärmarkt aus dem privaten Angebot ausgetrocknet ist, trotz des anziehenden Silberpreises, dagegen hätte die Nachfrage deutlich angezogen. In der Endphase der Hausse werden beide Edelmetalle Hand in Hand den Preisgipfel erstürmen - wie 1980. Merkwürdig, meist enden große Kapital- und Edelmetallhaussen zur Jahrzehntwende. Ungewiß ist nur, wann in diesem Jahrzehnt das "Gold des kleinen Mannes" sein historisches Preismaximum von 50 US-$ übertrifft. Das rastlose Silber wäre aber nicht Silber, wenn es nicht um ein Mehrfaches elegant über seinen "alten" Schatten spränge.


© Hans Jörg Müllenmeister



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