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Die Woche der Zentralbanken

07.05.2007  |  Jochen Steffens
In dieser Woche werden die Zinsentscheidungen der wichtigen Zentralbanken erwartet. Die Fed wird am Mittwoch ihr Ergebnis und das Statement dazu veröffentlichen, die EZB folgt am Donnerstag. Es wird also Zeit, einen Blick auf den Euro zu werfen:

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Es ist wieder einmal typisch. Sehr oft vor wichtigen Zinsentscheidungen in den USA stehen die Indizes oder der Dollar/Euro an extrem wichtigen charttechnischen Marken. Hier fließen dann die Charttechnik und die fundamentalen Aspekte zusammen. Die Charttechnik spiegelt sozusagen die aktuellen Fragen der Marktteilnehmer wieder.

Bisher konnte der Euro nicht über sein Allzeithoch bei 1,367 steigen. Nein, er wartet brav und gesittet auf die Fed-Entscheidung. Denn hier wird dieses Mal eine wichtige Entscheidung fallen:


Inflationsdaten und schwacher Dollar sprechen für weitere Zinserhöhungen

Wie Sie in den letzten Wochen bei mir gelesen haben, hat die Gefahr einer Zinserhöhung deutlich zugenommen. Hintergrund sind die nach meiner Lesart schlechteren Inflationsdaten, die sich insbesondere auch in den beiden ISM-Indizes dramatisch widerspiegelten.

Ein weiterer Grund ist aber auch der schwache Dollar, der nicht nur gegenüber dem Euro sondern auch gegenüber anderen Währungen an Wert verliert. Das Problem ist, die USA sind darauf angewiesen, dass Geld herein fließt, unter anderem damit sie ihre Defizite finanzieren können. Was aber wäre, wenn der Dollar in einen massiven Abwärtssog geraten würde? Wer würde dann noch US-Staatsanleihen kaufen?

Also wird die Fed auch alles daran setzen, den Dollar zu stützen, zumindest jedoch einen größeren Verfall zu verhindern. Den Dollar stützt man, in dem man die Zinsen anhebt!


Zinssenkungen sind unwahrscheinlich geworden

Als Grund für eine Zinssenkung kämen lediglich eine schwache Wirtschaft oder einbrechende Aktienkurse infrage, wenn man die aktuell relevanten Faktoren betrachtet.

Noch wächst aber die Wirtschaft in den USA. Die ISM-Indizes sind eben auch nicht unter die kritische 50-Punkte-Marke abgerutscht. Hier besteht also insoweit noch kein Handlungsbedarf. Wie ich hier schon geschrieben habe, verhilft natürlich zurzeit auch noch die Inflation in den USA der US-Wirtschaft in Richtung Wachstum.

Hier hat die Fed also im Moment noch Spielraum und muss nicht handeln!

Ganz besonders viel "Luft" hat die Fed bei den Aktienmärkten: Der S&P500 dicht an seinem Allzeithoch, der Dow Jones weit über seinem Allzeithoch, der Nasdaq ist der Fed nicht so wichtig. Weit und breit kein Grund zur Sorge. Keine Zinssenkung notwendig!

Vergleicht man nun diese Aspekte, dann besteht eher Grund zu der Annahmen, dass die Fed die Zinsen noch einmal anhebt. Gründe für einen Zinssenkung sind dagegen aktuell nicht mehr zu finden.

Das kann sich natürlich ändern. So gibt es erste Analysen, dass die Inflation in den USA bald deutlich nachlassen wird - okay, es gibt viele Analysen, die glauben, dies oder jenes beweisen zu können. Ich lasse mich hier lieber von den aktuellen Daten leiten, und die zeigen mir, dass die Inflationsgefahr im Moment vergleichsweise hoch ist.


Schwacher Dollar gleich noch mehr Inflation

Und nun müssen Sie nur noch überlegen, was passieren wird, wenn der Dollar weiter abwertet! Die Rohstoffe werden in Dollar gehandelt, nicht nur Öl und Gold. Die größte Rohstoffbörse der Welt ist in den USA, und die USA sind der größte Abnehmer von Rohstoffen.

Wenn also der Dollar fällt, dann werden natürlich die Preise für Rohstoffe weiter steigen - keine Frage, das haben wir hier schon deutlich erlebt - zumindest wenn der reale Wert konstant bleiben soll.

Wenn aber die Preise weiter steigen, dann wird noch mehr Inflation in die USA importiert! Auch logisch.


Noch ein bis zwei Zinserhöhungen sind drin

Wenn ich bei der nächsten Zinssitzung als stimmberechtigtes Mitglied anwesend wäre (was ich zum Glück nicht bin), würde ich im Moment für weitere Zinserhöhungen stimmen. Noch eine, oder sogar zwei. Eben auch als eine Art "verbales" Zeichen für den Dollar, damit dieser nicht weiter abschmiert.

Und wenn die Fed das macht, dann kann es zu einem erstaunlichen Effekt kommen: Im Moment sind alle für den Dollar bearish. Und alle denken, der Euro wird weiter steigen. Das ist die große Masse und natürlich sind die alle fett investiert. Wenn nun der Euro das Hoch nicht schafft, sondern auf einmal anfängt zu fallen, dann könnte das zu einem Kaskadeneffekt führen - die Verkäufe führen zu weiteren Verkäufen - Stopps werden ausgelöst, etc.


Der starke Euro ersetzt eine Zinserhöhung

Dieser Kaskadeneffekt könnte noch durch die EZB unterfüttert werden. Denn eigentlich ist der steigende Euro an sich bereits für den Euro-Raum gesehen eine Art Zinserhöhung. Wenn nun die EZB das ähnlich sieht und im Statement am Donnerstag vielleicht von weiteren Zinserhöhungen ganz absehen will, eben weil der Euro so stark gestiegen ist, dann wird es kritisch für den Euro - kurzfristig natürlich.

Auch hat die EZB zudem ein Interesse an einem starken Dollar - denn die Zentralbanken wissen, dass ein in sich zusammenbrechender Dollar letzten Endes die ganze Weltwirtschaft mit sich reißen wird. Es wird spannend, und ich rechne damit, dass die Fed ihr Statement etwas in Richtung Zinserhöhung verändert und die EZB sich eher verbal von weiteren Zinserhöhungen entfernt.

Wenn Sie nun nur den Dollar/Euro betrachten, dann werden Sie allein hieran erkennen, was passiert ist. Fällt der Euro, dann spricht das dafür, dass mein Szenario eingetroffen ist, steigt er, spricht das dafür, dass die Zinsen in den USA doch eher konstant bleiben, bis fallen.

Kein Wunder also, dass der Euro an dieser Marke steht und die charttechnische Entscheidung vertagt. ...


© Jochen Steffens
Quelle: Auszug aus dem kostenlosen Newsletters "Investor's Daily"



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