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Zyklen im Öl-Bullenmarkt

24.10.2007  |  Adam Hamilton
Mit seinem Anstieg über $85 pro Barrel in dieser Woche ist Rohöl nun einer der heißesten Rohstoffe auf dem Markt. Obwohl die glänzenden Preise dieser Woche das inflationsbereinigte Allzeithoch von Öl nahe $100 aus dem Frühjahr 1980 noch nicht erreicht haben, versetzen diese neuen nominalen Rekordpreise Spekulanten bereits in Aufregung.

Fast jeder ist bullisch für Öl, und das aus gutem Grund. Die weltweite Nachfrage, angeführt von der raschen Industrialisierung Asiens, steigt unaufhörlich und wird noch für Jahrzehnte weiter steigen. Gleichzeitig werden bestehende Ölfelder immer weiter erschöpft, wodurch sich die Produktion verringert und die Kosten steigen. Obwohl immer mehr Geld in die weltweite Öl-Exploration fließt, werden große neue Entdeckungen immer seltener. Außerdem befinden sich die meisten bekannten Ölbestände der Welt in geopolitisch turbulenten Regionen, was die Förderung schwieriger macht.

Da die weltweite Nachfrage unaufhaltsam steigt, während das Angebot immer knapper wird, ist die einzige ökonomische Option für den Ölpreis ein anhaltender säkularer Bullenmarkt. Üblicherweise verringern höhere Preise die Nachfrage, aber dies war für Öl bisher sicherlich nicht der Fall. Da Güter und Personen auf der ganzen Welt ganz einfach weiterhin bewegt werden müssen, sind die Kosten für diese Transportleistungen größtenteils irrelevant.

Bevor der Ölpreis nicht hoch genug ist und sich auch für ausreichend lange Zeit hoch genug hält, sodass technologische Alternativen wie synthetische Treibstoffe kommerziell realisierbar werden, wird die weltweite Nachfrage nach Rohöl äußerst unelastisch gegenüber dem Preis bleiben. Da praktisch alles geförderte Öl kurz nach seiner Förderung verbrannt wird, gibt es auch unzureichend geförderte Bestände, um die immer größer werdende Kluft zwischen täglicher Nachfrage und verfügbarem Angebot auszugleichen.

Aus all diesen Gründen ist Öl also ein perfekter Bullenmarkt. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es in Zukunft irgendwo stärkere bullische Fundamentaldaten geben wird, als heute für Öl. Öl ist auch der einzige säkulare Bullenmarkt, bei dem es mir schwer fällt, mir Szenarien für dessen Ende vorzustellen. In vielen Jahren wird die Produktion von Edelmetallen, Basismetallen uns sogar Uran die steigende Nachfrage bedienen können und somit deren Bullenmärkte beenden. Aber Öl ist derart schwer in den großen Mengen, die unsere Welt braucht, zu fördern, dass sein Preisanstieg oft unendlich erscheint.

Obwohl dieser Öl-Bullenmarkt jedoch fundamental gesehen außergewöhnlich ist, konnte er sich den chaotischen Einflüssen der Marktstimmung trotzdem nicht entziehen. Kein Bullenmarkt, egal wie lange er dauert oder wie hoch er steigt, verläuft jemals in einer geraden Linie. Gier und Angst lassen ihn steigen und fallen, wodurch in seinem Chart ein Sägezahn-Muster entsteht. Bullenmärkte machen zwei Schritte nach vorne, bis zu einer von Gier getriebenen Spitze, und fallen danach wieder um einen Schritt zurück, bis die Angst der Marktteilnehmer ihre Spitze erreicht hat. Dieser Zyklus wiederholt sich immer wieder, solange die zugrunde liegenden Fundamentaldaten bullisch bleiben. Öl ist hier keine Ausnahme.

Wenn die Fundamentaldaten einen Preis in einer sehr geraden Linie nach oben steuern, zieht die immer wechselnde Marktstimmung an dieser Linie und erzeugt damit eine Sinuswelle, die um diesen primären Aufwärtstrend oszilliert. Während diese Bullenmarkt-Zyklen jenen, die sie nicht erwarten, Probleme bereiten können, bieten sie schlauen Tradern gute Gelegenheiten. Sowohl Spekulanten als auch Investoren können am Boden dieser Wellen zu den besten Preisen im Bullenmarkt kaufen. Spekulanten können beim nächsten Hoch teuer verkaufen und wiederum auf die nächste Kaufgelegenheit beim folgenden Tief warten.

Angesichts der heutigen Aufregung um den Ölpreis und der extrem bullischen Marktstimmung befinden wir uns wahrscheinlich kurz vor der Spitze einer dieser Wellen. Die Gier wird immer größer und die meisten Trader können sich nicht einmal vorstellen, dass es bei den heutigen starken Fundamentaldaten und geopolitischen Ereignissen zu einer scharfen Korrektur kommen könnte. Es passiert aber immer genau dann, wenn die Trader es am wenigsten erwarten, dass die Marktstimmung erneut umschlägt. Bei Öl sind diese Stimmungswechsel tendenziell sehr schnell und verzeihen keine Fehler.

Jeder, der Öl-Futures oder die Aktien von Öl-produzierenden Unternehmen handelt, muss sich also dieser Zyklen im Öl-Bullenmarkt bewusst sein. Da ich sowohl langfristiger Investor als auch kurzfristiger Spekulant in Öl-Aktien bin, interessieren mich die mittelfristigen Wahrscheinlichkeiten für den Ölpreis ganz besonders. Stehen meine Chancen besser, wenn ich heute aufgrund der generell bullischen Marktstimmung neue Longpositionen eingehe, oder sollte ich mit neuen Anlagen bis nach einer großen Korrektur warten?

Um diese Frage zu beantworten, müssen wir die stimmungsabhängigen Sinuswellen, die wir in diesem bisherigen Öl-Bullenmarkt bereits erlebt haben, genau studieren. Die Vergangenheit kann zwar niemals die Zukunft vorhersagen, aber sie kann uns doch helfen, zu verstehen, was möglich und wahrscheinlich ist. Gier und Angst werden immer bestehen bleiben und um die temporäre Dominanz im Markt wetteifern, und die Zyklen des Öl-Bullenmarktes zeigen, in welchem Ausmaß emotionale Extreme die Preise beeinflussen werden.

Dieser erste Chart quantifiziert die beschriebenen Zyklen und zeigt das Sägezahn-Muster, das durch die von Gier gesteuerten Aufschwünge und die von Angst gesteuerten Korrekturen entstanden ist. Obwohl der heutige säkulare Öl-Bullenmarkt technisch gesehen Ende 1998 bei knapp unter 11 $ pro Barrel begonnen hat, wurde er zwischen Ende 2000 und Ende 2001 von einem zyklischen Bärenmarkt unterbrochen. Von diesen Zwischentiefs im Jahr 2001 bei knapp über 17 $ startete die aktuelle Phase unseres Bullenmarktes und hier beginne ich auch die Studie über die Zyklen des Öl-Bullenmarktes.

Jeder Aufschwung und jede Korrektur dieses Öl-Bullenmarktes seit 2001 ist in diesem Chart eingezeichnet. Für jede größere Bewegung sind ihr absolutes Ausmaß sowie die Anzahl der Monate, die sie andauerte, eingetragen. Als größere Bewegungen definierte ich Preisanstiege um mehr als 20% und Korrekturen um mehr als 15%. Diese Vorgehensweise führte zu 9 großen Aufschwüngen und Korrekturen seit Ende 2001, wobei der 10te Aufschwung derzeit seinem Ende zugeht.





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