Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Das Fenster steht offen

18.09.2008  |  James Turk
Das US-Notenbankfenster für die Geldschaffung ist weit geöffnet, aber trotzdem scheint das nichts Gutes zu bewirken. Der Aktienpreis zahlloser Finanzinstitutionen hört nicht auf einzubrechen, da der Markt spürt, dass diese Leverage-Monster Finanzanlagen in ihren Bilanzen haben, die die heutige Realität nicht widerspiegeln. Der Boom ist vorüber und wir befinden uns jetzt in der Flop-Phase, so wie die Nacht auf den Tag folgt. Vermögenszerstörung ist heutzutage die treibende Kraft und alle möglichen Anlagen werden im Wert herabgestuft.

Die US-Notenbank will uns glauben machen, dass die von ihr über verschiedene Kreditmodelle zur Verfügung gestellte Liquidität ausreichend ist, um jene Finanzinstitutionen, die insolvent geworden sind, solvent zu machen. Schade nur, dass die Wirtschaft so nicht funktioniert. Kapital - und keine neu gedruckten Dollars - wird benötigt, um die Banken solvent zu machen und in Anbetracht jahrzehntelangen Mehrkonsums und Ersparnissmangels ist Kapital knapp.

Letztes Jahr haben uns Finanzministerium und US-Notenbank gesagt, die Subprime-Krise sei "eingedämmt". Dann sagten sie uns, dass der Bailout für Bear Stearns das Ende der Finanzschmelze markieren würde. Sie erzählten uns, dass Fannie Mae und Freddie Mac über genügend Kapital und Liquidität verfügten und eines Bailouts nicht bedürften. Was werden sie uns sonst noch alles erzählen und Glauben machen? Vielleicht,dass die heutige, überschuldete Finanzstruktur nicht kollabieren wird?

Der Punkt ist, dass Finanzanlagen auf Versprechen gründen, und Versprechen werden gebrochen - überall wo man hinschaut. Es ist also auch nicht überraschend, dass die Bilanzen die wirklichen Bedingungen nicht mehr widerspiegeln und dass viele Finanzinstitutionen unter ihrem Bilanzwert gehandelt werden. Der Markt versteht das Wesen der heutigen Vermögenszerstörung und die Bankenbilanzen werden daher vorausschauend gestutzt. Die Folge ist, dass die Marktkapitalsierung wohl doch der bessere Spiegel des realen Wertes einer Finanzinstitution ist, verglichen mit den Quartalsberichten. Kurz: Die Anlagen vieler Finanzinstitutionen sind überbewertet.

In den 1930er Jahren führte die Vermögenszerstörung zu einer Deflation, weil die feste Bindung des Dollars an das Gold zu einer Kontraktion des Geldangebots führte. Als Versprechen zunehmend in Zweifel gezogen wurden, zog sich das Vermögen aus den Finanzanlagen zurück und ging über zu materiellen Anlagen. Als die liquideste Form von materiellen Anlagen profitierte Gold hier am meisten und seine Kaufkraft stieg folglich stark an. Selbst gegenüber dem Dollar, der um 69% gegenüber Gold abgewertet wurde - von 20,67 $ auf 35 $ pro Unze. Im Falle einer Deflation nimmt der Wert des Geldes zu und in den 1930er Jahren stieg der Wert des Goldes stärker als jede andere Form von Geld.

Auch heute haben wir es mit Vermögenszerstörung zu tun, aber der Wert des Dollars und jeder nationalen Währung nimmt aufgrund von Inflation ab. Die Lebenshaltungskosten sind heute im Steigen begriffen, selbst die Regierung gesteht dies mit Blick auf ihre eigenen Indikatoren ein, von denen viele Menschen (ich gehöre auch dazu) sagen, dass sie den wahren Wertverlust des Dollars unterbewerten. Klar sind die Benzinpreise in den letzten Monaten gefallen, aber vergleichen Sie die heutigen Benzinpreise doch einmal den Preisen von vor ein, zwei Jahren. Sie sollten wirklich einmal alle möglichen Preise von vor ein, zwei Jahren vergleichen, um ein reales Bild von Kaufkraftverlust aller nationalen Währungen zu bekommen. Abgesehen natürlich von Immobilien und Grundstücken steigen die Preise für fast alles.

Immobilien und Grundstücke sind ein Spezialfall. Hier fallen die Preise, weil sie vor ein, zwei Jahren viel zu stark überbewertet waren und diese Preisniveaus einfach unhaltbar gewesen sind. Folglich haben wir es heute mit Vermögenszerstörung zu tun, aber um auch hier ein reales Bild vom Stand der Dinge zu bekommen, dürfen wir nicht vergessen, dass der Verfall der Hauspreise und anderer Immobilien- und Grundstücksanlagen in einer Währung gemessen wird, die weiterhin der Inflation unterliegt. Und die Aussichten sind dahingehend, dass der Dollar weiter aufgebläht wird, da das "Fenster" der US-Notenbank auch weiterhin weit geöffnet ist - dasselbe gilt für die "Fenster" aller anderen Zentralbanken der Welt.

Kurz und knapp kann man also sagen, dass die Vermögenszerstörung der 1930er Jahre in eine Deflation mündete, weil die Nationalwährungen an Gold gekoppelt waren und die Menge der Dollars schrumpfte, als die insolventen Finanzinstitutionen bankrott gingen. Zurzeit führt die Zerstörung von Vermögen zur Inflation, weil die Zentralbanken Geld aus dem Nichts schaffen und damit versuchen, die schwarzen Löcher in den Bilanzen der insolventen Finanzinstitutionen zu stopfen - mit dem Ziel, diese nicht dem Bankrott zu überlassen. Das wird nicht funktionieren. Sie werden dennoch bankrott gehen, weil Zentralbankliquidität bei Bankeninsolvenzen nicht helfen kann.

Alles, was die Zentralbanken bewirken können, ist ein Aufschub des Tages der Abrechnung. Je mehr Versprechen gebrochen werden, desto mehr Vermögen wird die Finanzanlagen verlassen, um einem Adressenausfallrisiko vorzubeugen. Dieses Vermögen wird in materielle Anlagen gehen und gerade in Gold, da es hier kein Adressenausfallrisiko gibt.

Warum ist dann also der Goldpreis während der letzten Woche gefallen?

Gute Frage, gerade wenn man sich den Dollar-Index anschaut, der sich gegenüber der Vorwoche nicht verändert hatte. Ich könnte (und werde es auch) auf die gewöhnlichen Schuldigen verweisen, wozu auch Regierungen und die mit Leverage überlasteten Hedgefonds gehören. Aber fast alle Preise sanken letzte Woche, so auch Rohöl und andere Rohstoffe. Hier kommt also das wichtige Argument.

Haben sich die Gründe für den Besitz von Gold und Silber während der letzten Woche oder innerhalb des letzten Monats geändert? Das denke ich nicht. Wir erleben gerade eine signifikante Vermögenszerstörung, die die Solvenz der Finanzinstitutionen unterminiert. Doch die Lebenshaltungskosten steigen heute trotzdem, da der Dollar und andere Nationalwährungen aufgebläht werden, weil die Zentralbanken auf der ganzen Welt versuchen, die insolventen Institutionen solvent zu machen, indem sie Geld aus ihren "Kreditfenstern" pumpen. Allerdings gibt es etwas, um das man sich viel mehr Sorgen machen sollte als die Inflation.

Nationale Währungen unterliegen einem Adressenausfallrisiko. Sie bestehen auf der Grundlage von Versprechen, und Versprechen werden gerade immer weniger vertrauenswürdig. Man muss nicht auf Versprechen vertrauen und ein auch kein Adressenausfallrisiko eingehen, wenn man materielle Anlagen wie Gold und Silber, die aus meiner Sicht jetzt außergewöhnlich unterbewertet sind, sein Eigen nennt.


© James Turk (14.09.2008)
GoldMoney.com



Hinweis GoldSeiten: Herr Turk ist Betreiber von GoldMoney.com und Buchautor (Der Kollaps des Dollars). Für die am 7.+8.11.2008 in München stattfindende "Internationalen Edelmetall- & Rohstoffmesse" konnten wir ihn als Referenten gewinnen. Eine kostenlose Registrierung für die Messe ist ab sofort möglich.



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"