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Interview mit H.-J. Bocker: Wie geht´s weiter Herr Professor? (Teil1/2)

12.08.2010  |  Prof. Dr. Hans J. Bocker
Prof. Dr. Hans-Jürgen Bocker durchlebte eine harte Kindheit, geprägt von Krieg und Bombennächten, später Leid und Hunger in der russischen Besatzungszone. Nach seinem Studium und Promotion im westlichen Teil Deutschlands und anderen Ländern bereiste er als Journalist, Autor und Hochschullehrer 104 Länder dieser Welt. Mit der Welt der Edelmetalle befasst er sich seit Jahrzehnten. Sein provokanter Schreibstil ist nicht immer leicht verdaulich. Soeben erschien sein zweites Goldbuch in der 3. Auflage, das (vorläufig) in sieben Sprachen gelesen werden kann.


Frage: Herr Professor Bocker, lassen sie uns gleich zu Beginn einen Kernpunkt in den Fokus stellen. Wie sehen Sie als Edelmetallfachmann die folgende Problematik? Kann der von Ihnen propagierte Goldstandard technisch überhaupt funktionieren und ist er mit rasantem Wirtschaftswachstum kompatibel?

Prof. Dr. H.-J. Bocker: Abgesehen von der hohen Wahrscheinlichkeit, dass in den kommenden Jahren von "rasantem Wirtschaftswachstum" aufgrund der notwendigen Bereinigung der aufgetürmten Exzesse, der Überkapazitäten, schrumpfender Kaufkraft und rekordhoher Arbeitslosigkeit nicht viel zu spüren sein wird, stellt sich die Frage anders.

Ihre Formulierung zielt nämlich in Wahrheit auf die Frage ab, ob Ehrlichkeit, Offenheit, Transparenz, Haushaltsdisziplin, Solidität, Stabilität, Zuverlässigkeit, sichere Berechenbarkeit der Vermögenswerte über Jahrzehnte hinweg, Unabhängigkeit und Freiheit technisch funktionieren.

Dies sollte sich von selbst beantworten.

Raschem Wachstum hat der Goldstandard noch nie im Wege gestanden. Die Geschichte ist voller höchst anschaulicher Beispiele: Das britische Empire in diversen rasanten Wachstums- und Expansionsphasen, beispielsweise unter den Königinnen Elizabeth I oder Victoria, die industrielle Revolution in Europa, die USA gleichermassen, zumindest in den ersten 150 Jahren nach ihrer Gründung, also während des Aufstiegs von der Kolonie zur Weltmacht, oder die Grossreiche der Vergangenheit mit ihrem Aufstieg von kleinen unbekannten Einheiten zu blühenden kontinentalen Mächten.

Sie alle wuchsen nicht unter ungedeckten betrügerischen Papiergeldsystemen - von kurzen Intermezzi, wie beispielsweise die Assignaten"währung" in Frankreich, einmal abgesehen, sondern unter der Währungsregie von Gold und Silber. Um nur einige weitere in bunter Reihenfolge zu nennen: Indien, Ägypten, Griechenland, Persien, Assyrien, Babylonien, Rom, Wikinger, Alexander der Grosse, Hunnen, Mongolen, Osmanisches Reich, Spanien, Russland, Holland, Britannien, Portugal, Frankreich, Inkas, Mayas, Azteken und andere mehr. Immer lag ihren teilweise riesigen Reichen Gold und Silber als niemals versagende Währungen zugrunde. Sie gaben ihren Eignern stets Macht und Freiheit.


Frage: Sie sagen "Freiheit". Was verstehen Sie darunter?

Prof. Dr. H.-J. Bocker: Dieser Begriff scheint heute zu einer Art Prostitutionswort verkommen zu sein, das jeder benutzt und gebraucht, wie er Lust und Laune hat. Welche Art der Freiheit ist hier gemeint? Es ist nicht die Art, die erlaubt, dem Nachbarn alltäglich genüsslich in dessen Gartenschwimmbad zu pinkeln, die nahezu unbegrenzten Freiheiten der Steuerfahnder oder die Freiheit Brüssels, mit ganzen Fluten meist sinnloser Verordnungen und Vorschriften, Wirtschaft, Sozialwesen und freie Wahl des Bürgers zu ersticken.

Es ist vielmehr die Freiheit von Kriegen, Inflation, Deflation, Manipulation, Sozialismus, Täuschung, Betrug, schleichender Enteignung, Verarmung, Negativrenditen, Volksbeglückung auf Pump, von wuchernden Bürokratien, von immer schärferen Kontrollsystemen des gläsernen Bürgers plus immer neue Verbote sowie geplanter Abschaffung des Bargeldes. Und vor allem Freiheit vom allmächtigen Vater Staat und seinen künstlich geschaffenen Systemen immer neuer Abhängigkeiten. Nicht zu vergessen Restriktionen, Repressionen. Willkür, Beschränkungen und Auspressen des Bürgers wie eine Ölfrucht durch immer neue Steuern und Abgaben.


Frage: Professor Bocker, sind wir schon tief in die Welt der Krise eingedrungen?

Prof. Dr. H.-J. Bocker: Wir haben an der Oberfläche dieser "Welt" bisher nur kleine Kratzer hinterlassen. Von wirklichem "Eindringen" kann keine Rede sein. Definitionsgemäss könnten einen "Eindringungsvorgang" demnächst höchstens Kampfflugzeuge in den Luftraum des Iran besorgen.

Ein bisschen Finanzkrise gab es schon, aber es fehlt noch die echte Wirtschaftskrise, gefolgt von der Staatskrise und der satten Sozialkrise. So richtig mit (leider): brennenden Autos, eingeschlagenen Schaufenstern, täglichen Messerkämpfen ethnischer Gruppen untereinander, Hamstern auf dem Land durch darbende Städter, Lebensmittel- und Benzinkarten, Zigarettenwährung, fröhliche Militärdiktatur, natürlich Abschaffung des Bargeldes und heiterer Polizeistaat mit Totalkontrolle. Bis dahin aber werden, von den beiden Weltfinanzhauptstädten ausgehend, noch Ströme von Goldpreismanipulationen den Hudson River und die Themse hinunterfließen.


Frage: Kann man damit rechnen, dass die Politiker den Anlegern zu Hilfe eilen?

Prof. Dr. H.-J. Bocker: Ja, allerdings ist dies die Art von Hilfe, wie sie ein Metzgergeselle einer eingelieferten Alt-Kuh angedeihen lässt, also eine echt "merkelwürdige" Hilfsleistung.




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