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Interview mit John Williams: "Ein Hamburger ist kein Steak"

03.01.2011  |  Redaktion
Smart Investor sprach mit John Williams von Shadowstats.com über amtliche Statistiken, frisierte Zahlen und die Zukunft der Vereinigten Staaten von Amerika

Walter J. "John" Williams, Jahrgang 1949, studierte am Dartmouth College in den USA Wirtschaftswissenschaften. Seit über 30 Jahren ist er als selbstständiger Wirtschaftsberater tätig. Im Jahr 2004 gründete er Shadow Governments Statistics. Seine Erkenntnisse werden über die Website www.shadowstats.com vertrieben. Williams berechnet hier unter anderem alternative Indizes für beispielsweise die Inflationsraten in den USA oder die Arbeitslosenstatistiken. Er führt hier auch die Berechnung der Geldmenge M3 fort. Nicht nur Smart Investor nutzt seine Berechnungen gerne und häufig, um ein realistischeres Bild der Lage zu erstellen.


Smart Investor: Mr. Williams, warum gründeten Sie Shadow Government Statistics und betreiben die Internetseite Shadow-
stats.com?


Williams: Bereits in den späten 1970er Jahren musste ich bei der Beratung eines Flugzeugherstellers feststellen, dass die offiziellen Zahlen der US-Regierung fehlerhaft waren. Damals ging es vor allem um das Bruttosozialprodukt. Im Laufe der Zeit wurde es immer schwieriger, mit den offiziellen Zahlen korrekte Ergebnisse bzw. Prognosen zu erstellen. Ich schrieb über diese Problematik diverse Artikel und stieß dabei auf ein sehr positives Echo. Hieraus entstand schließlich die Website Shadowstats.com mit dem dazugehörigen Newsletter.


Smart Investor: Wo ist die Abweichung zwischen den realen und den offiziellen Zahlen besonders eklatant?

Williams: Eigentlich zieht sich das wie ein roter Faden durch alle offiziellen Statistiken, aber besonders betroffen sind die Arbeitslosenstatistik und die Inflationsraten.


Smart Investor:Warum gerade die?

Williams: Bei den Arbeitslosenzahlen erklärt es sich von selbst Niedrige Arbeitslosenzahlen sind ein Zeichen einer florierenden Wirtschaft. Eine florierende Wirtschaft ist gut für die aktuelle Regierung, da die Wähler fälschlicherweise glauben, dass die amtierenden Politiker dafür verantwortlich seien. Entsprechend erhöhen sich die Chancen bei der nächsten Wahl. Bei den Inflationszahlen sind die Gründe weniger augenscheinlich. Sind die Inflationszahlen niedrig, können die Zinsen relativ niedrig bleiben. Das ermöglicht es dem Staat, sich günstiger zu verschulden. Auch die Verbraucher können sich günstiger verschulden und mehr konsumieren. Davon profitiert die Wirtschaft. Hinzukommt, dass alle Sozialprogramme in irgendeiner Form an die Inflationsraten gekoppelt sind. Steigen diese, müssen über kurz oder lang auch die sozialen Aufwendungen steigen. Es ist also für den Staat in vielerlei Hinsicht günstiger, die Inflationszahlen nach unten zu drücken.


Smart Investor:Mit welchen Methoden geschieht dies?

Williams: Dazu muss man zunächst wissen, dass sich die offiziellen Inflationsraten über einen Warenkorb errechnen. In den USA ist das der sogenannte Consumer Price Index (CPI) …


Smart Investor: … Ist dies denn eine sinnvolle Methode der Inflationsberechnung?

Williams: Sollen bestimmte Lebenshaltungskosten und die Teuerung derselben gemessen werden, erscheint mir der Ansatz sinnvoll. Nur muss der Warenkorb dann auch gleich bleiben. Nehmen Sie nur den Surrogatansatz. Wird Steak beispielsweise teurer, gehen die Regierungsstatistiker davon aus, dass Joe Average nun zum Hamburger statt zum Steak greifen wird. Das mag ja sogar sein, nur misst man so nicht mehr die Kosten für eine bestimmte Art der Lebenshaltung: Ein Hamburger ist eben kein Steak!


Smart Investor: Gibt es noch weitere Eingriffe dieser Art?

Williams: Grundsätzlich kann man zwischen zwei Arten unterscheiden. Zum einen gibt es das ergebnisgetriebene Vorgehen. So war es unter Präsident Carter beispielsweise üblich, die Zahlen für das Bruttoinlands- bzw. Bruttosozialprodukt so lange an die nationale Statistikbehörde zurückzuschicken, bis sie der Regierung einigermaßen gefällig waren. Und zum anderen kann man einfach die Berechnungsmethoden verändern.





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