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"Die Entwertung gegenüber Gold ist die Inflation"

14.06.2011  |  Redaktion
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Lars Schall : Ist dieses unbefristete, obgleich womöglich modifizierte QE Ihrer Meinung nach in irgendeiner Hinsicht erfolgreich - oder hängt dies davon ab, auf welcher Seite der sprichwörtlichen "Druckerpresse" man steht?

James Rickards: Das ist eine gute Frage. Um Erfolg zu definieren, müssen Sie zunächst herausfinden, was das Ziel war und sehen, ob Sie dieses Ziel erreicht haben. Und es gibt viele Missverständnisse an diesem Punkt. Viele Kritiker der Fed haben gesagt, dass es ihr Ziel war, die Staatsverschuldung in Form des Gelddruckens zu monetarisieren. Nun, das ist nicht das Ziel von QE, ist es niemals gewesen. Das Ziel von QE war es, die Zinsen niedrig zu halten, insbesondere wollte die Fed eine Situation mit dem schaffen, was sie negative Realzinsen nennen. Ein Realzins ist einfach der Zinssatz, den Sie zu zahlen haben, man nennt das den Nominalzins minus Inflationsrate.

Zum Beispiel, wenn der Zinssatz 2 Prozent beträgt, aber die Inflation ist bei 4 Prozent, dann ist Realzins negative 2 Prozent oder 2 - 4. Und wenn Sie negative Zinssätze haben, dann ermutigt dies natürlich Menschen dazu, sich Geld zu leihen, weil sie die Schulden in billigeren Dollar zurückzahlen können - nicht nur sind die Kosten des Leihens null, sie sind unter null, und daher können Sie die Schulden in billigeren Dollar zurückzahlen, also müssen Sie nicht so viel zurückzahlen, wie Sie sich am Anfang real geliehen haben. Das ist also das Ziel der Fed.

Nun müssen Sie sich fragen, wie misst die Fed die Inflation? Sie benutzen eigentlich nicht die Inflationszahlen, die jeden Monat berichtet werden. Sie benutzen mittelfristige Inflationserwartungen. Dies ist nicht die Inflation von heute, sondern die Inflation, von der die Verbraucher und Kreditnehmer denken, dass sie in zwei, drei, vier, fünf Jahren existieren könnte, denn das ist diejenige, die wirklich zählt. Wenn Sie sich Geld für dreißig Jahre auf eine Hypothek leihen oder sich Geld für fünf Jahre auf einen Autokredit leihen, und versuchen, den Realzins herauszufinden, dann verwenden Sie nicht den heutigen Zinssatz, Sie verwenden den erwarteten Zinssatz über die nächsten fünf Jahren, oder im Falle der Hypothek den Zinssatz in den nächsten dreißig Jahren.

Um das zu tun, schaut die Fed auf das, was sie TIPS-Spanne nennen - wir haben einen Zinssatz in den Vereinigten Staaten, der sich TIPS nennt, Treasury Inflation Protected Securities. Diese sind gegen die Inflation geschützt. Der Zinssatz für TIPS ist lediglich der Zinssatz, den Sie zur Risikokompensation benötigen, es gibt kein eingebautes Inflationselement. Bei den anderen Schatzanweisungen müssen Sie sich Sorgen über die Inflation machen. Die Fed sieht sich also die Zehn-Jahres-Raten an und dann schauen sie auf die zehnjährige TIPS-Rate, um die Differenz herauszufinden, und diese Differenz stellt in der Theorie die mittelfristigen Inflationserwartungen dar. Das ist in etwa das, worauf sie abzielen.

Der ganze Sinn von QE ist also, Anleihen im Zeitspektrum von fünf bis zehn Jahren zu kaufen, die nominalen Zinssätze niedrig zu halten und die TIPS-Spanne unten zu halten, um auf diesem Wege die Inflationserwartungen gering zu halten. Und in diesem Sinne war die Fed erfolgreich. Die Menschen sind kontinuierlich angesichts der Situation der US-Schulden, der Situation des Gelddruckens in den USA und dem Potenzial einer hohen Inflation erstaunt, weshalb die Zinsen so niedrig sind, wie sie es sind. Ein Grund dafür ist, dass die Fed genug Wertpapiere kauft, um die Zinsen niedrig zu halten. Sie müssen sie nicht alle kaufen, sie müssen nicht die Schulden monetarisieren, sie müssen nur genug kaufen. Von dieser Messlatte her betrachtet würde ich sagen, ja, QE ist ein Erfolg gewesen und wird auch weiterhin ein Erfolg sein, denn wie ich bereits erwähnte, die Bilanz ist so groß, dass die Kaufkraft selbst genug ist, um ausreichend Wertpapiere zu kaufen, um die Zinsen niedrig zu halten.


Lars Schall : Die globale Rohstoff-Rallye, die jetzt unter Druck gerät, scheint weitgehend durch Liquidität via billig geliehenem Geld angetrieben zu sein. Glauben Sie, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen der Geldpolitik in den Vereinigten Staaten und den arabischen Aufständen über höhere Lebensmittel- und Energiepreise gibt?

James Rickards: Zwei mal ja. Aber nehmen wir zunächst den ersten Teil der Frage: Gibt es einen Zusammenhang zwischen Geldpolitik und höheren Inflationspreisen? Ich denke, die Antwort ist absolut ja. Wir haben dies viele Male in der Vergangenheit gesehen. Zum Beispiel brachen in den frühen 1930er Jahren die Rohstoffpreise auf der ganzen Welt zusammen, und das war teilweise durch eine zu restriktive Geldpolitik verursacht worden. In diesem Fall expandierte die Fed die Geldpolitik nicht genug, und dieses Anziehen der geldpolitischen Zügel ließ die Rohstoffpreise zusammenbrechen und verursachte eine generalisierte Deflation auf der ganzen Welt. In den 1970er Jahren sahen wir dann das Gegenteil: wir sahen eine sehr lockere Geldpolitik. Zu Beginn der 1970er Jahre war der Ölpreis ungefähr bei 2 $ pro Barrel, am Ende der 1970er Jahre war er 12 $ pro Barrel und befand sich bald auf dem Weg zu 20 $. Das kam zum Teil aufgrund einer sehr lockeren Geldpolitik der Fed zustande. Es gibt eindeutige Beweise hierfür. Wir sahen dies wieder und wieder.

Wir sehen es auch heute wieder. Der einzige Unterschied ist, dass wir heutzutage eine stärker globalisierte Welt haben, wir haben mehr Volkswirtschaften, die an der Weltwirtschaft teilnehmen, um miteinander um Exporte und Marktanteile zu konkurrieren. Die Arbeit in Asien konkurriert nun mit der Arbeit in den Vereinigten Staaten. All das traf so in den 1930er und den 1970er Jahren nicht zu, jedenfalls nicht in diesem Ausmaß. Auch befindet sich die Welt auf einem De-facto-Dollar-Standard - der Dollar macht 60 Prozent der weltweiten Reserven und einen noch höheren Prozentsatz des Welthandels aus, der Preis für Öl und andere Rohstoffe wird natürlich weltweit in Dollar festgelegt. Wenn Sie Geld drucken, ist das, was passiert, dass sich die Inflation zeigt, doch zeigt sie sich nicht zuerst in den Vereinigten Staaten, sondern sie taucht in der ganzen Welt auf - in China, Malaysia, Südkorea, Thailand, Brasilien und vielen anderen Ländern.

Das ist so wegen des Wechselkursmechanismus. Diese Länder versuchen, ihre Währungen im Verhältnis zum Dollar niedrig zu halten, was bedeutet, dass sie Dollar durch das Drucken ihrer lokalen Währungen in ihren lokalen Märkten kaufen müssen. Das Ergebnis dessen ist, dass sie eine Flut von anderen Währungen schaffen. Deshalb taucht die Inflation zuerst einmal überall in der Welt auf und nicht in den Vereinigten Staaten. Allmählich ändert sich das. Wir sind an einem Punkt, wo viele dieser Länder beginnen, ihre Währungen nach oben aufzuwerten. Dadurch wird der Inflationsdruck in ihren eigenen Ländern begrenzt werden, aber das bedeutet, dass der Inflationsdruck jetzt wieder in die Vereinigten Staaten in Form von höheren Importpreisen zurückkommen wird, wenn wir ausländische Waren kaufen. Dieser Prozess wird einige Zeit dauern, um sich zu entfalten, aber letztlich wird er die Inflation wieder zurück in die Vereinigten Staaten zwingen. Das alles gesagt habend, gibt es keinen Zweifel daran, dass die lockere Geldpolitik der Fed für die höheren Rohstoffpreise auf der ganzen Welt verantwortlich ist.

Nun, in Anbetracht dessen, ja, dies ist absolut einer der beitragenden Faktoren für die Unruhen in Nordafrika, dem Nahen Osten, aber auch in einigen Teilen Chinas, die zwar nicht auf den Umfang wie anderswo angewachsen sind, aber die Tatsache, dass sie überhaupt geschehen, ist signifikant. Gewiss, es gibt viele andere Faktoren, zum Beispiel eine große Anzahl von arbeitslosen jungen Erwachsenen. Doch steigende Nahrungsmittelpreise sind manchmal das, was die Leute auf die Straße treibt. Die Sehnsucht nach Freiheit und die Arbeitslosigkeit haben tatsächlich über einen längeren Zeitraum hinweg angehalten, aber die steigenden Nahrungsmittelpreise können die Art des sprichwörtlichen Tropfens sein, der das Fass zum Überlaufen bringt, was dann die Unruhen bewirkt. Die Fed richtet also eine Menge Schaden an, nicht nur für den US-Dollar und die Weltwirtschaft, sondern ich würde auch sagen, dass sie viel Unruhe auf der ganzen Welt provoziert.





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