Es war einmal: Der Gold-Devisen-Standard
26.04.2013 | Prof. Dr. Thorsten Polleit
Um die (Kern-)Ursache der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise besser verstehen zu können, erweist sich ein kurzer Blick in die jüngere Währungsgeschichte als lohnend, und zwar insbesondere in die Zeit des sogenannten Gold-Devisen-Standards.
Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges galt bekanntlich der Goldstandard: Alle wichtigen Währungen waren (teilweise) durch Gold gedeckt. Die Geldhalter gingen davon aus, dass sie ihre Giroguthaben und Papiergeldnoten jederzeit bei ihrer Bank in Gold eintauschen konnten.
Mit Beginn des Ersten Weltkriegs hoben die Regierungen in Europa jedoch die Goldeinlösepflicht ihrer Währungen auf. Sie wollten die Kriegsausgaben (vor allem auch) durch die Ausgabe von neuem Papiergeld finanzieren - also durch die "Inflationssteuer“. Nur die Vereinigten Staaten hielten die Goldeinlösbarkeit des US-Dollar prinzipiell aufrecht.
Am Ende des Ersten Weltkrieges 1918 waren die europäischen Papierwährungen allesamt stark entwertet. Der internationale Handel war zusammengebrochen. Um den Weg zurück zu geordneten Wirtschafts- und Währungsverhältnissen zu finden, wurde 1922 auf der Konferenz von Genua eine neue Währungsordnung beschlossen: der Gold-Devisen-Standard.
Er sah vor, dass das Britische Pfund die Reservewährung ist. Das Pfund sollte eintauschbar sein in Gold. Alle anderen Währungen (wie zum Beispiel der Französische Franc) waren selbst nicht einlösbar in Gold, sondern einlösbar in Pfund Sterling, und das Pfund konnte bei der Bank von England in Gold eingetauscht werden.
Inflationäre Kreditpyramide
Der Gold-Devisen-Standard hatte einen, wie sich zeigen sollte, fatalen Fehler: Er setzte eine inflationäre Kreditpyramide in Gang. Der Grund dafür erklärt sich wie folgt.
Großbritannien entschied sich 1925, zur Golddeckung zurückzukehren, und zwar zur Vorkriegsparität - was etwa 4,87 US-Dollar pro Pfund entsprach. Allerdings war der Marktpreis des Pfundes bereits auf etwa 3,50 US-Dollar pro Pfund abgewertet.
Mit anderen Worten: Das Britische Pfund ging mit einer Überbewertung gegenüber dem Gold (beziehungsweise dem US-Dollar, der unverändert bei 20,67 US-Dollar pro Feinunze lag) in den Gold-Devisen-Standard. Um die Überbewertung des Pfunds aus der Welt zu schaffen, sollte eine inflationäre Geldpolitik verfolgt werden.
Damit aber das funktionieren konnte, mussten alle anderen Währungsräume ebenfalls inflationieren. Ansonsten hätte es im Gold-Devisen-Standard eine "Flucht aus Sterling“ gegeben, und die Bank von England hätte das Versprechen nicht einlösen können, Pfund in Gold auszuzahlen.
Aufgrund seiner Vormachstellung konnte sich Großbritannien mit seinen Interessen in Europa durchsetzen. Es verfolgte eine inflationäre Politik, gab also Pfund aus, die nicht hinreichend durch eigene Goldbestände gedeckt waren. Die übrigen Länder zogen entsprechend nach: Sie gaben ihre eigene nationale Währung in einem Umfang aus, der ihre Pfundguthaben übestieg.
Die Vereinigten Staaten von Amerika hielten zwar weiterhin an der Goldeinlösbarkeit des US-Dollar fest. Allerdings blieben auch sie nicht von der britischen beziehungsweise europäischen Inflationspolitik verschont. Denn die Amerikaner schwenkten auf eine "lockere“ Geldpolitik ein, um das überbewertete Britische Pfund zu stützen: Eine amerikanische Geldmengenausweitung sollte verhindern, dass Anleger ihre Pfunde in US-Dollar tauschen, und dass so Gold von Großbritannien in die USA übertragen wird.
Die lockere Geldpolitik löste in den USA zunächst einen "Kreditboom“ aus, der 1929 bekanntermaßen in der "Großen Depression“ endete. Die Welt-wirtschaftskrise erfasst nachfolgend auch Europa. Es setzte ein "Run“ auf die Bank von England ein: Immer mehr Halter von Pfund Sterling verlangten den Umtausch in Gold.
Der Bank von England ging sprichwörtlich das Gold aus, und so hob sie kurzerhand die Goldeinlösepflicht des Pfunds im September 1931 auf, und damit brach auch der Gold-Devisen-Standard zusammen. Ein Britisches Pfund ohne Goldeinlösbarkeit hatte das Vertrauen in alle anderen europäischen Währungen zerstört. Die europäische Kreditpyramide fiel in sich zusammen und mit ihr der (Frei-)Handel.
Fortan gab es - bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs - im Grunde keine internationale Währungsordnung mehr. Die nationalen Währungen blieben mehr oder weniger ungedecktes Papiergeld - mit Ausnahme des US-Dollar - mit frei schwankenden Wechselkursen.
Das System von Bretton Woods
Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs, im Jahr 1944, wurde der Versuch unternommen, die internationalen Währungsverhältnisse für die Nachkriegszeit zu ordnen. Er führte zum "System von Bretton Woods“. Letzteres setzte den US-Dollar als Weltleitwährung an die Stelle des Britischen Pfundes. Der Greenback entsprach 1/35 US-Dollar pro Feinunze Gold. Alle anderen Währungen wurden mit einem festen Wechselkurs an den US-Dollar gebunden. Bei freier Konvertibilität der Währungen und freiem Kapitalverkehr waren somit auch sie indirekt im Gold verankert.
Das System von Bretton Woods hatte jedoch von Anfang an "Konstruktionsfehler“. Der US-Dollar war zunächst (aufgrund wirtschaftspolitischen Erwägungen) unterbewertet gegenüber den anderen Währungen. Die damit verbundenen Wettbewerbsvorteile ließen Amerika Handelsbilanzüberschüsse erwirtschaften, und es entstand eine viel beklagte internationale "Dollar-Knappheit“.
Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges galt bekanntlich der Goldstandard: Alle wichtigen Währungen waren (teilweise) durch Gold gedeckt. Die Geldhalter gingen davon aus, dass sie ihre Giroguthaben und Papiergeldnoten jederzeit bei ihrer Bank in Gold eintauschen konnten.
Mit Beginn des Ersten Weltkriegs hoben die Regierungen in Europa jedoch die Goldeinlösepflicht ihrer Währungen auf. Sie wollten die Kriegsausgaben (vor allem auch) durch die Ausgabe von neuem Papiergeld finanzieren - also durch die "Inflationssteuer“. Nur die Vereinigten Staaten hielten die Goldeinlösbarkeit des US-Dollar prinzipiell aufrecht.
Am Ende des Ersten Weltkrieges 1918 waren die europäischen Papierwährungen allesamt stark entwertet. Der internationale Handel war zusammengebrochen. Um den Weg zurück zu geordneten Wirtschafts- und Währungsverhältnissen zu finden, wurde 1922 auf der Konferenz von Genua eine neue Währungsordnung beschlossen: der Gold-Devisen-Standard.
Er sah vor, dass das Britische Pfund die Reservewährung ist. Das Pfund sollte eintauschbar sein in Gold. Alle anderen Währungen (wie zum Beispiel der Französische Franc) waren selbst nicht einlösbar in Gold, sondern einlösbar in Pfund Sterling, und das Pfund konnte bei der Bank von England in Gold eingetauscht werden.
Inflationäre Kreditpyramide
Der Gold-Devisen-Standard hatte einen, wie sich zeigen sollte, fatalen Fehler: Er setzte eine inflationäre Kreditpyramide in Gang. Der Grund dafür erklärt sich wie folgt.
Großbritannien entschied sich 1925, zur Golddeckung zurückzukehren, und zwar zur Vorkriegsparität - was etwa 4,87 US-Dollar pro Pfund entsprach. Allerdings war der Marktpreis des Pfundes bereits auf etwa 3,50 US-Dollar pro Pfund abgewertet.
Mit anderen Worten: Das Britische Pfund ging mit einer Überbewertung gegenüber dem Gold (beziehungsweise dem US-Dollar, der unverändert bei 20,67 US-Dollar pro Feinunze lag) in den Gold-Devisen-Standard. Um die Überbewertung des Pfunds aus der Welt zu schaffen, sollte eine inflationäre Geldpolitik verfolgt werden.
Damit aber das funktionieren konnte, mussten alle anderen Währungsräume ebenfalls inflationieren. Ansonsten hätte es im Gold-Devisen-Standard eine "Flucht aus Sterling“ gegeben, und die Bank von England hätte das Versprechen nicht einlösen können, Pfund in Gold auszuzahlen.
Aufgrund seiner Vormachstellung konnte sich Großbritannien mit seinen Interessen in Europa durchsetzen. Es verfolgte eine inflationäre Politik, gab also Pfund aus, die nicht hinreichend durch eigene Goldbestände gedeckt waren. Die übrigen Länder zogen entsprechend nach: Sie gaben ihre eigene nationale Währung in einem Umfang aus, der ihre Pfundguthaben übestieg.
Die Vereinigten Staaten von Amerika hielten zwar weiterhin an der Goldeinlösbarkeit des US-Dollar fest. Allerdings blieben auch sie nicht von der britischen beziehungsweise europäischen Inflationspolitik verschont. Denn die Amerikaner schwenkten auf eine "lockere“ Geldpolitik ein, um das überbewertete Britische Pfund zu stützen: Eine amerikanische Geldmengenausweitung sollte verhindern, dass Anleger ihre Pfunde in US-Dollar tauschen, und dass so Gold von Großbritannien in die USA übertragen wird.
Die lockere Geldpolitik löste in den USA zunächst einen "Kreditboom“ aus, der 1929 bekanntermaßen in der "Großen Depression“ endete. Die Welt-wirtschaftskrise erfasst nachfolgend auch Europa. Es setzte ein "Run“ auf die Bank von England ein: Immer mehr Halter von Pfund Sterling verlangten den Umtausch in Gold.
Der Bank von England ging sprichwörtlich das Gold aus, und so hob sie kurzerhand die Goldeinlösepflicht des Pfunds im September 1931 auf, und damit brach auch der Gold-Devisen-Standard zusammen. Ein Britisches Pfund ohne Goldeinlösbarkeit hatte das Vertrauen in alle anderen europäischen Währungen zerstört. Die europäische Kreditpyramide fiel in sich zusammen und mit ihr der (Frei-)Handel.
Fortan gab es - bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs - im Grunde keine internationale Währungsordnung mehr. Die nationalen Währungen blieben mehr oder weniger ungedecktes Papiergeld - mit Ausnahme des US-Dollar - mit frei schwankenden Wechselkursen.
Das System von Bretton Woods
Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs, im Jahr 1944, wurde der Versuch unternommen, die internationalen Währungsverhältnisse für die Nachkriegszeit zu ordnen. Er führte zum "System von Bretton Woods“. Letzteres setzte den US-Dollar als Weltleitwährung an die Stelle des Britischen Pfundes. Der Greenback entsprach 1/35 US-Dollar pro Feinunze Gold. Alle anderen Währungen wurden mit einem festen Wechselkurs an den US-Dollar gebunden. Bei freier Konvertibilität der Währungen und freiem Kapitalverkehr waren somit auch sie indirekt im Gold verankert.
Das System von Bretton Woods hatte jedoch von Anfang an "Konstruktionsfehler“. Der US-Dollar war zunächst (aufgrund wirtschaftspolitischen Erwägungen) unterbewertet gegenüber den anderen Währungen. Die damit verbundenen Wettbewerbsvorteile ließen Amerika Handelsbilanzüberschüsse erwirtschaften, und es entstand eine viel beklagte internationale "Dollar-Knappheit“.