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USA: Kommt die Zahlungsunfähigkeit? - Interview mit John Williams

29.07.2011  |  The Gold Report
The Gold Report: Solange der Kongress nicht zustimmt und Präsident Obama die Anhebung der Verschuldungsobergrenze von aktuell noch 14,29 Billionen $ unterschreibt, steht das US-Finanzministerium ab dem 2.August vor der Zahlungsunfähigkeit. Diese Angst setzte monatelange Diskussionen und konkurrierende Vorschläge hinsichtlich Ausgabenkürzungen und/ oder Steuererhöhungen in Gang. Die Debatte geriet zusätzlich unter Druck, nachdem die Ratingagenturen Moody's und Standard&Poor's mit einer Herabstufung des US-Kreditratings vom historischen AAA-Status drohten, falls die Verschuldungsobergrenze nicht rechtzeitig ausgeweitet wird - um Ausfälle bei Zinsenzahlungen und Anleihentilgungen zu vermeiden. Für den Staat könnten dann die Zinsen steigen, was sich auch nach unten auf die Hypotheken- und Kreditkartenzinsen der Verbraucher auswirken würde. Mr. Williams, welche Einigung wäre gut genug, um die Kreditratingagenturen zufriedenzustellen und eine Double-Dip-Rezession zu umgehen?

John Williams: Erst einmal stehen die Chancen, dass die USA wirklich zahlungsunfähig werden, bei null. Hier und da wird darüber geredet, sollte die Verschuldungsobergrenze nicht bis zum 2.August erhöht worden sein, könnte der Staat einen Zahlungsausfall vermeiden, indem er gewisse Zahlungsspielchen spielt: Zinsen und Schulden zuerst zahlen, anstelle der anderen Verpflichtungen. Das könnte dann eine Herabstufung lostreten, sollte es nicht schon anderweitig dazu gekommen sein. Ich glaube zudem nicht, dass die globalen Investoren eine Nicht-Zahlung der allgemeinen staatlichen Verpflichtungen als ein Plus betrachten, und sie könnten dann mit dem Ausverkauf des Dollars beginnen. Ich persönlich glaube, dass der Kongress dennoch bis zur Frist irgendeiner Sache zustimmen wird. Ich erwarte dabei ohnehin keine substanziellen, tiefgreifenden Abmachungen; nichts von dem, was bisher vorgeschlagen wurde, würde die finanzielle Situation der USA merklich verbessern.

Das nationale Kreditrating soll das Risiko eines nationalen Zahlungsausfalls bemessen. Der US-Dollar, die Weltreservewährung, wird als der Maßstab für das AAA-Rating betrachtet. Und diese Kategorie wird allgemein als risikolos betrachtet. Es wäre sehr ungewöhnlich für eine Ratingagentur, würde sie ihre eigene Benchmark herabstufen. Dennoch erkennen auch die Ratingagenturen das Risiko eines US-Zahlungsausfalls und reden über eine mögliche Herabstufung der US-Staatsanleihen. Eine Herabstufung hätte einen genauso negativen Effekt wie ein tatsächlicher Zahlungsausfall. Es wird zu keiner Herabstufung kommen. Und es wird zu keinem Zahlungsausfall kommen. Solche Entwicklungen hatten alle möglichen Auswirkungen, sehr negative Konsequenzen für die Finanzmärkte, besonders für den US-Dollar. Der US-Dollar würde unter schweren Verkaufsdruck geraten, bei den in US $ lautenden Anlagen käme es zum Ausverkauf. Und dann würden auch noch die in US $ bepreisten Rohstoffe, wie Öl, steil in die Höhe schießen. Der Goldpreis würde eine kräftige Rally bekommen, Silber auch - als traditionelle Inflationsabsicherungen.


The Gold Report: Werden die USA wirklich Geld drucken, um ihre Schulden zu bezahlen?

John Williams: Das machen eben Länder, die über ihre Verhältnisse Geld ausgeben und die Steuereinnahmen nicht erhöhen können. Ich kann nur sagen, dass die aktuelle Regierung gar nicht in der Lage ist, die Steuern so zu erhöhen, dass sie das derzeitige Defizit unter Kontrolle bekommt. Der Staat könnte die Einkommen zu 100% besteuern, er könnte 100% der Einkommen und Unternehmensgewinne einziehen - und trotzdem hätte man immer noch ein Defizit. Nach den allgemeinen anerkannten Rechnungslegungsgrundsätzen (GAAP) - wobei auch die wachsenden unfundierten Verbindlichkeiten nach Kapitalwertmethode eingerechnet werden - sind die USA langfristig betrachtet bankrott. Wollte man tatsächlich einen ausgeglichenen Haushalt erreichen, bräuchte es eine gründliche, komplette Überholung - und damit meine ich massive Ausgabenkürzungen in den Sozialprogrammen, denn selbst wenn alle Staatsausgaben komplett weggekürzt würden - die Ausgaben für Social Security und Medicare aber beibehalten werden - so hätte das Land immer ein Defizit. Unsere Ausgaben liegen in manchen Bereichen weit hinter den Grenzen der Vernunft. Dem Land ist es einfach nicht möglich, für die gebotenen Leistungen finanziell aufzukommen.


The Gold Report: In einem Kommentar vom 14.Juli schrieben Sie: "Im Fall tatsächlicher Zahlungsunfähigkeit oder einer Herabstufung, würde die Position der Vereinigten Staaten - als der bisher ignorierte Riese unter den Ausfallrisiken - dafür sorgen, dass der Dollar gegenüber allen anderen großen Währungen einknickt, und zwar ungeachtet der Sorgen bezüglich der Euro-Schulden." Was hätte das in Zukunft für den US-Dollar und den Goldpreis zu bedeuten?

John Williams: Schon jetzt sinkt der Aktienmarkt, denn die Märkte sind frustriert, weil keine Einigung kommt. Die USA sind ein so großer "Player" an den Weltmärkten, dass eine Herabstufung des Dollars auf der ganzen Welt spürbar wäre. Der Dollar dürfte dann gegenüber allen großen Währungen fallen, einschließlich des Euros, und bei den Goldpreisen dürften wir einen großen Kurssprung sehen. Langfristig dürfte es sehr positive Folgen für Gold haben. Das heißt nicht, dass die Zentralbanken nicht intervenieren würden, und auch nicht, dass das US-Finanzministerium oder der IWF nicht versuchen würden, den Goldpreis zu drücken. Aber, auf lange Sicht, wird es deutlich höhere Goldpreise geben.


The Gold Report: Was würde ein Zahlungsausfall oder eine Herabstufung für den Dollar bedeuten?

John Williams: Würden die USA zahlungsunfähig oder herabgestuft, dann hieße das wahrscheinlich das Ende des US-Dollars als Weltreservewährung. Für die Vereinigten Staaten ist das nicht hinnehmbar und keine Option. Leute, die dieses Land mit an diesen Punkt bringen, müssten ihre Posten verlieren. Als finanziell mächtigstes Land der Welt spielt man doch nicht mit seiner Kreditwürdigkeit herum.




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