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Interview mit Gerald Celente (Teil 1/2)

16.05.2013  |  Presse
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Man will einen neuen Krieg anzetteln! Hey, warum denn nicht in Syrien einmarschieren? Hallo? Irak hat Euch wohl noch nicht gereicht? Ihr habt ganz tolle Arbeit in Libyen geleistet! Ach ja, und in Afghanistan. Ah, jetzt hab ich’s! Lass uns im Mali einmarschieren. So kranke Leute dort. Wir kann ein erwachsener Mensch mit etwas Selbstrespekt zu diesen Politclowns noch aufschauen? Sie fragen mich also, wo es nicht stimmt? Beim Volk wie auch bei den Politikern. Schauen Sie sich die Umfragen nach dieser Boston-Geschichte an. Mehr Menschen wollen Überwachung. Sie applaudierten der Polizei, wie diese ohne Durchsuchungsbefehl von Tür zu Tür ging und in die Häuser der Leute eindrang.


Daily Bell: Hat dieses Ausmaß der Korruption etwas mit dem menschlichen Wesen zu tun?

Gerald Celente: Ja. Der Fisch fängt von Kopf an zu stinken. Deswegen ist Führung auch so entscheidend. Man führt durch Beispielhaftigkeit. Gerade erst wurde die George W. Bush-Bibliothek eingeweiht. All diese Schleimer-Präsidenten waren anwesend, um zu erklären, welch großartiger Kerl dieser Kriegsverbrecher ist. Alle diese Präsidenten sind ebenfalls Kriegsverbrecher. Das vergessen die Menschen.

Jimmy Carter - wie war das nochmal mit den Taliban? Ach so, das war der Typ, der sie ursprünglich gegründet hatte, als er den Stellvertreterkrieg gegen Russland in Afghanistan führte. Er ist derjenige, der bin Laden finanzierte. Er ist derjenige, der die Mujaheddin schuf. Clinton? Wie viele Menschen hat dieser “SOB“ getötet? Er hat doch ganz tolle Arbeit in Jugoslawien geleistet, nicht wahr? Er ließ Bagdad Tag ein Tag aus bombardieren. Oh, und dann diese wunderbare Flugverbotszone, 500.000 Frauen, Kinder und Alte starben infolge der Sanktionen, und seine Außenministerin Madeleine Albright sagte, das sei “es wert gewesen“. Dann natürlich noch Bush selbst. Und heute ist es eben “Weg-mit-diesen-Bomben”-Obama. Also ein Drohnenangriff hier, eine Truppenaufstockung dort, ein Invasion Libyens oder einen Angriff auf Syrien? Das sind also die führenden Beispiele. Und die Menschen folgen blind, ohne ihre Führer oder Oberkommandeure zu fragen oder in Frage zu stellen.

Diese dämliche “Bronx-und-Yonkers-Mentalität“, die auch ich als Kind, das dort aufwuchs, hatte: Wenn jemand zu seinen Kumpels sagen würde „Lass uns ein krummes Ding durchziehen.“ und einer seiner Freunde sagen würde, "Was geht denn mit Dir?", dann würde der sagen, "Nein! Was geht denn mit Dir? Wenn es für Goldman Sachs OK ist, krumme Dinger zu drehen, warum sollte es dann für mich nicht OK sein?“ Das ist diese Mentalität.

Nichts wird sich verändern, solange sich die Menschen nicht ändern. Deswegen erleben wir aktuell auch die Wiederauferstehung von Religionen, eben als Reflexreaktion auf soziökonomische und politische Degeneration. Wenn die Lage ganz, ganz schlimm wird, tauchen plötzlich überall religiöse Führer auf, die Moral und Sittlichkeit versprühen. Sowas wie "meine Religion ist die beste Religion" meine ich damit gar nicht. Ich will damit nur eines sagen, wenn das Vakuum so gewaltig ist, dann wird dieses Vakuum häufig von solchen Dingen wie evangelikale Scheinreligionen aus dem Fernseher ausgefüllt.


Daily Bell: Heißt das: Wenn wir die verantwortlichen Entscheidungsträger wechseln, werden wir auch das System ändern? Oder muss das System an sich geändert werden?

Gerald Celente: Ja. Das System. Das gesamte sogenannte demokratische System ist verdorben. Die Bonannos oder die Gambinos reformiert man nicht. Ich glaube fest an direkte Demokratie. Lasst das Volk abstimmen. Es heißt dann immer: "Oh, dann würde ja der Mob herrschen!" [mob: amerikanisch für Mob aber auch Mafia; Anm. d. Red.] Aber was haben wir denn jetzt gerade? Oder es heißt: “Die Menschen sind zu dumm, um eigene Entscheidungen zu treffen.” Ok, aber unsere derzeitigen Entscheidungsträger sind zu dumm, um Entscheidungen für uns zu treffen. Das ist der Mob. In den USA ist es eine Gang der 535; 535 Kongressabgeordnete und Senatoren sagen 315 Millionen Menschen, wie sie ihre Schuhe zu polieren haben. Wer hat sich diesen Scheiß ausgedacht? Es ist keine repräsentative Staatsform. Das kann nur den kleinen Schulkindern erzählt werden. Die Politiker repräsentieren die Mächtigsten, die Reichsten und diejenigen, die ihnen das meiste Geld geben. Sie nennen es “Wahlkampfspenden". Ich nenne es Abfindungen und Schmiergeld.


Daily Bell: In welchem Ausmaß sind die derzeitigen Schwierigkeiten spiritueller Natur?

Gerald Celente: In gewisser Weise sind sie alle spirituell. Sie lassen sich alle auf Spiritualität zurückführen - nicht im herkömmlichen religiösen Sinn, sondern in den Herzen, im Verstand und Geist von Individuen. Nehmen wir Ölsande als Beispiel. Man will das unbedingt durchdrücken, denn "es schafft Arbeitsplätze". Wo ist das spirituelle Element? Es könnte den Planeten zerstören, oder einen Teil. Was ist mit Fukushima? Was ist mit den Kriegen? All das sind moralische und eigentlich spirituelle Fragen. Wenn es einen Satz gibt, der die gesamte Situation auf den Punkt bringt, dann diesen: "Was Du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem andern zu." Ihr wollt ein weiteres Land bombardieren? Gut. Dann aber bitte nicht sauer sein, wenn zurückgebombt wird. Das nennt man Rache. Ihr wollt den Planeten zerstören, um Arbeitsplätze zu schaffen? Gut. Dann muss der Preis eben dafür gezahlt werden. Wir erleben die goldene Regel hautnah.


Daily Bell: Wenn man sich die Leute in Boston anschaut, die lautstark mehr Schutz einfordern, dann stimmt es nicht sehr zuversichtlich, dass diese einen großen spirituellen Wechsel mitmachen werden.

Gerald Celente: Er muss gar nicht so groß sein. Man erreicht auch nie alle. Denken Sie nur an die Amerikanische Revolution. Am Anfang gab es nur ein paar Prozent an Unterstützern, und auch am Höhepunkt der Revolution waren nur 25% der Menschen aktiv involviert, welche wiederum nur die Unterstützung von vielleicht weiteren 20% hatten. Man hat immer die Massen aus “Loyalisten".


Daily Bell: Denken Sie, dass diese Veränderung innerhalb der USA oder global passieren muss?

Gerald Celente: Sie passiert ja schon. Schauen Sie nur, was in Italien mit der Fünf-Sterne-Bewegung passiert. Übrigens ist das eine Bewegung und kein Protest - und das ist ja auch das Problematische.

Natürlich wurde sie vorübergehend ausgebremst, dennoch ist es eine große Bewegung. Und von genau daher muss echte Veränderung auch kommen - von den jungen Menschen. Damit eine blockfreie Bewegung Erfolg haben kann, darf sie nicht mit den Medienkonzernen verflochten sein. Schauen Sie sich Beppe Grillos Fünf-Sterne-Bewegung an. Er würde zu keiner TV-Show gehen. Er machte alles übers Internet und mit persönlichen Wahlkampfbesuchen in sehr vielen Städten. Aber er machte nichts mit den Mainstream-Medien. Davon hielt er sich fern. Grillos Fünf-Sterne-Bewegung ist ein Modell für Bewegungen auf der ganzen Welt.

In Italien und überall auf der Welt gibt es diese gebildeten jungen Menschen, arbeitslos und einer zukunftslosen Zukunft entgegenblickend. Sie sind zornig und sie haben Energie. Das ist ein Bestandteil für den Beginn einer echten Bewegung.




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