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EU und Inflation - Krugman und die Austrians

18.12.2011  |  Klaus Singer
Erst war Ende Oktober der EU-Gipfel, der die EFSF-Hebelei beschloss. Die Tinte unter den Beschlüssen war noch nicht trocken, da war schon klar: Der internationalen Finanzindustrie, den "Märkten", reicht das nicht. Dann war immer mehr die Rede davon, dass sich die Banken untereinander misstrauen, die Interbanken-Ausleihungen trockneten ein. Es hieß auch, US-Geldfonds und andere US-Institutionen würden keine Dollar-Kredite mehr an europäische Banken vergeben. Darauf folgte die konzertierte Aktion großer Notenbanken zur Bereitstellung verbilligter, unbegrenzter Dollar-Mittel. Dann senkte die EZB die Zinsen und bietet jetzt langfristige, unbegrenzte Euro-Darlehen zu erleichterten Sicherheitsanforderungen an.

Dann folgte der erste Versuch der EU, eine Fiskal-Union zu basteln. Das scheiterte am Widerstand Großbritanniens. Übrig blieb ein Fiskal-Pakt, der im Grunde nicht über die Maastrichter Verträge hinausgeht (siehe Kommentar von Feldstein). Gleichzeitig wurde die dort festgelegte "no-bailout"-Klausel endgültig beerdigt. Eurobonds wurden nicht beschlossen.

Nach jeder dieser "offiziellen" Aktionen reagierten die "Märkte" kurz positiv, die Betonung liegt auf "kurz". Aktienkurse reagierten nach oben, Bond-Kurse am Beispiel 10-jähriger US-Staatsanleihen nach unten (ihre Rendite entsprechend aufwärts) - siehe Chart.

Die "Märkte" wollen erreichen, dass das Geschäft mit (europäischen) Staatsanleihen wieder zu dem wird, was es einmal war: Hoch-rentierlich und risikolos, kurz profitabel. Eine politische Lösung hierzu ist zwar "nett", jedoch nur langfristig zu erreichen (wenn überhaupt).

Als kurzfristigere und verlässlichere Größe sieht man da die EZB. Die "Märkte" wünschen sich, dass die EZB verspricht, Bond-Müll in unbegrenzter Höhe in ihre Bücher zu nehmen. Natürlich nur als Notmaßnahme. In diesem Zusammenhang hatte man in den Wechsel auf dem EZB-Chef-Sessel besondere Hoffnungen gesetzt. Doch der Neue, Draghi, drückt sich bisher. Aus gutem Grund. Während die Fed noch damit rechnen kann, dass die Anleihen in ihren Büchern zumindest zu einem Null-Summen-Spiel werden, kann sich die EZB da nicht sicher sein. Gewaltige Verluste bedrohen die Anteilseigner.

Abgesehen davon ist es der EZB nicht erlaubt, Staaten herauszuhauen. Gut, das "no bailout"-Verbot gilt auch auf Staaten-Ebene, hier hat man schon längst gegen die Spielregeln verstoßen. Ein schwaches Argument also? Nein, im Falle der EZB nicht. Würde die EZB ihr SMP-Programm öffnen über den deklarierten Zweck hinaus, Spikes bei der Rentiteentwicklung glatt zu bügeln, würde das den Euro vermutlich erheblich schwächen. Das aber kann nicht im Interesse der deutschen exportlastigen Wirtschaft sein. Also ist Bundesbank-Chef Weidmann strikt dagegen und Deutschland ist mit rund 27% der größte Anteilseigner an der EZB.

Da die "Märkte" aber (nicht nur in der Eurokrise) bisher stets erreicht haben, was sie wollen, wird es mittelfristig sehr wahrscheinlich so laufen, dass die EZB zum Bond-Käufer der letzten Rettung wird. Das wäre auch der Politik am liebsten, auf etwas anders läuft ihr Lavieren nicht hinaus.

Ob Eurobonds davor oder danach kommen, ist letztlich egal. Aus Sicht der "Märkte" wären sie das Optimum. Aus Sicht der Politik am Ende auch. Ein großer europäischer Anleihemarkt könnte gewaltige Mengen an internationaler Liquidität anziehen und dem Euro kräftigen Auftrieb geben. Dann hätte auch die deutsche Exportwirtschaft nichts dagegen. Und die Politik bräuchte nicht zu sparen...

Jetzt heißt es ja landauf landab, dass ein Eingreifen der Notenbanken mit der Notenpresse, und nichts anderes ist ja ihr Bond-Ankauf, zu Inflation führt. Blickt man zurück, so stimmt diese Gleichung nicht so recht. Zumindest ist es kein einfacher Dreisatz.

Darauf weist aktuell auch Krugman in seinem Blog wieder hin. Und nimmt die aktuelle politische Schwäche der US-Republikaner zum Anlass, der österreichischen Schule ("Austrian") eins auszuwischen.

Aus Mangel an Präsidentschafts-Kandidaten steigen in der Bush-Partei gerade die Chancen für Ron Paul, einer der Initiatoren der Tea-Party-Bewegung. Er zählt sich zu eben dieser Schule. Ihr Mantra: "Fiat money", Geld ohne Golddeckung, ist die Wurzel allen ökonomischen Übels. Leute aus dem Kreis um Paul warnen nach Krugman immer wieder vor einer Hyperinflation im Stil von Simbabwe, die bald hereinbrechen könnte. Denn nach der Lehman-Pleite hatte die Fed zur Stabilisierung der Finanzmärkte die Liquiditätsschleusen aufgerissen. Im Herbst 2010 begann sie dann mit einer weiteren Runde von Bond-Käufen, um das Wirtschaftswachstum zu fördern.

Die monetäre Basis hat sich als Folge all dieser Maßnahmen seit Herbst 2008 in der Spitze verdreifacht (siehe Chart). Die Verbraucherpreis-Inflation in Gestalt des CPI ist demgegenüber im selben Zeitraum nur um 3,6% gestiegen (PPI plus 5,8%).

Krugman nimmt dieses offensichtliche Missverhältnis zum Anlass, auf die "Austians" und die Republikaner einzuschlagen und stellt fest: Die "hard-money"-Doktrin und die Inflations-Paranoia hat die Partei übernommen zu einem Zeitpunkt, wo sich die vorhergesagte Inflation gerade nicht materialisiert. Und ruft für den Fall eines republikanischen Wahlsiegs im kommenden November schon mal aus: Great Depression, here we come!




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