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Irrtum über Zinsanstiege und Gold

27.08.2014  |  Adam Hamilton
Gold ist in der letzten Woche angesichts wachsender Ängste vor Zinsanstiegen abgerutscht. Zwischen der Pressemitteilung des letzten Offenmarktausschusstreffens und dem jährlichen “Jackson Hole Economic Policy Symposium” der Fed haben sich die Zinsanstiegshobien der US-amerikanischen Futures-Spekulanten zu wahrem Fanatismus gesteigert. Sie sorgen sich, dass Gold zerstört werden wird, wenn die Fed schlussendlich die Zinsen normalisiert. Aber die Vergangenheit zerstört diesen Irrtum, dass steigende Zinssätze der Todfeind von Gold wären.

Derzeit herrscht fast überall unter den Futures-Tradern der Glaube, dass steigende Zinsen sehr bärisch für Gold sind. Die dahinterstehende Logik ist einfach. Wenn die Zinsen steigen, steigen auch die Erträge von Anleihen und Bargeld in Form von Geldmarktfonds. Dadurch werden Anleihen und Bargeld, relativ betrachtet, attraktiver für Investoren als Gold, welches keine Zinserträge liefert. Daher werfen sie ihre Goldbestände über Bord, um ihr Kapital zurück zu Anleihen und Bargeld zu verschieben.

Auch wenn diese These auf den ersten Blick plausibel erscheint, sollte man sie lieber überprüfen, anstatt sie blind für wahr zu halten. Die Finanzmärkte sind voll von gängigen Vorstellungen, die sich später als völlig falsch erweisen. Und selbst die erfahrenen Goldfutures-Spekulanten sind dagegen nicht immun. Letztes Jahr ängstigten sie sich selbst in eine ausgewachsene Hysterie angesichts der nahenden Rückführung der massiven QE3-Anleihemonetisierung durch die Fed.

Also stießen sie im Vorfeld dieses gefürchteten Ereignisses massenweise Goldfutures ab, wodurch die bloße Androhung desselbigen im Juni 2013 für das schlimmste Quartal von Gold in 93 Jahren sorgte. Doch am Tag, nach dem die Fed tatsächlich mit einer QE3-Straffung im Dezember begann, bildete Gold einen Boden und hat seitdem nicht zurückgeblickt. In weniger als drei Monaten stieg Gold dank starker Käufe um 16,2%, trotz anhaltender Straffung. Die “gängige Meinung” der Märkte liegt oftmals daneben.

Das Zurückfahren von QE3 war ein einmaliges Ereignis, völlig einzigartig in der Geschichte, da die Fed noch nie zuvor solch eine gigantische, unbegrenzte Anleihemonetisierung durchgeführt hatte. Dadurch war ein Test unmöglich und die Querdenker waren sich selbst überlassen bei ihren Wetten, dass eine QE3-Straffung nicht die Goldapokalypse einleiten würde. Aber steigende Zinsen sind völlig anders, das ist schon viele Male in der Vergangenheit geschehen. Wir müssen uns nur ansehen, wie Gold sich währenddessen entwickelt hat.

Daher habe ich diese Woche eine große Tabelle angelegt, für Daten von fast 45 Jahren Goldpreis und Zinsen. Für die Zinsen benutzte ich die maßgebenden Erträge auf die einjährigen Schatzanweisungen und die zehnjährigen Anleihen, um sowohl die kurz- als auch die langfristigen Enden der Ertragskurve zu erfassen. Das Ergebnis war faszinierend, es zerstörte die heute vorherrschende gängige Meinung, dass steigende Zinsen der Todfeind von Gold sind. Das ist ein völliger Irrtum, von der Vergangenheit als falsch erwiesen.

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Im letzten halben Jahrhundert in etwa gab es zwei mächtige, säkulare Goldbullenmärkte, unterbrochen von einem großen säkularen Goldbärenmarkt. Gold stieg in den 1970er-Jahren und noch einmal in den 2000ern, aber tendierte in den dazwischenliegenden Jahrzehnten seitlich oder nach unten. Und während eines Drittels eines Jahrhunderts, seit den frühen 1980er-Jahren, sind die Zinssätze - in Form dieser maßgeblichen US-Schatzwechselerträge - alles in allem gefallen. Das ist ein außerordentlich alter Trend.

Diese strategische Betrachtung auf hohem Niveau lässt die Vorstellung, dass steigende Zinsen bärisch für Gold sind und die logische Schlussfolgerung, dass fallende Zinsen bullisch für Gold sind, auf den ersten Blick zusammenbrechen. Während des mächtigen säkularen Goldbullenmarktes der 1970er, welcher den aktuellen (bis heute) in den Schatten stellt, hob Gold ab, während die Zinssätze stiegen. Und dann, in den 1990ern, sackte Gold ab, während die Zinssätze fielen. Es gibt jede Menge ähnliche Episoden.

Die aktuelle, unerschütterliche Überzeugung US-amerikanischer Futures-Spekulanten, dass Gold und Zinsen eine starke, negative Korrelation besitzen, ist einfach nicht wahr. Der Beweis ist nicht nur sichtbar, sondern auch statistisch belegt. Während dieser gesamten, massiven Zeitspanne lag die Korrelation von Gold und den einjährigen sowie zehnjährigen Bondrenditen lediglich bei -0,525 und -0,509. Multiplizieren Sie diese mit sich selbst, um den jeweiligen Determinationskoeffizient zu erhalten und sie betragen lediglich 27,5% bzw. 25,9%.

Das bedeutet, dass nur 28% und 26% der täglichen Kursentwicklung von Gold in den letzten 45 Jahren mathematisch durch die sich verändernden Zinssätze erklärt werden können! Das ist nur ein Viertel, überraschend wenig, angesichts des derzeit verbreiteten Glaubens, dass das Glück des Goldes sklavisch an den Zinsen hänge. Fast drei Viertel der Goldkursentwicklung im Laufe unseres Lebens hatten also nichts mit den sich verändernden Zinssätzen zu tun! Sie sind bestenfalls eine kleinere, sekundäre Einflussgröße von Gold.




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