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Sea Change: Fundamentale Veränderungen (Teil 1/2)

28.10.2014  |  John Mauldin
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Er hat sich bislang also ganz anders verhalten, als die wahren Schwarzseher, welche “den Niedergang des Dollars“ prognostizieren, vermuten müssten. Gleichzeitig sehen sie einen ungehörigen Anstieg der Zinssätze kommen, viele von ihnen glauben zudem, dass die Federal Reserve die Vereinigten Staaten von Amerika in die Hyperinflation stürzen werde. Aus dieser Perspektive betrachtet, müsste man natürlich große Mengen Gold kaufen und sein Geld außer Lande schaffen.

Ich habe lange Gespräche mit vielen Leuten geführt, die an ein solches Szenario glauben. Einige von ihnen nenne ich sogar enge Freunde, auch wenn wir bei so etwas Fundamentalem wie der Zukunft des Dollars geteilter Meinung sind. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass der Charakter ihrer Weltanschauung stark an religiöse Überzeugungen erinnert. Und die werde ich nicht ändern, also unternehme ich dahingehend auch kaum Anstrengungen. Daher auch meine faire und freundliche Warnung: Wer denkt, dass der US-Dollar kurz vor dem Untergang steht, dem wird dieser Buchentwurf oder die in den nächsten Monaten anstehenden Newsletter-Beiträge nicht gefallen.

(Randnotiz an alle, die, wie auch ich, Gold mögen: Man muss kein Dollar-Pessimist sein, um eine konstruktive Meinung über Gold zu haben und der Auffassung zu sein, dass Gold seinen Platz in einem diversifizierten Portfolio hat. Doch mehr zu diesem Thema, wenn wir ein Kapitel zum Thema Gold bringen.)

Kommen wir zurück zu den Winter-Vorboten: Diese Woche kamen aus der Federal Reserve zwei Seitenkommentare, die für eine ordentlich kühle Brise sorgten.

Der erste stammt von Fed-Mitglied William Dudley - Präsident der Federal Reserve Bank of New York und dauerhaft Wahlberechtigter im Offenmarktausschuss der Fed. In einer Rede vor dem Rensselaer Polytechnic Institute rüttelte er an der Vorstellung, dass jetzt die richtige Zeit für Zinserhöhungen wäre. Auch wenn er die relativ positive Grundeinstellung der Federal Reserve in seiner Prognose hervorhob, so sagt er aber auch Folgendes:

“Obgleich ich der Meinung bin, dass die in der Konsensprognose dargestellten Risiken gut ausgewogen sind, SO DENKE ICH AUCH, DASS ES NICHT SEHR WAHRSCHEINLICH IST; DASS DIE WACHSTUMSENTWICKLUNG DEUTLICH STÄRKER AUSFALLEN WIRD, ALS IN DER PUNKTPROGNOSE DARGELEGT.“ [Hervorhebung von mir]

Anschließend sprach er die Verbraucherausgaben an, die schwächer als erwartet ausgefallen waren, und verwies darauf, dass in Zukunft von schwächeren Absätzen bei langlebigen Gütern auszugehen sei (ich vermute, er meint damit die Autoabsätze meint, die im Umfeld der super-lockerer Kreditbedingungen wieder auf ihre Dynamik wie zu besten Zeiten erlangt hatten - viele dieser Kredite sind Subprime mit Laufzeiten von über fünf Jahren). Den Hypothekengebern rechnet er die unterdurchschnittliche Erholung am Immobilienmarkt zu, als ob das letzte Massaker unter den Gläubigerinstitutionen nicht ausgereicht hätte, um deren kollektive Psyche auf Jahrzehnte hinweg tief zu vernarben.

(Aber vielleicht hat er ja doch nicht ganz Unrecht damit, leider. Wahrscheinlich mit einem kleinen Augenzwinkern erzählt uns Ben Bernanke, dass sein eigener Hypothekenantrag abgelehnt wurde, weil sein Einkommen etwas unregelmäßig sei. Sein Fall passte einfach nicht in das mit Kreuzen auszufüllende “Kästchenprotokoll“ seines Hypothekengebers. Ich kann ihn verstehen.

Auch meine Anträge wurde dieses Jahr mehrfach abgelehnt, bevor ich dann eine ganze Reihe breitwilligen Gläubiger fand, die sich praktisch um mein Gesuch rissen. Mein Geschäftsleben passt eben auch nicht zu einem Standard-Kästchen-Hypothekenantrag. Eine ähnliche Geschichte habe ich auch von einem anderen Geschäftsführer gehört, der meinte, dass von seinen 300 Angestellten alle eine Hypothek bekommen hatten, nur er nicht, weil sein Einkommen nicht stabil genug sei. Kaum zu glauben.)

Jeden seiner Punkte handelte Dudley in langen Absätzen ab. Und dann brachte er eine kurze, dahingeworfene Zeile, die meine Aufmerksamkeit erregte. Seiner Meinung nach sei der seit einigen Monaten steigende Dollar-Wechselkurs ein Grund für bestehende Abwärtsrisiken. Tatsächlich? Schauen Sie doch mal auf den Chart oben. Alles, was sich hier in den letzten Monaten ereignete, waren relativ kleine Dollarbewegungen. Warum also sollte ein starker Dollar nun auf der Liste jener Faktoren stehen, die die US-Wirtschaft zukünftig schwächen könnten?

Am nächsten Tag wurden die Protokolle zum Treffen des Fed-Offenmarktausschusses veröffentlicht, das im Vormonat stattgefunden hatte. In der Kategorie “Einschätzungen zur Finanzsituation“, schreibt der Ausschuss Folgendes: “teils in Reaktion auf enttäuschende Wirtschaftszahlen im Ausland, hat der US-Dollar seit dem letzten Treffen gegenüber den meisten anderen Währungen aufgewertet, dazu zählten auch deutliche Aufwertungen gegenüber dem Euro, dem Yen und dem Britischen Pfund.“

Sicherlich ist der Dollar schon einmal in den Betrachtungen des Ausschusses Thema gewesen, häufig passiert das aber nicht. (Im Januar 2002 findet man in den Aufzeichnungen des Ausschusses Bedenken über die Stärke des Dollars, die dann aber recht schnell wieder verflogen. Ist es Zufall, dass der Dollar wieder Thema ist? Ein Dank an Joan McCullough, der mir diesen Hinweis gab.) Die Mitglieder der Federal Reserve haben einen erstarkenden Dollar auf jeden Fall auf dem Schirm! Hmmmm…

Der springende Punkt ist folgender: Normalerweise macht sich die Federal Reserve keine Sorgen um die Stärke des Dollars (oder aber um seine Schwäche). Der relative Wert des Dollar fällt in den Aufgabenbereich des US-Finanzministeriums, die Federal Reserve ist hingegen für die Erhaltung stabiler Kaufkraft (Zinssätze, Geldangebot, etc.) verantwortlich ist. Beide Institutionen achten in der Regel auch darauf, dass sie nicht in das Gebiet der anderen eindringen.

Was wäre, wenn wir am Anfang eines neuen 10-jährigen Bullenmarktes des US-Dollars stünden? Wäre es denn undenkbar, dass der Wert des Dollars in diesem Zeitraum wieder auf 120 Punkte zurückklettern könnte? Schauen wir uns den Chart nochmal an:

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