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Unerfreuliche Bilanzen

18.02.2006  |  Redaktion
Zur Überraschung und Verwunderung vieler Ökonomen bleibt der Dollar - trotz der wachsenden amerikanischen Defizite - an den internationalen Währungsmärkten auch weiterhin stark. Im vergangenen Jahr beliefen sich diese Defizite auf siebenhundert Milliarden Dollar, oder auf sechs Prozent des Bruttosozialprodukts. Damit erhöhte sich die Verschuldung der USA gegenüber dem Rest der Welt auf fast ein Viertel des Bruttosozialprodukts. Und wenn sie in gleichem Maße weiter wächst, dann wird die Verschuldung schon in fünf Jahren die Hälfte des Bruttosozialprodukts ausmachen. Trotz der immer stärker steigenden Verschuldung, ist der Dollar im Vergleich zum Euro um 14% gestiegen und im Vergleich zum Yen sogar um noch mehr. Im Vergleich zum chinesischen Renminbi hat er einen Bruchteil verloren, nachdem die chinesischen Zentralbanken den Dollarkurs um 0,4% anhoben. Dennoch scheint der Dollar der Felsen zu sein, auf dem die meisten Länder ihre Währungen begründen.

Die Finanzwelt scheint die Defizite und die rapide steigende Verschuldung der USA offensichtlich zu ignorieren. Die amerikanischen Vertreter sind die Defizite gewohnt und nehmen sie auf die leichte Schulter. Selbst die langfristigen Zinssätze bleiben erstaunlich gering. Doch viele Politiker und Sprecher in den Medien beklagen sich gerne über China, besonders darüber, dass die Währung der Chinesen nicht ihren Wechselkurs am freien Markt suchen darf und dass man dem Geldmarkt nicht erlaubt, frei zu funktionieren. Diese Leute blicken sich um und suchen die Gründe im Verhalten der Menschen im Ausland anstatt sich über das eigenen Verhalten Gedanken zu machen.


Der böse Dollar: Greenspans Interpretation

Der ehemalige Vorsitzende der Fed, Alan Greenspan, stimmt diesen Kritikern offensichtlich nicht zu. Er hat schon eine Erklärung für die amerikanischen Defizite bei den Bilanzen, die das bei weitestem größte Ungleichgewicht in der Weltwirtschaft darstellen. Er glaubt, dass diese Defizite eher ein Nebenprodukt langfristiger Entwicklungen sind, die diese Defizite begünstigen, und dass sie Nebeneffekte einer immer weiter ansteigenden Bedeutung der Finanzindustrie und ihrer großen Flexibilität sind. Ich stimme dem ehemaligen Vorsitzenden insofern zu, als auch ich sehe, dass die Weltwirtschaft und insbesondere die Finanzwelt sich immer weiter ausgedehnt haben seit die Sowjetunion auseinanderbrach und die Länder des Ostblocks sich auflösten. Viele Grenzen sind in dieser Zeit niedergerissen worden und die Kapitalmärkte expandierten und erfassen heute alle außer einiger weniger Aufsässiger. Aber seine Erklärung für die Größe der Ungleichgewichte beim Handel erklärt noch nicht den Grund. Tatsächlich geben Zentralbanker nur sehr selten genaue Rechenschaft über die Konsequenzen der Politik die sie fahren.

Seitdem die Welt Gold als Standardmittel für den Tausch abgeschafft hat, hat der amerikanische Dollar die Rolle des Goldes übernommen. Und ebenso wie Gold und andere Rohstoffe hat auch der Dollar Phasen durchlebt, in denen sein Marktwert gering war und Phasen, in denen er höher war. Er wird in alle Gegenden der Welt verschickt, immer geleitet durch seine Kaufkraft. Und genauso wie die Länder, die Gold produzieren, nachteilige Zahlungsbilanzen erlebten - d.h. Goldexporte übertrafen Goldimporte - so erlebt Amerika heute "nachteilige Bilanzen", d.h. der Export des Dollars übersteigt die Einkünfte. Aber während die Menge an Gold, das abgebaut und auf den Märkten angeboten wurde, immer eher gering war, sind das Volumen an Scheinen und Deposits von der Fed und die treuhänderischen Kredite, die darauf basieren, größer. Das hat nicht nur auf die internationalen Geldgeschäfte Einfluss sondern führt normalerweise auch dazu, dass die weltweiten Geschäftszyklen wachsen. Die Fed hat, seit sie 1914 ihre Türen öffnete, schon zahlreiche Zyklen von Boom und Depression erzeugt. Die Phasen des Booms sind Phasen des leichten Geldes und der reichlichen Kredite, die zu Fehlinvestitionen, Verschwendung, geringen Produktionsfaktoren und zu übertriebenem Konsum führten. In der Rezession, die immer folgen muss, werden die Fehlinvestitionen korrigiert und die Produktionsfaktoren wieder erhöht um bestmöglich die Wünsche und Bedürfnisse der Konsumenten befriedigen zu können.

Ökonomen unterscheiden gerne zwischen verschiedenen Phasen eines Geschäftszyklus". Eine Zentralbank leiert die erste Phase ein, indem sie die Geld- und Kreditexpansion in Angriff nimmt, um die Wirtschaft zu stimulieren oder die Haushaltsdefizite der Regierung zu finanzieren. Sie kann Obligationen der Regierung mit Geld, dass sie in Umlauf bringt, kaufen oder die Zinssätze senken, was die Mitgliedsbanken ermutigt, das Geld, dass sie in Umlauf bringt zu leihen. In der zweiten Phase beginnen die Geschäftsleute normalerweise dieses Geld zu leihen und damit eine Produktion in Angriff zu nehmen, die bislang nicht gewinnträchtig war. In der dritten Phase kann die erhitzte Aktivität dazu führen, dass die Herstellungspreise und die Güterpreise steigen. Das Schreckgespenst der Inflation betritt die Bildfläche, was dazu führen kann, dass die Verantwortlichen in den Geldinstitutionen die Zinsen wieder anheben. Aber das führt oft zu steigenden Marktpreisen. Während dieser Phase führen Gesetzgeber und Regulatoren oft Preis- und Lohnkontrollen ein und drohen jedem, der sich widersetzt mit Gefängnis und Geldstrafen. In der vierten und letzten Phase hat vielleicht endlich ein neuer Zentralbanker den Mut, im Angesicht von heftiger Inflation den Diskontsatz auf den Marktsatz anzuheben, was dann endgültig die Nachfrage nach Finanzierungen mit dem Vorrat an Ersparnissen in Einklang bringt. Zu dieser Zeit beginnt die Rezession - eine Phase der wirtschaftlichen Anpassungen und Korrekturen. Aber ehe sie ihren Lauf nimmt und die Fehlanpassungen anständig korrigieren kann, haben die Verantwortlichen normalerweise schon einen neuen Zyklus losgetreten.


Der böse Dollar: Der momentane Stand der Dinge

Und wo steht der Zyklus heute? Die meisten Symptome verweisen auf die dritte Phase, in der die Güterpreise mäßig anfangen zu steigen, weil die massiven Importe aus China und anderen asiatischen Ländern den Preisdruck etwas abgeschwächt haben. Aber die Länder stehen im Wettbewerb um die Rohmaterialien, wie z.B. Erdöl, das die Preise massiv hat steigen lassen. Außerdem sind die amerikanischen Immobilienpreise in die Höhe geschossen, was den Hausbesitzern ermöglicht den wachsenden Eigenanteil aufzubrauchen und sich noch stärker zu verschulden. Doch die fremden Zentralbanker und kommerziellen Banker trauen der Finanzstruktur immer noch und investieren einige ihrer Dollarüberschüsse in die amerikanischen Schatzanleihen. Sie sind vor kurzem erst herbeigeeilt, um einen großen Batzen an Anleihen über dreißig Jahre zu kaufen, was den Dollar offensichtlich unterstützte und die Zinssätze auf dem gegenwärtigen Niveau hielt. Sie ignorieren einfach das massive Schuldenniveau in Dollar und die Fehlanpassungen der Weltwirtschaft.

Die vierte und letzte Phase des Zyklus ist noch nicht in Sicht. Dennoch ist es an der Zeit, sich auf das Martyrium einzustellen, das bald im Ausland und in Amerika beginnen wird. Die Federal Reserve wird vielleicht noch so lange den Diskontsatz anheben, bis er mit dem Marktwert auf einer Stufe steht. Zu dieser Zeit werden die Anpassungen beginnen. Aber selbst wenn sie nicht wagen, die Zinssätze auf ein Niveau anzuheben, bei dem die Nachfrage nach Finanzierungen sich allein auf den Vorrat an Ersparnissen beschränkt, werden die Anpassungen einsetzen sobald die Verzerrungen sichtbar werden. Die Anpassungen bei den Immobilien haben in Form von Stagnation und Rückgang in manchen Gemeinden eventuell sogar schon angefangen. Sie werden sich vielleicht auch noch ausbreiten, wenn immer mehr Verbraucher nur noch zögerlich über ihre Verhältnisse leben und ihre Schulden erhöhen.

Die kommenden Anpassungen werden womöglich im Ausland anfangen. Einige der Kreditgeber werden eventuell keine Lust mehr haben, immer weiter Dollar anzuhäufen und den Lebensstandard eines reichen und mächtigen Landes zu unterstützen. Sie werden anfangen die Glaubwürdigkeit eines Kreditnehmers in Frage zu stellen, der keinerlei Vorkehrungen trifft, seine Schulden auch wieder zu reduzieren und stattdessen noch mehr Schulden ansammelt. Doch selbst wenn keiner der großen Kreditgeber seine Dollaransprüche geltend macht und sich in eine andre Währung flüchtet, wie z.B. den Euro oder den Yen, sieht es dennoch so aus, als würden sich dunkle Wolken eines internationalen Konflikts zusammenbrauen, die einen Schatten auf alle internationalen Schuldennehmer werfen, ganz besonders auf die größten und strahlendsten. In Palästina, das Jordanien 1967 an Israel abtrat und das von 2,5 Millionen Arabern und 250.000 Juden bewohnt wird, kam erst kürzlich die militanteste muslimische Partei an die Macht - die Hamas. Es ist eher unwahrscheinlich, dass sie der blutigen Intifada und den Selbstmordattentaten in Israel ein Ende setzen werden. Ermutigt und unterstützt von muslimischen Fundamentalisten aus der Nachbarschaft werden sie ein blutiges Aufeinanderprallen der Waffen auslösen, was schon bald eine Krise der Finanzwelt zur Folge haben könnte. Sicherlich wird aber der Dollar einige Schläge und Stöße einzustecken
haben.

Im Iran hat das Thema Waffen und Massenvernichtung zu akuten Spannungen und Konfrontationen mit der EU und Amerika geführt. Sie versuchen immer noch die iranischen Vertreter davon abzubringen, nukleare Kraftwerke und Waffen zu entwickeln, die eine tödliche Gefahr für einige Nachbarländer und ganz besonders für Israel darstellen würden. Falls es ihnen nicht gelingen sollte und der Iran immer dichter an den Besitz nuklearer Waffen heranrückt, dann gibt es ernstzunehmende Spekulationen, dass entweder die USA oder Israel einen Angriff auf die nuklearen Anlagen durchführen werden. Ein solcher Angriff würde zweifellos zu Aufruhr in der Welt der 1,3 Milliarden Muslime in 206 Ländern führen und die internationale Schuldenstruktur die auf dem Dollar basiert, umstürzen.

Es gibt Zeiten, in denen ist Vorsicht weise und profitabel. Man behält ein wachsames Auge auf die gegenwärtigen Gefahren und die Dinge, die noch kommen werden.


© Dr. Hans Sennholz
Quelle: Auszug aus dem kostenlosen Newsletters "Investor´s Daily"










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