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Echter Frust, echte Demokratie und echte Schuldengebirge

29.01.2015  |  Prof. Dr. Hans J. Bocker
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Doch wirtschaftliche Vernunft und politische Ideologie sind verfeindete Brüder. Ein Austritt des Landes aus dem den Brüsseler Zentralplanern heiligen Euro oder gar der EU, aus der man übrigens überhaupt nicht austreten kann (keine Austrittsklauseln), sondern per Knebelvertrag für immer gefesselt bleibt, könnte anderswo Schule machen.

Die "Wahren Finnen", der "Vlaamse Blok" in Belgien, Marie Le Pen in Frankreich, die AfD in Deutschland, sowie viele Europa-kritische Parteien und politischen Strömungen in zahlreichen Ländern, würden Morgenluft wittern. Diese sind mehrheitlich nicht "gegen Europa", sondern "gegen eine Brüsseler Diktatur". Vielen schwebt das altehrwürdige Konzept des französischen Staatspräsidenten de Gaulle vor, nämlich das "Europa der Vaterländer". Alle leben friedlich, harmonisch und konstruktiv zusammen, regeln aber ihre Angelegenheiten völlig selbständig.

Auch fänden es zahlreiche EU-Mitglieder höchst unfair, wenn sie den aufoktroierten Vorschriften gemäß mehr oder weniger erfolgreiche Sparkurse fahren (wie Irland) und Austeritätsmaßnahmen (wie Portugal) betreiben und das Geforderte und Ersparte an das Bankenkartell schön brav Monat für Monat abdrücken. Und dann gibt es da so ein Land, was sich (indirekt) auf ihre Kosten nicht an diese Regeln der Enthaltsamkeit hält. Wieso die und wir nicht?

Regelbrecher und Abtrünnige aber sind die Albträume von Europas Overlords und der Bankenfürsten. Daher ist ein einfaches Durchwinken oder Ausscheiden der Griechen aus dem Euro-Raum höchst unwahrscheinlich. Man wird verhandeln, feilschen, hier ein paar Millimeterchen von der Schuldenlatte abstreichen, dort ein Viertel Literchen Support-Milch nachgießen, Zahlungsterminchen prolongieren und weitere, etwas dünne, Rettungsmaträtzchen ausbreiten. Heilige Kühe, wie: Zentralplanerische EU, sakraler Euro und das glorreiche Bankensyndikat schlachtet man nicht. Man rührt sie nicht einmal in zartester Weise an. Alles streng Tabu!

Sowohl der neue Regierungschef im Lande der Hellenen nebst seinem kleinen rechtspopulistischen Koalitionspartner, wie auch die Abgesandten der großmächtigen EU werden in den kommenden Wochen ihre bisher unversöhnliche Rhetorik an den Verhandlungstischen mäßigen. Wilde Tiraden sind "out", die "coole" Sprachmodulation typischer Geschäftsleute ist "in". Die Rückkehr in den Alltag wird allen Beteiligten große Bitterfrüchte vom Baum der Erkenntnis und, nach deren Ernte und Verzehr, nicht minder große Ernüchterung nebst Magenschmerzen bescheren.

Die Griechen mögen verdrängt haben, dass noch vor nicht langer Zeit z. B. Hunderttausende von ihnen Rente (von EU-Steuergeldern) bezogen, obwohl die Empfänger schon viele Jahre verstorben waren. Auch andere Arten wilden Missbrauchs von Sozialsystemen waren landesweit routinemäßig Gang und Gäbe. Doch der Krug ging solange zu Wasser, bis die Brüsseler Sparkommissare nach gründlicher Durchforstung der sozialen Landschaften dieser Art Auffassung von EU-Mitgliedschaft weitgehend ein Ende setzten.

Auf der anderen Seite und aus heutiger Sicht der Bevölkerung, von der natürlich nicht alle während der "goldenen Zeiten" fast unbegrenzter ausländischer Finanzhilfen derartigen Sozialbetrug verübten, ergibt sich jetzt folgende Perspektive: 'Wir haben in wirklich demokratischer Art und Weise uns eine neue Regierung gewählt, die uns große Hoffnung gibt. Wenn uns jetzt keine Abhilfe geboten wird, taugt unsere Demokratie nichts.'

Und dieses Argument gilt bei weitem nicht nur in Griechenland. Auch anderswo zweifelt man das "demokratische System" mittlerweile insgeheim an. Totalüberwachung des gläsernen Bürgers, massive Meinungsmanipulation, fortlaufende Beschneidung der bürgerlichen Freiheiten und Rechte, und langsames gewolltes Sterben der Mittelklasse Diagnose: 'Demokratieverständnis auf abschüssiger Bahn.'

Außerdem fragen sich viele - und dies zu Recht: Wieso verlassen wir nicht den Euro und führen unsere eigene Währung wieder ein? England, Schweden. Norwegen und Dänemark beispielsweise, fahren sehr gut ohne Euro. Die drei skandinavischen Kronen haben sogar schon lange vor dem Dollar- und Frankenboom in den letzten zwei Jahren gegenüber dem Euro kräftig aufgewertet. Also taugt der Euro nicht viel, zumal er gerade gegenüber einer im Grunde so kranken Währung wie dem großen Dollar und auch gegen den vergleichsweise gesünderen kleinen Schweizer Franken im Kurs immer weiter in die Tiefe sinkt und an Kaufkraft und Substanz verliert wie ein angestochener Getreidesack.

Doch noch regieren die Zentralbanken und ihr Hofstaat die Welt und da wird es keine abweichlerischen Mätzchen von ihren Diktaten geben. Und was die Griechen betrifft: Dem Rausch folgt bekanntlich immer der Kater und niemals die (Schmuse-) Katze.

Wie geht es weiter? Eines steht fest: Es wird mit absoluter Sicherheit einen Gewinner geben. Wen? Sie haben es erraten: Die (fast schon) gottgleiche Bankenbranche!


© Prof. Hans-Jürgen Bocker
www.profbocker.ch


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