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Die Niedrigzins-Falle

24.05.2004  |  Redaktion
Jahresinflation: 10,5% in den Vereinigten Staaten, 19% in Italien, 6,5% in der Schweiz und 6% in Deutschland. Ein böser Traum? Die Zahlen stammen aus der "amtlichen Verbraucherpreisstatistik 1981". Wir vergessen schnell und verdrängen alles Unangenehme.

Vor einem Vierteljahrhundert mussten die Sparer mit empfindlichen Kaufkraftverlusten die Zeche für die grosse Ölpreishausse der 70er Jahre bezahlen, mit der damals "die Scheichs" die westliche Welt beglückten, aber nicht aus den Angeln hoben. In den USA gelang es dem energiegeladenen Präsidenten Ronald Reagan, das Vertrauen zu Amerika und zum Dollar wieder herzustellen. Die Inflationsraten gingen zurück. Die Wirtschaft wuchs wieder, das war die "Ouvertüre" für den grossen Aufschwung und für die Riesenhausse an den Weltbörsen, bis alles 2001 zusammenbrach.

Die Weltwirtschaft verläuft zyklisch, ständig zwischen Hoffen und Bangen an den Märkten. Aber - die Welt geht nicht unter. Der Massenwohlstand ist - bis hin zu den Entwicklungsländern - innerhalb von 25 Jahren um das Vielfache gestiegen. Das muss jetzt mit Kaufkraftverlusten bezahlt werden.

Mit heiler Haut kamen bisher wieder die Sachwertbesitzer davon. Die Immobilienpreise haben erheblich angezogen. Nehmen wir einen "Muster-Sparer", der 1970 100.000 Franken oder DM besass und in Aktien investierte. Er war im Jahre 2000 Millionär. Eine schöne Rechnung - aber realitätsfern. Ein Deutscher hatte erst einmal 1948 seine Reichsmarkersparnisse 10:1 in DM getauscht bekommen. Nicht allen gelang es, bis zu den 70er Jahren überhaupt wieder 100.000 DM anzusparen.

Die meisten "Altsparer" leben heute gar nicht mehr. Deren Kinder beginnen jetzt erst mit dem Aufbau von Vermögen. Von der Börsen-Hausse bis 2001 haben sie noch wenig profitiert. Sie kämen vom Regen in die Traufe, wenn sie Opfer einer neuen Inflationsperiode werden sollten.

Nun lesen wir alle Tage von den riesigen Schuldenbergen, welche die Regierungen aufgebaut haben. Horrorszenarien über eine neue Superinflation werden allenthalben verbreitet: Wer in Geldwerten spart, muss sich fragen lassen, ob er nicht zu den Dummen gehöre, die sehenden Auges ins Unglück laufen und ihr Geld wieder einmal verlieren werden.

Das ist die Situation, in der wir uns heute befinden. Sie ist zweifellos ernst. Aber es ist möglich, dass nach weiteren 25 Jahren wieder jemand fragen wird: "Wissen Sie noch, wie’s 2004 war?"

So liegt es nahe, zu versuchen, die vermutlich steigenden Geldentwertungsraten zu überspielen. Einfach wieder in Sachwerten sparen? So leicht ist es diesmal nicht. Das viele leichte Geld hat schon seit einigen Jahren das Sachwertsparen animiert. Die Sachwerte sind teuer geworden, zuweilen sogar sehr teuer. Ein anderer Unterschied: In den 70er Jahren hatten die Notenbanken zur Inflationsbekämpfung das Geld extrem verknappt und verteuert. Die Diskontsätze stiegen bis über 10%. Dies hatte zu schweren wirtschaftlichen Verwerfungen geführt. Heute leben wir dagegen im Zinsparadies: In Japan und in der Schweiz fast Null-% Zentralbankgeld, im Dollarraum 1% und im Euroraum 2%. Die Notenbanken schütten das Geld geradezu aus. Aber "die Pferde saufen heute nicht". Die grosse Geldmenge wirkt noch weniger inflationär als in den 70er Jahren. Billiges Geld ist wegen der schlechten Konjunktur vertretbar. Das kommt den Schuldnern zugute. Die Zinserträge aus Anleihen sind wenig attraktiv. Dies ist die Mutter der Aktien-Hausse gewesen. Die vorläufig erwartete Inflation ist in den heutigen Aktienkursen vielfach schon vorweg bezahlt.

Vorläufig wird das Geld noch sehr billig bleiben. Fachleute sprechen aber von einer "Niedrigzinsfalle". Wenn eines Tages das Geld verteuert werden muss, können die Preise für Sachwerte zusammenbrechen. Die Zinsfalle schnappt dann zu. Vorläufig halten die Zentralbanken aber noch still.


© Swiss Media Consult AG

    Auszug aus dem monatlich erscheinenden "Perspektiven Brief" (03/2004)
    -Der unabhängige Schweizer Brief für Internationale Kapitalmarkt-, Steuer- und Wirtschaftsfragen-







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