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Goldkäufe der Chinesischen Zentralbank: Fakten vs. Spekulation

22.05.2015  |  Jan Nieuwenhuijs
Wir kommen dem Zeitpunkt immer näher, an dem die chinesische Zentralbank (Peoples Bank of China, PBOC) enthüllen wird, dass sie mehr Gold in Reserve hält, als sie seit 2009 offengelegt hat - sprich 1054 Tonnen. In diesem Artikel werden wir noch einmal alle Informationen analysieren, die sich bezüglich der Goldkäufe der PBOC finden lassen.

Eine exakte Vorstellung von der genauen Größe der offiziellen Goldreserven Chinas zu bekommen, ist leider unmöglich. Wenn wir aber verstehen, warum das so ist, wird dieses “Unwissen“ tatsächlich zu einem Teil des Puzzles. Ziel dieses Beitrags ist es, einen Überblick über alle verfügbaren Daten und Anhaltspunkte zu geben, damit sich Fakten von Spekulation trennen lassen. Ausgehend davon werden wir im Verlauf dieses Artikels Schätzungen anstellen, wie hoch die oberirdischen Goldbestände auf dem chinesischen Festland sind - das betrifft die offiziellen Bestände (der PBOC) als auch die privaten Goldreserven.

Wie ich schon in vielen Artikeln geschrieben habe, kauft die PBOC kein Gold über die Schanghaier Goldbörse (Shanghai Gold Exchange, SGE) an. Somit müssen die Goldkäufe der PBOC auf jene Metallflüsse aufgeschlagen werden, die durch die berühmte Börse in Schanghai fließen. Ich halte es aber nicht für notwendig, diese Hypothese an dieser Stelle noch einmal durchzudiskutieren. Ich sagen Ihnen was ich weiß und was ich denke.

Wir haben einen recht guten Überblick darüber, wieviel Gold durch die SGE fließt und wie viel davon netto nach China importiert wird, von wo es nicht mehr ausgeführt werden darf und somit im Hauptland akkumuliert wird (zu den Regeln für den chinesischen Goldhandel lesen Sie bitte diesen Artikel).

Rechnet man anschließend noch die Binnenproduktion der chinesischen Bergbaufirmen hinzu, lässt sich abschätzen, wie viel Gold die Chinesen insgesamt in Reserve halten. Doch werden all diese SICHTBAREN Goldflüsse auch tatsächlich von der PBOC erworben?

Und falls nicht, wie viel kauft die PBOC im Ausland zusätzlich zu jenen SICHTBAREN Flüssen an, welche wir anhand der Goldflüsse nachverfolgen können, die über die SGE in das chinesische Festland fließen? Diese Fragen werden die Startrampe für unsere Nachforschungen bilden.

Vielleicht sollten Sie zuvor diesen grundlegenden Artikel über die Funktionsweise des chinesischen Goldmarktes lesen.


Warum kauft die PBOC kein Gold über die Schanghaier Goldbörse (SGE)?

1) Zum besseren Verständnis der Problematik wäre es vielleicht hilfreich, sich zu fragen, warum die PBOC überhaupt Gold ankaufen sollte. Listen wir hier also alle möglichen Anreize auf. Für die Goldankäufe der chinesischen Zentralbank gibt es die folgenden Hauptgründe:

  • Stützung des Wertes des Renminbi in Hinblick auf die Internationalisierung der chinesischen Währung (Stärkung des Vertrauen und der Glaubwürdigkeit)

  • Besitz harter Währung als Grundstein des Kapitalismus

  • Besitz von Reserven, die die chinesische Wirtschaft vor externen/ internen Schocks und Inflation schützen

  • Besitz von Reserven, die nicht durch ausländische Nationen (die USA) kontrolliert werden

  • Diversifikation der übergroßen US-Dollar-Reserven

  • Absicherung dieser US-Dollar-Reserven

  • Aufhebung der Hegemonie des US-Dollars

Nach dem Lesen dieser Punkte müsste eigentlich klar geworden sein, dass die PBOC lieber Gold mit Devisenreserven ankaufen würde als mit Renminbi. Chinas Devisenreserven haben eine Wert von aktuell ca. 3,7 Billionen $. Sie werden zum größten Teil in US-Dollar gehalten. Die derzeitigen Goldbestände in den Bilanzen der PBOC stehen in keinem Verhältnis zu den gehaltenen US-Dollarmengen. Also muss die PBOC US-Dollar gegen Gold tauschen (weniger US $, mehr Gold).

An der SGE läuft der Goldhandel ausschließlich über Renminbi. Das bedeutet auch, dass die PBOC an dieser Börse keine US-Dollars gegen Gold tauschen kann. Aus diesem Grund ist es viel wahrscheinlicher, dass die Zentralbank Gold im Ausland kauft. Also müsste man diese Mengen zu den SICHTBAREN Goldflüssen, die über die SGE ins Hauptland kommen, addieren. (Wir werden später noch ein paar Rechnungen anstellen.)

2) Anzumerken ist auch, dass die SGE eine Tochterunternehmung der chinesischen Zentralbank ist. Im Jahr 2002 gründete die PBOC die Schanghaier Goldbörse für den heimischen Goldmarkt. Chinesische Bürger sollten Gold in Renminbi handeln können. Die hier erhältlichen Goldbarrengrößen variieren von 50 Gramm bis 12,5 kg, obgleich das Handelsvolumen des 12,5 kg-Kontrakts (Au99.5 und iAu99.5) seit jeher gegen Null geht.

Es werden nur Barren von 50 g, 100g, 1 kg und 3 kg gehandelt - und das sind die Größen für kleinere Akteure. Es ist zugleich ein Hinweis darauf, dass die PBOC wahrscheinlich kein Gold über die SGE ankauft (Gold in Form von 12,5 kg-Barren ist billiger und attraktiver für Käufer wie die PBOC).

3) Wir wissen nicht viel über die tatsächliche Größe der offiziellen Goldreserven Chinas, weil diese eines der bestgehüteten Geheimisse Chinas sind. Die PBOC kauft Gold unter völliger Geheimhaltung, weil es ansonsten Auswirkungen auf die Märkte und die Geopolitik hätte. Aus der strategischen Perspektive der PBOC betrachtet, stellt sich also die Frage: Warum sollte die Zentralbank beim Goldkauf auch nur die kleinste Spur hinterlassen? Warum sollte die PBOC Gold über die SGE ankaufen, wenn die gesamte Welt es sehen könnte? Meiner Meinung nach würde sie das nicht tun.

4) Warum sollten leicht rückverfolgbare Goldmengen aus Hongkong, Großbritannien, der Schweiz, Australien oder Singapur ins chinesische Festland exportiert werden, um dort in die PBOC zu gelangen?

Alle (physischen) Goldhandelsgeschäfte auf der Erde, die SICHTBAR sind (d.h. die in den Zollberichten auftauchen), werden als “nicht-monetär“ klassifiziert (normalerweise unter den Zolltarifpositionen oder HS-Codes: 7108.1100, 7108.1200, 7108.1310 oder 7108.1380). “Monetäres Gold“ taucht hingegen nicht in den Zollberichten auf (der HS-Code 7108.2000, der solche Daten enthält, ist nicht öffentlich einsehbar).

Ich halte es für nicht wahrscheinlich, dass die PBOC darauf bestehen sollte, dass die betreffenden Exportländer dieses Gold als nicht-monetär klassifizieren, damit die ganze Welt es sehen kann. Schließlich lassen sich die Goldlieferungen ohne größere Probleme als monetäres Goldgeschäft tarnen. Somit sind alle SICHTBAREN Goldexporte nach China meiner Meinung nach keine Goldkäufe der chinesischen Zentralbank.

Um den Unterschied zwischen “monetären“ und “nicht-monetären“ Goldhandelsgeschäften zu verdeutlichen, wollen wir einen Blick nach Großbritannien werfen. Noch vor ein paar Jahren waren keine öffentlichen Daten zu Goldhandelsbewegungen in und aus dem Vereinigten Königreich (via London Bullion Market) verfügbar. Wie ich vom britischen Zoll 2014 erfuhr, hatten sich alle Goldimporte und -exporte hinter dem HS-Code 7108.2000 (monetär) versteckt. Man schrieb mir:



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