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Griechenland: Geopolitik siegt über Ökonomie

19.06.2015  |  John Browne
Angesichts stets ausbleibender Fortschritte in den Verhandlungen über die griechischen Schuldenrückzahlungen zeigt sich die Finanzwelt mit Blick auf einen möglichen Austritt Griechenlands aus der Europäischen Union immer angespannter und verkrampfter.

Diese Unsicherheit macht sich in “Hoch- wie Niedrigfinanz“ breit und zeigt sich in Form von kräftigen Verkaufswellen an den Anleihemärkten (hier besonders Staatsanleihen der EU-Länder und Griechenlands) sowie verstärkten Barabhebungen bei griechischen Banken, denn misstrauische Einleger befürchten inzwischen Kapitalkontrollen im Austrittsfall.

Alle beteiligten Parteien sollten lieber etwas durchatmen. Trotz der fast nicht vorhandenen finanziellen Integrität Griechenlands können sich weder die NATO noch die EU die politischen Folgekosten eines Ausstiegs Griechenland aus der Europäischen Union leisten.

Den EU-Verhandlungsführern sitzt ein inakzeptables Gespenst im Nacken: Würde die EU Griechenland den Laufpass geben, könnten Russland oder gar China einspringen. Diese könnten Griechenland Finanzierung gewähren, im Gegenzug hätte Griechenland eine feste strategische Stellung in Westeuropa und eine Brücke ins östliche Mittelmeer zu bieten.

Eine solche Möglichkeit wäre Europa unerträglich. Kurz gesagt: Die möglichen Folgewirkungen für die internationale Politik werden alle ökonomischen oder finanziellen Bedenken übertrumpfen.

Wie wir vor einigen Monaten in dieser Kolumne berichtet hatten, wurde das moderne Griechenlands nicht nur einmal als Bollwerk gegen unerwünschte Einfälle genutzt.

In den 1820er Jahren finanzierten und unterstützten westliche Mächte die Unabhängigkeit Griechenlands von der ottomanischen Türkei, um den türkischen Einfluss im Mittelmeerraum zu begrenzen und zurückzudrängen. Im 20.Jh. war Griechenland eine entscheidende Kampfzone im Kalten Krieg. Der Westen zahlte willig einen hohen Preis, um zu verhindern, dass das sozialistische Griechenland letztlich an die Sowjetunion fiele.

Obgleich Griechenland riesige Geldbeträge aus dem Ausland erhielt, erwiesen sich die griechischen Regierungen als notorisch schwach, was nicht zuletzt auch zum stetigen wirtschaftlichen Niedergang der Nation beitrug. Mit der Entscheidung für großzügige sozialistische Sozialprogramme und zutiefst antikapitalistische Regulierung entschieden sich Griechenland auch für unverantwortlich hohe Schuldenaufnahme, um diesen Verpflichtungen nachzukommen.

Um den Aufstieg des Kommunismus zu verhindern, würden im Rahmen der Gründung der Europäischen Union (EU) energische Anstrengungen unternommen, um Griechenland Teil der EU werden zu lassen. Das förderte die heimliche Akzeptanz unwahrer Wirtschaftsstatistik, die bei Griechenlands Beitritt zur EU und zur Eurozone halfen.

Der Euro-Eintritt verschaffte Griechenland Zugang zu gewaltigen Mengen billigen Kredits, der zum großen Teil unter der falschen Annahme gewährt wurde, dass ein baldiger Zusammenschluss zu einer vereinten politischen Union auch eine EU-Garantie für die griechischen Schulden beinhalte.

In ähnlicher Weise waren zum Beispiel Investoren davon ausgegangen, dass die Schulden der Eigenheimfinanzierer Freddy Mac und Fannie Mae eine “implizite“ Garantie der US-Regierung trugen.

Auch im Fall von Fannie und Freddy (deren Untergang nach Meinung vieler die USA in eine schwere Depression gestürzt hätte) waren die politischen Kosten eines Bankrotts inakzeptabel hoch. Somit mussten die finanziellen Kosten dieses technischen Bankrotts von den Staatsbürgern getragen werden.

Im Fall Griechenland kommt hinzu, dass große Teile der griechischen Schulden über die letzten Jahre hinweg aus den Bilanzen der EU-Banken zu den EU-Mitgliedsstaaten transferiert wurden, welche die überaus absurde Fähigkeit haben, die schlechten Schulden auf zukünftige Staatsbürgergenerationen übertragen zu können.


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