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Der Euro kommt unter Druck

31.10.2016  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Ihre "Rettungspolitik" konnte im Wesentlichen darauf beschränkt bleiben, die Zinsen auf Rekordtiefstände zu drücken. Dazu wurden Anleihen gekauft und der Depositenzins in den Negativbereich gedrückt. Die niedrigen Zinsen haben strauchelnden Schuldnern Erleichterung verschafft - und die Notwendigkeit vermindert, die elektronische Notenpresse noch schneller laufen zu lassen.

Zudem konnte sich die EZB darauf beschränken, den Euro-Banken neues (Basis-)Geld bereitzustellen. Das neu geschaffene Geld ist bislang gewissermaßen in den Bankbilanzen "eingeschlossen". Es ist bislang nicht in die Kassen von Unternehmen und Konsumenten geflossen, und folglich ist es auf der Endverbraucherstufe auch noch nicht zu merklichen Preissteigerungen gekommen.

Es gibt Gründe, warum die Politik der offenen und höheren Inflation bislang noch nicht gewählt wurde. Offene und hohe Inflation ist eine für alle Bevölkerungsgruppen unmittelbar erkennbare Belastung. Unter ihr leiden vor allem kleinere und mittlere Einkommen. Inflation reduziert ihre realen Einkommen, lässt sie regelrecht verarmen - und schafft politischen Sprengstoff.

Daher wird sich der Staat mit seiner Zentralbank zunächst alle anderen Einnahmequellen erschöpfend bedienen (Besteuerung, vor allem aber der Verschuldung), bevor er dazu übergeht, seine Haushaltslücken durch Drucken von neuem Geld zu finanzieren.

Der Ökonom Ludwig von Mises (1881 - 1973) hatte eben diese Logik vor Augen, als er im Januar 1923 schrieb, "daß eine Regierung sich immer dann genötigt sieht, zu inflationistischen Maßnahmen zu greifen, wenn sie den Weg der Anleihebegebung nicht zu betreten vermag und den der Besteuerung nicht zu betreten wagt, weil sie fürchten muß, die Zustimmung zu dem von ihr befolgten System zu verlieren, wenn sich seine finanziellen und allgemein wirtschaftlichen Folgen allzu schnell klar enthüllen.

So wird die Inflation zu dem wichtigsten psychologischen Hilfsmittel einer Wirtschaftspolitik, die ihre Folgen zu verschleiern sucht. Man kann sie in diesem Sinne als ein Werkzeug antidemokratischer Politik bezeichnen, da sie durch Irreführung der öffentlichen Meinung einem Regierungssystem, das bei offener Darlegung der Dinge keine Aussicht auf die Billigung durch das Volk hätte, den Fortbestand ermöglicht." (1)

Durch die Zinsmanipulation ist es der EZB gelungen, die Konjunktur im Euroraum zu stabilisieren und einen breit angelegten Vertrauensverlust in die Einheitswährung abzuwenden. Doch wird das zurück zur "Normalität" führen?

Vermutlich nicht. Vielmehr ist mit einer breit angelegten Monetisierung von Euro-Schulden zu rechnen. (2) Eine fortgesetzte Schuldenmonetisierung im Euroraum wird Folgen für den Euro-Außenwert haben.


Starker Dollar, steigender Goldpreis

Der Euro-Außenwert hat bereits seit Ende September deutlich gegenüber dem US-Dollar nachgegeben. Vermutlich ist dafür der zunehmende Zinsvorteil von US-Dollar-Anlagen verantwortlich: Die US-Zentralbank stellt in Aussicht, ihren Leitzins entweder im November, spätestens aber im Dezember um 0,25 Prozentpunkte auf 0,75 Prozent anzuheben. Das lockt bereits internationales Kapital in den US-Dollarraum. Eine steigende Nachfrage nach US-Dollar lässt vermuten, dass der Außenwert des Greenback (noch weiter) ansteigen wird. Traditionell hat ein steigender US-Dollar-Außenwert den Goldpreis gedeckelt: Nimmt das Vertrauen in die US-Währung zu, schwindet das Interesse am Gold und der Goldpreis gibt nach.

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Quelle: Thomson Financial. Steigt (fällt) die dunkle Linie, so wertet der US-Dollar gegenüber den Handelspartnerwährungen auf (ab).

Angesichts der angespannten Lage in der internationalen Finanzarchitektur ist es alles andere als unwahrscheinlich, dass der Goldpreis weiter zulegt, trotz eines aufwertenden US-Dollars. Investoren werden sich nicht allein auf den US-Dollar als "sicheren Hafen" verlassen wollen. Und zudem kann nicht damit gerechnet werden, dass in Amerika der Zins auf Höhen steigt, die dem Anleger eine positive Verzinsung nach Abzug der Inflation sichert.

Für langfristig ausgerichtete Anleger aus dem Euroraum ist und bleibt Gold daher attraktiv: Das Halten von Gold bietet dem Anleger eine Möglichkeit, sich vor der Euro-Entwertungspolitik der EZB zu schützen: Er profitiert von einem Absacken des Euro-Außenwertes gegenüber dem Greenback und hat zudem die Chance, dass der Goldpreis in US-Dollar gerechnet weiter ansteigt.

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Abbildung links: Quelle: Thomson Financial
Abbildung Mitte: Quelle: Thomson Financial. *2-jährige Renditen der Staatsanleihen
Abbildung rechts: Quelle: Thomson Financial


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH


(1) Mises, L. v. (1923), Die geldtheoretische Seite des Stabilisierungsproblems, S. 32.

(2) Siehe hierzu Degussa Marktreport, "Schuldenmonetisierung soll Euro-Crash abwenden", 19. August 2016.





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