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Wie inflationäres Geld Sie ärmer macht

19.10.2019  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Inflation - die Entwertung des Geldes - ist immer und überall ein monetäres Phänonomen. Heutzutage wird die Inflation verschleiert, nur wenige erkennen sie und können ihr ausweichen; nicht weniger gefährlich ist die Null- und Minuszinspolitik.

Jeder kennt vermutlich den Begriff “Inflation”. Weniger bekannt ist jedoch, was Inflation eigentlich ist, und was sie alles anrichtet. Der Begriff Inflation stammt vom lateinischen Wort inflare und heißt so viel wie “aufblähen”. Heutezutage wird Inflation als das “Aufblähen” aller Güterpreise verstanden: Wenn also nicht nur wenige Güterpreise, sondern die Güterpreise insgesamt im Zeitablauf in die Höhe steigen. Eine solche Sichtweise hat in gewisser Weise ihre Berechtigung.

Denn steigen die Güterpreise, nimmt die Kaufkraft des Geldes ab. Beispiel: Sie besitzen 1 Euro. Wenn 1 Apfel 1 Euro kostet, so beträgt die Kaufkraft Ihres Euro 1 Apfel (also 1 Euro geteilt durch 1 Euro pro Apfel). Verdoppelt sich der Preis des Apfels auf, sagen wir, 2 Euro - inflationiert also der Apfelpreis -, sinkt die Kaufkraft ihres Euro um die Hälfte, auf 0,5 Äpfel (das heißt 1 Euro geteilt durch 2 Euro pro Apfel). In diesem Sinne ist Inflation gleichbedeutend mit steigenden Güterpreisen beziehungsweise mit einem Absinken der Kaufkraft des Geldes.

In früherer Zeit wurde Inflation jedoch in einem anderen Sinne verwendet. Man verstand unter Inflation das Aufblähen der Geldmenge. Das hatte den Vorteil, dass man damit direkt die Ursache des Güterpreisansteigs benannte - während steigende Güterpreise nur das Symptom der Geldmengenausweitung sind. Die Einsicht kam so zum Ausdruck, dass Inflation immer und überall ein monetäres Phänomen ist. Denn gäbe es kein Geld, dann würden nur Güter gegen Güter getauscht (wie es in der "Naturaltauschwirtschaft" geschieht), und es gäbe hier keine Inflation - keine allgemein steigenden Güterpreise (und natürlich auch keine steigende Geldmenge).

Wenn die Geldmenge in der Volkswirtschaft ausgeweitet wird, steigen früher oder später die Güterpreise. Genauer: Die Güterpreise fallen dann höher aus, als sie ohne eine Geldmengenvermehrung ausgefallen wären. Heutzutage erhöhen die staatlichen Zentralbanken, die das Geldproduktionsmonopol innehaben, die Geldmengen unaufhörlich. Man kann daher sagen, dass die Zentralbanken eine chronisch inflationäre Geldpolitik verfolgen.

Und egal welcher Inflationsdefinition man anhängt: Das tritt im Politikziel der Zentralbanken ganz offen zutage: Die Inflation der Konsumgüterpreise soll jedes Jahr um etwa 2 Prozent in die Höhe getrieben werden. Steigen die Preise jedes Jahr um 2 Prozent, schwindet die Kaufkraft des Geldes in eben dieser Höhe. Gleichwohl spricht man beschönigend von "Preisstabilität", wenn die Preise um etwa 2 Prozent pro Jahr zulegen. Welch ein Irrtum, was für eine Täuschung!

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Die Gewinner, die Verlierer

Erhöht die Zentralbank die Geldmenge, steigen nicht alle Güterpreise sofort und unmittelbar und mit gleichen Raten in die Höhe. Vielmehr steigen unterschiedliche Güterpreise zu unterschiedlichen Zeitpunkten und mit unterschiedlicher Geschwindigkeit an. Es ist also nicht etwa so, dass alle Marktakteure gleichzeitig unter dem gleichen Kaufkraftschwund ihres Geldes leiden.

Steigen beispielsweise die Ölpreise an, erleiden diejenigen Kaufkraftverluste, die ihr Heim mit einer Ölheizung wärmen. Diejenigen hingegen, die Brennholz verwenden, bleiben (zunächst) vor dem Geldwertschwund verschont. Mit anderen Worten: Eine Geldmengenausweitung und die Preiswirkung, die sie verursacht, trifft unterschiedliche Menschen in ganz unterschiedlichem Ausmaß.

Und noch etwas: Wenn die Zentralbank die Geldmenge in der Volkswirtschaft ausweitet, bekommen nicht alle zur gleichen Zeit etwas davon ab. Die Erstempfänger sind in der Regel die Bankkreditnehmer. Denn für sie wird neues Geld “aus dem Nichts” geschaffen. Und mit dem neuen Geld können sie Güter zu herrschenden Preisen kaufen. Das neue Geld “wandert” nachfolgend gewissermaßen von Hand zu Hand, und wenn es zu Käufen verwendet wird (wenn also das neue Geld gegen Güter getauscht wird), steigen auch die Güterpreise. Folglich sind die Spätempfänger des neuen Geldes die Verlierer: Sie können mit ihrem Geld nur noch Güter kaufen, deren Preise bereits angestiegen sind.

Daraus folgt: Ein Ausweiten der Geldmenge begünstigt die Einkommen und Vermögen der Erstempfänger des neuen Geldes auf Kosten der Spätempfänger.

Wer also nahe an den Kanälen sitzt, durch die die Zentralbank die neue Geldmenge in die Volkswirtschaft pumpt, zählt in der Regel zu den Gewinnern der Geldmengenvermehrung. Wer hingegen weit entfernt von diesen Kanälen sitzt, hat das Nachsehen. Banken, die Finanzindustrie, aber vor allem die Kreditnehmer zählen in der Regel zum Kreis der Begünstigten. Kleinsparer, Handwerksbetriebe und alle anderen, die wenig oder gar keine Geschäftskontakte zu den Begünstigten der Geldmengenvermehrung haben, geraten einkommens- und vermögenstechnisch ins Hintertreffen. Denn sie bekommen erst vergleichsweise spät, wenn überhaupt, etwas von der Geldmengenvermehrung ab.

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