Gold und Silber in 2020: Bullenmärkte, keine Blasenmärkte
25.01.2020 | Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Ein solches Vorgehen zielt vielmehr darauf ab, Abweichungen aufzuspüren, die zwischen dem aktuellen und dem (vorsichtig) geschätzten Goldpreis auftreten. Derartige Über- oder Unterbewertungen geben Hinweise, ob das Gold "zu teuer" oder "zu billig" ist. Derzeit legt das Verfahren, das wir verwenden, einen Goldpreis von ungefähr 1.700 USD/oz Ende 2020 nahe. So gesehen hat der aktuelle Goldpreis von etwa 1.550 USD/oz noch merklich Steigerungspotential - das natürlich höher ausfällt, sollten es zu krisenhaften Entwicklungen kommen.Silber. - Der Goldpreis gibt die Preistendenz für das Silber vor. Allerdings halten wir die Wahrscheinlichkeit für relativ groß, dass der Silberpreis deutlich stärker zulegen wird als der Goldpreis. Der Silberpreis hat sich in den letzten Jahren ungewöhnlich stark vom Goldpreis abgekoppelt, eine Entwicklung, die durch das Überangebot in den letzten Jahren zu erklären sein mag. Mittlerweile deutet sich jedoch eine Angebotsverknappung an, und die Wahrscheinlichkeit nimmt zu, dass der Silberpreis anziehen und Ende 2020 bei ungefähr 25 USD/oz liegen könnte; das entspräche, ausgehend vom aktuellen Silberpreis, einem Preiszuwachs von etwa 40 Prozent.
Platin und Palladium. - Die Preisperspektiven des Platins und des Palladiums sind gemeinsam zu betrachten. Vor allem die erwartete Veränderung in der Nachfragestruktur von Platin und Palladium hat in den letzten Jahren den Platinpreis fallen und den Palladiumpreis sehr stark ansteigen lassen. Da zwischen beiden Weißmetallen - technisch gesehen - doch eine gewisse Substitutionsbeziehung besteht, und weil der jüngste Anstieg des Palladiums so fulminant ausgefallen ist, raten wir dem Anleger, hier besonders umsichtig zu sein: Er sollte auf Platin und nicht auf Palladium setzen. Der Platinpreis dürfte 1.256 USD/oz erreichen +25 Prozent), der Palladiumpreis 1.536 USD/oz (-38 Prozent).
Empfehlungen für Anleger
Wenngleich der internationale Aufschwungzyklus im laufenden Jahr vermutlich noch anhalten wird, steigen doch die Abwärtsrisiken - nicht zuletzt auch weil der Aufschwungzyklus sich vermutlich bereits in der "späten Phase" befindet. Das stellt besondere Herausforderungen an den umsichtigen Anleger: Er sollte nicht zu früh aus den Finanzmärkten aussteigen: Denn wenn die Vermögenspreisinflation (noch) länger läuft (als gedacht), entgehen ihm mitunter hohe Preiszuwächse; und gleichzeitig darf der Anleger die Risiken, denen er ausgesetzt ist, nicht aus dem Auge verlieren.
Die Anlageziele sind von einer Person zur anderen meist recht unterschiedlich: Private Anleger gehen anders vor als institutionelle Anleger; und risikofreudige Investoren handeln anders als risikoscheue Investoren. Nachstehend seien daher nur einige ganz grundsätzliche Empfehlungen aufgeführt in der Hoffnung, dass sie für eine möglichst große Zahl der Leser dienlich sind:
Geldhaltung verringern: Die Zentralbanken setzen die Kaufkraft des Geldes herab. Deshalb sollte der Anleger möglichst geringe Kassenbestände halten. Es bietet sich beispielsweise an, Termin- und Spareinlagen, die für langfristige Vorsorgezwecke gehalten werden, in physisches Gold zu tauschen (und zu einem Teil auch in physisches Silber).
"Euro-Klumpenrisiko" meiden: Der Euro ist und bliebt besonders krisenanfällig. Daher sollte der Anleger ein "Euro-Klumpenrisiko2 vermeiden. Dazu empfiehlt es sich, Gold (und auch Silber) als Teil der liquiden Mittel zu halten. Anleger, die weiterhin offizielle Währungen zu halten wünschen, sollten überlegen, in US-Dollar und Schweizer Franken (und zwar in Bargeldform) auszuweichen.
Vorsicht bei klassischen Zinsprodukten: Wer nicht vorhat, Euro-Geldmarkt- und -Rentenfonds "aktiv" zu managen, sollte aus diesen Anlageklassen aussteigen beziehungsweise sie meiden: Die Renditeaussichten sind hier im besten Falle sehr beschränkt - vor allem nach Abzug von Inflation und Steuern. Wer dennoch Zinstragendes sucht und keine Sorge hat, dass der US-Dollar gegenüber dem Euro an Wert verliert, der kann zum Beispiel auf US-Anleihen setzen: Damit lassen sich noch positive Coupons verdienen, und der langfristige Zinsabwärtstrend stellt zudem noch die Möglichkeit von Kursgewinnen in Aussicht.
Auf "Vermögenspreisinflation" setzen: Die Bäume wachsen zwar nicht in den Himmel. Aber es erscheint uns doch recht wahrscheinlich zu sein, dass der Preisanstieg auf den Vermögensmärkten (den Märkten für Aktien, Häuser und Grundstücken) noch weitergeht. Daher sollte der Anleger zumindest mit einem Teil seines Portfolios in diesen Vermögensgütern investiert bleiben, vor allem auch um sich gegen den Kaufkraftverlust des Geldes zu schützen.
Kosten senken: Der Anleger sollte die Kosten für die Konten- und Depothaltung möglichst gering halten. Er sollte mit seiner Hausbank hart (nach-)verhandeln und nicht scheuen, gegebenenfalls auch an Anbieter zu wechseln. Denn: Je geringer die Kosten für zum Beispiel Kauf und Verkauf von Wertpapieren sind, desto höher fällt auch die Investitionsrendite aus!
© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH
¹ Siehe hierzu Krall, M. (2017), Der Draghi-Crash: Warum uns die entfesselte Geldpolitik in die finanzielle Katastrophe führt, FinanzbuchVerlag, München.