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Glosse: Metall-Exoten und ihre Heilsbringer

16.07.2007  |  Hans Jörg Müllenmeister
Blasenartige Anomalien der Rohstoffmärkte tauchen alle Jahrzehnte auf. Bereits im Vorfeld rollen vermehrt selbstgekürte Gurus wie Falschgeld durch die Lande und verheißen Heil und Segen in Gold und Silber.
  • Da gab es den umtriebigen "Aktien-Bäcker" Markus Frick, der Aktien windiger Rohstoffminen wie warme Semmel anpries - ähnlich dem eines Karnevalsprinzen, der Karamellen unters Narrenvolk wirft. Dazu passend ausgesucht immer das richtige Quasselpodium: etwa der Kölner Karnevalstempel Gürzenich. Der Fricks gibt es viele. Immer in einem anderen Gewand, mit einer anderen Masche oder mit einer famosen Geschäftsidee. Die Historie ist voll davon, wie etwa diese Masche:

  • Da gab es schon zu Low tech-Zeiten, der legendären Goldgräberzeit, die Methode des "salting", d. h. ein unergiebiger Claim wurde mit Goldteilchen gesalzen. Der Besitzer des Claims streute Goldstaub an bestimmte Stellen und forderte den nichtsahnenden Käufer auf, den angereicherten Sand doch versuchsweise auszuwaschen, um den Handel auf der Stelle festzumachen. Ganz geschickte Anbieter besorgten das "Bestücken mit Gold" mit einer Gewehrladung feinen Goldstaubes statt des üblichen Bleischrots. Gewiefte Chinesen mit Kaufabsicht, die den Salztrick kannten, wurden trotz dieser Kenntnis an der Nase herumgeführt. Nach mehrfach unergiebigen Bodenproben warf ein Helfershelfer aus einem Versteck eine tote Klapperschlange, worauf man mit Goldschrot schoss, eben auf die Stelle, die jene Chinesen zuvor als neue Probestelle ausgewählt hatten, und schon war der Claim für die Chinesen attraktiv und kaufenswert.

  • Da gibt es das Grusel-Unternehmen LifeGem. Es fabriziert angeblich aus der kohlenstoffreichen Asche der Verblichenen synthetische, ja sogar farbige Diamanten, die im Angedenken an den Toten, als Schmuck getragen werden. Makaber, stellen Sie sich vor, dass die weichherzige Erbtante Anna posthum am Finger der Hinterbliebenen getragen, diamantgehärtet brilliert.


Alle Gurus profitieren vom beginnenden Rohstoffboom: Selbsternannte Rohstoffspezialisten füllen Bücher mit den aberwitzigen Blaupausen anderer Pseudoexperten. Eurofett honorierte Rohstoff-Seminare werden von Dampfplaudertaschen abgehalten. Willig lässt sich die Schar zur Tränke führen. Droht aber ein Rohstoffmarkt zu versiegen, zaubert man rasch eine neue Investment-Idee aus dem Hut. Konkret: Laufen mal die Edelmetalle unrund, müssen statt ihrer Exotenmetalle Hightech-Glanz verbreiten.

Die Zeit scheint reif, denn neue Applikationen in der Industrie schreien nach Metallen, die viele von uns nicht einmal namentlich kenne. Wie aber auf den rumpelnden Rohstoffzug nach Exotia aufspringen, ohne Fahrkarte und Ziel. Bei den Edelmetallen kann sich der Investor mit vielen Optionen einbringen: Aktien, Derivate, Naturware. Für den Großteil exotischer Industriemetalle gibt es aber kaum diese Auswahl an "Fahrkarten". Der Staat verbietet z.B. Uran privat zu bunkern, aber dafür gibt es Aktien von Uranminen, ja sogar einen Aktienkorb aus einem Dutzend dieser Strahlemänner. Einige Metallexoten sind "Zubrot" z.B. bei der Kupferraffination, etwa Zink und Silber. Wieder andere verbergen sich hinter dem Leitmetall in geringsten Mengen wie das Rhenium hinter dem Molybdän. So sind mir auch keine Derivate für Seltenerdmetalle bekannt.

Sei’s drum, der Privatmann möchte partizipieren vom Boom metallhaltiger Exotenkuchen, bestenfalls in physischer Form. Aber wie? Der Normalbürger macht sich auf die Wanderschaft nach physischen Möglichkeiten und wird sogar fündig. Hurra! Der verschlossene Marktzugang öffnet sich ihm wie ein Taubenschlag. Ohne Zertifikate. Kein Future versperrt ihm den Weg. Er kann direkt sein Papiergeld ummünzen in Metallwerte als zeitloses Vermögen mit besten Renditeaussichten. Wo ist da der Haken? Schließlich fußt auch die Beratung dieser Metall-Experten auf eine Jahrhunderte alte Kenntnis. Erstaunlich, wo doch die meisten dieser Hightech-Metalle erst vor 100 Jahren entdeckt wurden.

Die Argumente der neuen Finanzprodukte auf strategische Metalle sind einleuchtend, so kann das Geld in einigen Jahren in der Tat nichts mehr wert sein, dagegen kann eine Portion Tantal oder Nickel oder auch ein Sandsack voll Seltenerdmetalle ein Vermögen kosten. Wohl dem, der beizeiten derartige Exoten hinter Schloß und Riegel bringt, will heißen: diese todsicher in ein Wertdepot einlagert, das zudem security-geschützt, jederzeit zu besichtigen und versichert ist.

Und dann die riesige Auswahl. Der kaufwillige Hightechler
  • kann aus Dutzenden von Metallexoten auswählen,
  • kann diese sogar häppchenweise monatlich über ein Metall-Sparbuch aufstocken,
  • kann aber auch eine beliebige Menge eines einzelnen Zukunftsmetalls einlagern wie ein Sack Einkellerkartoffeln für magere Zeiten.





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