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Das staatliche Geldmonopol und der "Große Reset"

13.03.2021  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Die Beendigung des staatlichen Geldmonopols und die Zulassung eines freien Marktes für Geld ist vermutlich die effektivste Verteidigung gegen die Entstehung politischer Tyrannei.

Das ungedeckte Papiergeldsystem ist ein wirtschaftlich und sozial höchst problematisches System, das weitreichende und schädliche Konsequenzen hat; Konsequenzen, die vermutlich weit über die Vorstellungskraft der meisten Menschen hinausgehen. Fiat-Geld ist inflationär; es begünstigt einige wenige auf Kosten vieler; es verursacht Konjunkturzyklen; es korrumpiert das Moral- und Wertesystem der Gesellschaft; es führt zur Überschuldung; und es läuft Gefahr, letztendlich in einem großen Desaster zu enden.

Das Institute of International Finance (IIF) schätzt, dass die globale Verschuldung bis Ende 2020 auf 277 Billionen Dollar angestiegen ist, was einem Schuldenstand von 365 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP) entspräche. Die globale Verschuldung ist im Verhältnis zum BIP in den letzten Jahren immer weiter gestiegen. Mit anderen Worten: Die Schulden sind schneller angeschwollen, als das BIP gewachsen ist. Der Aufbau übermäßiger Schulden, der Weg in die Überschuldung, ist unmittelbare Folge des ungedeckten Papiergeldsystems.

Die Zentralbanken, in enger Zusammenarbeit mit den Geschäftsbanken, senken durch das Ausweiten ihres Kreditangebots den Marktzins künstlich ab und erhöhen dadurch auch die Geldmenge. Der Konsum steigt und die Ersparnis sinkt, während gleichzeitig die Investitionsausgaben steigen. Das Ergebnis dieser Politik ist, dass die Wirtschaft sprichwörtlich beginnt, über ihre Verhältnisse zu leben. Während der Einschuss von neuen Krediten und neuem Geld künstlich niedrige Zins herbeiführt und eine wirtschaftliche "Scheinblüte" in Gang setzt, muss und wird auf diesen Boom der Bust folgen.


Von der östereichischen Konjunkturzyklustherorie leren

Die monetäre Konjunkturtheorie der Österreichischen Schule der Nationalökonomie (ÖS) erklärt diese Zusammenhänge mit rigoroser Logik. Der Grund, dass der Boom zum Bust führt, ist, dass die Marktzinsen früher oder später auf ihr ursprüngliches Niveau zurückkehren, also auf das Niveau, das vor der Ausgabe von neuen Krediten vorgeherrscht hat. Nachdem der Einschuss von neuem Kredit und Geld seine Wirkung entfaltet hat - wenn er die Löhne erhöht, die Kapitalkosten gesenkt und auch alle übrigen Preise erfasst hat -, verpufft die Wohlstandsillusion, und die Marktzinsen steigen wieder an auf das ursprüngliche Niveau. Sobald aber die Marktzinsen ansteigen, bricht der Boom in sich zusammen.

Höhere Marktzinsen veranlassen die Menschen dazu, ihren Konsum zu reduzieren und mehr aus ihrem laufenden Einkommen zu sparen. Darüber hinaus erweisen sich neue Investitionsprojekte, die in Zeiten künstlich gedrückter Marktzinsen als rentabel erschienen, plötzlich als "Flops". Die Unternehmen beginnen, ihre Ausgaben zu drosseln, Stellen abzubauen und Vermögenswerte zu liquidieren. So schmerzhaft dieser Anpassungsprozess ist, so notwendig ist er allerdings auch, damit die Wirtschaft den im Boom verursachten Überkonsum und die Fehlinvestitionen korrigiert.

Als Daumenregel gilt: Je höher die Schuldenlast einer Volkswirtschaft (desto höher also das Verhältnis der Verschuldung zum Einkommen) ist, desto problematischer ist es, wenn es zu einer Rezession kommt. Im Allgemeinen verringert ein Rückgang der Produktion die Fähigkeit der Schuldner, ihren Schuldendienst zu leisten. Hat die volkswirtschaftliche Verschuldung aber bereits ein hohes Niveau erreicht, kann die Rezession dazu führen, dass viele Schuldner zahlungsunfähig werden. Das kann dann sogar die gesamte Schuldenpyramide zum Einsturz bringen und die Wirtschaft in eine Depression treiben.

Kritiker der monetären Konjunkturtheorie der ÖS mögen argumentieren, dass das ungedeckte Papiergeldsystem trotz der gewaltigen Verschuldung, für die es gesorgt hat, weder in der Krise von 2008/2009 noch in der von der Politik diktierten Lockdown-Krise von 2020/2021 zusammengebrochen ist, was bedeuten würde, dass die Theorie falsch ist. Das aber wäre vorschnell geurteilt. Denn wenn die monetären Konjunkturtheorie der ÖS auf reale Ereignisse angewendet wird, ist es wichtig (wie jeder anderen Theorie auch), die vorherrschenden "besonderen Umstände" angemessen zu berücksichtigen.

Sobald man das tut, wird deutlich, dass die Zentralbanken in den letzten Jahren die Kontrolle über die Marktzinsen übernommen haben. Die Marktzinsen werden längst nicht mehr "frei" am Markt bestimmt, sondern direkt oder indirekt von den Währungsbehörden festgesetzt. Die Zentralbanken können den Anstieg der Marktzinsen verhindern, und das tun sie mittlerweile auch. Das wiederum bedeutet, dass die Zentralbanken die korrigierenden Marktkräfte, die den Boom in einen Bust umschlagen lassen könnten, lahmgelegt haben, um auf diese Weise den Boom länger aufrechterhalten zu können. Ein Ergebnis, das der monetären Konjunkturtheorie der ÖS zunächst einmal nicht widerspricht!

Diese Politik hat nun aber Konsequenzen, die ebenfalls beachtet werden müssen. Wenn die Zentralbanken in den Kreditmarkt eingreifen, um die Pleite abzuwehren, dann verhindern sie, dass die bereits aufgelaufenen Fehlallokation korrigiert werden, und sie lösen zudem auch noch zusätzliche Fehlentwicklungen aus. Ausmaß und Umfang der unvermeidlichen Anpassungskrise in der Zukunft werden dadurch vergrößert. Mehr noch: Die Geldpolitik, die die "große Pleite" mit allen Mitteln verhindern will, spielt politischen Kräften in die Hände, die die verbliebenen Reste der freien Marktwirtschaft auch noch aus der Welt schaffen wollen.


Eine unangenehme Wahrheit: Der Staat gedeiht durch Krisen

Die politisch diktierte Lockdown-Krise hat in vielen Ländern der Welt die wirtschaftliche Aktivität gebremst und Kapital zerstört. Rezession, Firmenzusammenbrüche und Massenarbeitslosigkeit, aber auch ein verringertes Wachstumspotential sind die Folge. Um die gewaltigen Kosten der Lockdown-Krisenpolitik vor der Öffentlichkeit zu verbergen, verschulden sich die Regierungen bei ihren Zentralbanken. Das neue Geld, das dadurch geschaffen wird, überweisen die Regierungen als Transfer- und Unterstützungszahlungen auf die Konten der Konsumenten und Produzenten.

Eine wachsende Zahl von Menschen wird so abhängig gemacht von staatlichen Zuwendungen. Es bedarf nicht viel, um zu erkennen, dass dieser Prozess den politischen Interessengruppen zugutekommt, die den Staat noch mächtiger machen, die die verbliebenen marktwirtschaftlichen Elemente im Wirtschaftssystem noch stärker zurückdrängen wollen. Dieser Prozess stellt in der Tat die Weichen in Richtung einer Art "neo-sozialistischen Transformation".

Wenn Verbraucher und Geschäftsleute großzügige finanzielle Unterstützung von der Regierung erhalten, wird der Widerstand gegen eine Politik, die Betriebe und Arbeitsplätze vernichtet, stark reduziert - im Vergleich zu einer Situation, in der diejenigen, die unter einer solchen Regierungspolitik leiden, keinen finanziellen Ausgleich vom Staat erhalten. Möglich wird die Finanzierung der Staatshilfen nur deshalb, weil die staatlichen Zentralbanken die Geldmenge im Interesse der Staaten beliebig ausweiten können. Anders gesagt: Durch das Anwerfen der elektronischen Notenpresse weitet der Staat seine Macht auf Kosten der bürgerlichen Rechte und der unternehmerischen Freiheiten aus.


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