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Powell bewegt den USD - Enteignungen - Europa versus China

13.05.2022  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0394 (06:06 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0355 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 129,06. In der Folge notiert EUR-JPY bei 134,13. EUR-CHF oszilliert bei 1,0419.

Die Finanzmärkte bleiben nervös und volatil in einem grundsätzlich von Risikoaversion geprägten Umfeld. Gestern stach die weitere Befestigung des USD hervor. In der Folge kam die Edelmetalle und der Euro gegenüber dem USD unter Druck. Entscheidend für diese Entwicklung war auch eine aktuelle Einlassung des Präsidenten der US-Notenbank.

Fed-Chef Powell hat die US-Bevölkerung auf Härten im Kampf gegen die Inflation vorbereitet. Laut Powell würde es einige Schmerzen mit sich bringen, die Inflation auf 2% zu senken. Aber am Ende wäre es am schmerzhaftesten, wenn die Fed dabei versagen würde. Dann könnte sich die Inflation auf einem hohen Niveau festsetzen. Powell bezeichnete den Kampf gegen die Preisinflation als die wichtigste Aufgabe. Er wiederholte die Erwartung, dass die Notenbank bei den kommenden beiden Sitzungen die Zinsen jeweils um einen 0,5% erhöhen würde (CPI aktuell bei 8,3%).

Bekanntermaßen hat die US-Notenbank anders als die EZB ein duales Mandat, einerseits für Preisstabilität, andererseits für auskömmliches Wachstum und hohe Beschäftigung. In den letzten Jahren lag der Fokus auf den Wirtschaftsaspekten. Die aktuellen Äußerungen machen klar, dass sich dieser Fokus der Fed aus guten Gründen (CPI/PPI/Verankerung der Inflationserwartungen) Richtung Preisstabilität orientieren wird. Diese unmissverständliche Klarstellung wurde gestern von den Devisenmärkten diskontiert.


Fokus: Energiesicherungsgesetz/Enteignungen

Hintergrund: Zunächst sei angemerkt, dass Eigentum durch das Grundgesetz §14 geschützt ist, ergo handelt es sich um ein Grundrecht. Damit geht es um ein inhaltsschweres Thema. Das Energiesicherungsgesetz Deutschlands soll ab Juni in Kraft treten. Es erlaubt die Enteignung von Unternehmen im Fall eines Energie-Notstands. Auch vor einer Gefährdung der Energieversorgung sollen Maßnahmen möglich sein. Österreich geht einen anderen Weg. Dort soll gesetzlich verankert werden, dass Gasspeicher befüllt werden müssen. Auf Enteignungen verzichtet man in Wien. Wir überlassen den Lesern, welche Form der Maßnahmen verfassungskonformer und damit angemessener ist.


Europa versus China

Europa steht im Fokus der Ukrainekrise. Versorgungsunsicherheiten prägen das Bild. Die volle Wucht des Anstiegs der Rohstoffpreise trifft uns mehr als andere Regionen der Welt, denn gleichzeitig wertet der Euro ab, was die Verteuerung der Rohstoffe verschärft. Deutschland und Westeuropa sind die erkennbaren Verlierer. China dagegen profitiert durch die Krise. Versorgungssicherheit ist gegeben und man hat Preisabschläge im Rohstoffeinkauf, da man sich nicht am westlichen Sanktionsregime beteiligt, die eigene Währung ist stark. Die Investitionsqualität nimmt vor diesem Hintergrund zu.

Werfen wir einen Blick auf die Fakten bezüglich des deutschen und europäischen Schicksals. Laut DIHK müssen die Prognose der deutschen Exportwirtschaft eingedampft werden. Die deutsche Exportindustrie wird nach Einschätzung des DIHK in diesem Jahr nun nur noch bestenfalls stagnieren. Volker Treier, der Außenwirtschaftschef des DIHK sagte, es würde nicht viel mehr geben für die deutsche Exportwirtschaft als hoffentlich eine schwarze Null. Anfang des Jahres war der DIHK noch von +6% ausgegangen.

Auch an anderer Stelle sollte das deutsche und europäische Dilemma sukzessive erkennbar werden. Wenn man den Prognosen folgen will, wird die Industrieproduktion der Eurozone (heute 11 Uhr Veröffentlichung) im Monatsvergleich von Februar auf März um 2,0% sinken. Auch im Jahresvergleich käme es dann zu einem Rückgang (-1,0%). Man sollte sicherlich Monatsdaten nicht zu hoch hängen, aber die Fissuren nehmen zu. Sollte sich die Ukrainekrise fortsetzen oder verschärfen sind markante Abbrüche konjunktureller Art in Europa wahrscheinlicher als im Rest der Welt.

China und die Länder, die nicht am Sanktionsregime teilnehmen, sind die Gewinner aus dieser Konstellation. Es hängt vom westlichen Krisenmanagement ab, ob das tendenziell ein eher temporäres Phänomen ist oder zu einem neuen strukturellen Status Quo führt.

China lieferte heute früh Fakten. Die direkten Auslandsinvestitionen (FDI) verzeichneten per April im Jahresvergleich einen Anstieg um 20,5% nach zuvor 25,6%. Im Zeitraum Januar bis April lag die Zunahme im Jahresvergleich bei 26,1% (74,47 Mrd. USD). Vor dem Hintergrund der rigorosen Corona Politik einerseits, die die Konjunktur hemmt, und dem Krisenszenario Ukraine sind diese Daten bemerkenswert und unterstreichen den hier dargestellten Kontext.

Der nachfolgende Chart belegt, dass das Investitionsniveau der direkten Auslandsinvestitionen in der Phase Februar 2021 bis April 2022 auf den höchsten Niveau der letzten mehr als 10 Jahre oszilliert. Wo wäre dieses Niveau wohl ohne den hybriden Wirtschafts- und Finanzkrieg der USA gegen China?

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© Reuters


Fazit: Was heißt das für Deutschland und Europa?


Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:

Eurozone: Keine marktrelevanten neuen Erkenntnisse

Deutschland: Der Leistungsbilanzüberschuss lag per März bei 18,8 Mrd. EUR nach zuvor 21,1 Mrd. EUR (revidiert von 20,8 Mrd. EUR).


Großbritannien: BIP und Handelsbilanz leicht enttäuschend

Das BIP stieg per 1. Quartal 2022 im Quartalsvergleich um 0,8% (Prognose 1,0%) nach zuvor 1,3%. Im Jahresvergleich ergab sich eine Zunahme um 8,7% (Prognose 9,0%) nach 6,6%. Das Handelsbilanzdefizit legte per Berichtsmonat März von zuvor 21,61 Mrd. GBP auf 23,89 Mrd. GBP (Prognose -18,50 Mrd. GBP) zu und näherte sich damit dem historischen Höchstwert bei -26,50 Mrd. GBP (Januar 2022) an.


China: Corona-Politik hat auf Investitionen keinen wesentlichen Einfluss

Die direkten Auslandsinvestitionen (FDI) verzeichneten per April im Jahresvergleich einen Anstieg um 20,5% nach zuvor 25,6%. Im Zeitraum Januar bis April lag die Zunahme im Jahresvergleich bei 26,1% (74,47 Mrd. USD).


USA: PPI etwas höher (J) als erwartet

Die Arbeitslosenerstanträge stellten sich in der Berichtswoche per 7. Mai auf 203.000 (Prognose 195.000) nach zuvor 202.000 (revidiert von 200.000). Die Erzeugerpreise legten per April erwartungsgemäß um 0,5% im Monatsvergleich zu (Vormonat revidiert von 1,4% auf 1,6%). Im Jahresvergleich kam es zu einer Zunahme um 11,0% (Prognose 10,7%) nach zuvor 11,5% (revidiert von 11,2%).


Japan: Positive Stimmungsentwicklung

Der Index "Economy Watcher‘s Poll" stieg per Berichtsmonat April von zuvor 47,8 auf 50,4 Punkte.


Indien: CPI höher als unterstellt

Die Verbraucherpreise legten per April im Jahresvergleich um 7,79% (Prognose 7,50%) nach zuvor 6,95%
zu.


Malaysia: BIP deutlich besser als erwartet

Das BIP stieg per 1. Quartal 2022 im Jahresvergleich um 5,0% (Prognose 4,0%) nach zuvor 3,6%.


Zinserhöhungen:
  • Serbien: Von 1,50% auf jetzt 2,00%
  • Mexiko: Von 6,50% auf jetzt 7,00%
  • Peru: Von 4,50% auf jetzt 5,00%

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem EUR favorisiert. Ein Überschreiten des Widerstandsniveaus bei 1.0870 - 1.0900 neutralisiert den positiven Bias des USD.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe



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