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Inflationäre Zeiten, schlechte Zeiten. Auf Gold und Silber setzen

27.06.2022  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
- Seite 2 -
Abb. 2 zeigt für den Zeitraum März 1973 bis Juni 2022 die Entwicklung der US-Aktienkurse (unter Berücksichtigung von Kurs- und Dividendengewinnen) auf der horizontalen Achse und den Goldpreis (USD/oz) auf der vertikalen Achse. Da sowohl der Aktienmarkt als auch der Goldpreis im Betrachtungszeitraum angestiegen sind, zeigt sich ein positiver Zusammenhang zwischen beiden Größen - illustriert durch die gepunktete Linie, die den Trend zwischen beiden verdeutlichen soll.

Dem aktuellen Aktienindex entspräche - sieht man den langfristigen Zusammenhang als gültig an - ein Goldpreis von etwa 2.000 USD/oz; unter Einbeziehung des Schätzfehlers wäre die "faire Bandbreite" zwischen 1.731 und 2.269 USD/oz.

Der aktuelle Goldpreis von etwa 1.840 USD/oz hätte demnach ein Abwärtsrisiko von ungefähr 6 Prozent und ein Aufwärtspotential von 23 Prozent. - Es sei hier betont, die obige Überlegung ist sehr vereinfacht (und stellt auch nur einen Teilaspekt dar, die unseren Preiseinschätzungen auf zugrundeliegen). Dennoch ist sie insofern aufschlussreich, als dass sie auf etwas sehr Wichtiges hinweist: Ab Ende 2020 zeigt sich eine beträchtliche "Outperformance" der Aktien gegenüber dem Gold.

Tendenziell schnellten die Aktienkurse in die Höhe, während der Goldpreis (nachdem er im August 2020 sein bisheriges Hoch von 2.040 USD/oz erreichte) seitwärts handelte. Die Rückbildung der Aktien seit Januar 2022 ging ebenfalls mit einem tendenziell unveränderten Goldpreis einher. Das weist auf den langfristigen Zusammenhang zwischen Aktien und Gold hin: Nicht in allen Marktphasen sind ihre Preisbewegungen positiv korreliert.


Vorsicht Inflation

Die Befürchtung, dass die Inflation gekommen ist, um zu bleiben, haben wir in unseren Publikationen schon vielfach geäußert; und auch dass die Inflation dem Anleger große Probleme verursacht - denn es ist und bleibt grundsätzlich schwierig, den negativen Wirkungen der Inflation zu entkommen. Das gilt heute mehr denn je als in den 1970er und 1980er Jahren (siehe hierzu den Kommentar am Artikelende). Denn anders als damals sind heutzutage die Finanzmärkte weitestgehend von den Zentralbanken beeinflusst beziehungsweise kontrolliert. Dies geschieht quasi sang- und klanglos durch die Zinspolitik der Geldbehörden.

Indem die Zentralbanken die Kurz- und Langfristzinsen kontrollieren, sie künstlich niedrigen Niveaus halten, beeinflussen sie auch maßgeblich alle Güterpreise in der Volkswirtschaft wie Aktienkurse, Anleihekurse, Häuser- und Grundstückspreise, Rohstoffpreise etc. Vor allem aber üben die Zentralbanken mit ihrer Zinsbeeinflussung einen entscheidenden Einfluss auf die Kreditausfallwahrscheinlichkeiten und damit die Gefahren für eine neuerliche Finanz- und Wirtschaftskrise aus.

Ein Blick auf Abb. 3 zu werfen, ist an dieser Stelle besonders aufschlussreich. Sie zeigt den Goldpreis (USD/oz) und einen Indikator, der den "Stress" in den Finanzmärkten anzeigt.

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Quelle: Refinitiv; Graphik Degussa. *Steigt (fällt) der Stressindikator, erhöht sich (vermindert sich) der Stress in den Finanzmärkten.


Wie zu erkennen ist, führte die Sorge vor Zahlungsausfällen 2008/2009 zeitweise zu einem deutlichen Rückgang des Goldpreises. Der Grund: Die Angst vor Staats- und Bankenpleiten führte (so paradox es auch klingen mag) zu einer "Flucht in das ungedeckte Geld". Ganz anders ging es in 2020 zu: Die politisch diktierte Lockdown-Krise veranlasste die Zentralbanken, die Geldschleusen zu öffnen. Alles wurde getan, um Kreditausfälle auf breiter Front zu verhindern. Die Botschaft wurde auf den Finanzmärkten unmittelbar verstanden, der "Stress" währte nur kurz und fiel weniger stark aus als noch 2008/2009.

In Anbetracht extrem niedriger Zinsen, der gewaltigen Liquiditätsflut, für die die Zentralbanken sorgten, und zunehmender Inflationssorgen zog der Goldpreis bis August 2020 stark an.

Der Goldpreis verlief in den zwei vergangenen Dekaden gleichgerichtet mit der Entwicklung der Konsumgüterpreise (Abb. 3). Rückblickend erwies sich die Goldpreisentwicklung ab Ende 2008 bis Herbst 2014 als "Übertreibung", während die Goldpreisentwicklung ab Anfang 2020 die tatsächliche Konsumgüterpreisinflation korrekterweise frühzeitig vorweggenommen hat. Es wäre also vorschnell, würde man sagen, das Gold hätte seinen Besitzer nicht vor Inflation geschützt: Von Anfang 2000 bis Mai 2022 ist der Goldpreis um 540 Prozent gestiegen, die Konsumgüterpreise um 74 Prozent; und seit Anfang 2020 bis Mai 2022 legte der Goldpreis um 22 Prozent, die Konsumgüterpreise um 13 Prozent zu.


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