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Goldanleger Aufgepasst: Das Währungsprojekt der BRICS nimmt Fahrt auf...

10.07.2023  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Bekannt ist: Die BRICS wollen ihre US-Dollar-Abhängigkeit verringern. Ein Vorschlag dazu ist, eine neue Recheneinheit zur Abwicklung von internationalen Handels- und Finanztransaktionen zu schaffen. Neu ist: Die neue Recheneinheit soll mit Gold gedeckt sein.

Am Freitag, den 7. Juli 2023, machte in den Finanzmarkt-Medien die Nachricht die Runde, die "BRICS“ (also Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) werden bald eine goldgedeckte Handelswährung einführen, möglicherweise wird dazu ein entsprechender Beschluss schon im August gefasst.

Das Vorhaben der BRICS, dem US-Dollar die Stirn bieten zu wollen, steht seit geraumer Zeit im Raum. Zuletzt hatten am 2. Juni 2023 sich die Außenminister der BRICS – sowie Repräsentanten aus mehr als 12 Ländern – in Cape Town, Südafrika, getroffen (bezeichnenderweise: am "Kap der guten Hoffnung“). Es wurde dort unter anderem betont, eine internationale Handelswährung schaffen zu wollen. Zweifellos ein Vorhaben, das gewaltige Folgen haben könnte.

Schließlich repräsentieren die BRICS etwa 3,2 Milliarden Menschen, damit also etwa 40% der Weltbevölkerung mit einer gemeinsamen Wirtschaftsleistung, deren Größenordnung mittlerweile der US-amerikanischen entspricht. Und es gibt auch viele weitere Länder (wie zum Beispiel Saudi Arabien, Vereinigte Arabische Emirate, Ägypten und Kasachstan), die sich den BRICS anschließen wollen.

Das ausgesprochene Ziel der BRICS ist es, ihre wirtschaftliche und politische Abhängigkeit vom US-Dollar zu reduzieren. Dazu wollen sie eine neue internationale Währung für Handels- und Finanztransaktionen schaffen. Es geht ihnen also nicht um eine "heimische Geldreform“, sondern darum, bei internationalen Finanz- und Warentransaktionen nicht mehr wie bisher vom US-Dollar abhängig zu sein.

Der Grund ist offensichtlich. Die US-Administration setzt den Greenback seit geraumer Zeit als „geopolitische Waffe“ ein: Sie verwehrt ihren Opponenten mitunter den Zugang zum US-Dollar-Kapitalmarkt, vor allem aber auch den Zugang zum internationalen Zahlungssystem.

Das Einfrieren der russischen Währungsreserven (immerhin handelt es sich hier um einen Gegenwert von aktuell fast 600 Mrd. US-Dollar) hat in vielen nicht-westlichen Ländern die Alarmglocken schrillen lassen. Es hat in diesen nicht-westlichen Ländern bereits dazu geführt, die Währungsreserven umzuschichten: weniger US-Dollar zu halten, auf andere (kleinere) Währungen auszuweichen, vor allem aber verstärkt Gold zu kaufen.

Doch wie könnte es den BRCIS gelingen, sich vom US-Dollar loszuschwimmen?

Denkbar ist, dass die BRICS zunächst einen Währungskorb schaffen, ähnlich den Sonderziehungsrechten (SZR) des Internationalen Währungsfonds (IWF), in dem die BRICS-Teilnehmerwährungen anteilig (gemäß Wirtschaftsgröße und/oder Bevölkerungszahl) vertreten sind. Dieser Währungskorb erhält sodann einen eigenen Namen, beispielsweise „BRICS-Gold“.

Die BRICS könnten sodann eine neue Bank gründen (die "BRICS-Bank“), die durch Goldeinlagen der BRICS-Zentralbanken beziehungsweise BRICS-Staaten finanziert wird. Die physisch eingelagerten Goldbestände werden in der Bilanz der BRICS-Bank auf der Aktivseite in der Nominierung des Währungskorbes ausgewiesen – also in "BRICS-Gold“.

Die BRICS-Bank kann daraufhin Kredite gewähren in BRICS-Gold (etwa an Exporteure aus dem eigenen Länderkreis beziehungsweise an Güterimporteure aus dem Ausland), und sie kann auch weitere Goldeinlagen entgegennehmen von internationalen Investoren, die auf diesem Wege (verzinsliche) BRICS-Gold-Depositen halten können.

BRICS-Gold könnte fortan als internationales Geld beziehungsweise als internationale Recheneinheit in den weltweiten Handels- und Finanztransaktionen verwendet werden. Die neue de facto Goldwährung müsste dabei übrigens nicht einmal physisch ausgeprägt werden, sondern könnte eine rein buchhalterische Größe sein und bleiben.

Die Exporteure aus den BRICS-Staaten und aus den weiteren Mitgliedsländern müssten dabei allerdings bereit sein, ihre Güter gegen BRICS-Gold anstelle von US-Dollar & Co zu verkaufen; und die Importeure aus den westlichen Ländern müssten bereit und in der Lage sein, ihre Rechnungen in BRICS-Gold zu bezahlen.

Um an BRICS-Gold zu gelangen, muss der Nachfrager nach BRICS-Gold sich entweder bei der BRICS-Bank einen BRICS-Gold-Kredit besorgen. Oder er muss physisches Gold in eine dafür vorgesehene Lagerstelle (Dependance der BRICS-Bank) einbringen, und die Gewichtseinheiten des eingelagerten Goldes werden ihm dann auf seinem Konto in entsprechenden BRICS-Gold-Depositen gutgeschrieben.

Bei Bezahlungsvorgängen werden beispielsweise die BRICS-Gold-Guthaben des Güterimporteurs (gehalten bei der BRICS-Bank) dem Konto des Güterexporteurs gutgeschrieben (ebenfalls gehalten bei der BRICS-Bank).

Der Übergang, die Verwendung des Goldes (beziehungsweise des "BRICS-Goldes“) als internationale Handels- und Transaktionswährung wären mit überaus weitreichenden Folgen verbunden:

(1.) Sie würde vermutlich die Goldnachfrage (stark) ansteigen lassen und den Goldpreis (gemessen in US-Dollar, Euro & Co, aber auch in den Währungen der BRICS) vermutlich kräftig in die Höhe treiben.

(2.) Ein derart steigender Goldpreis würde die Kaufkraft der offiziellen Währungen US-Dollar, Euro & Co, aber auch in Rubel, Rupie und Renminbi gegenüber dem Gold abwerten. Die Güterpreise würden sich, gemessen in den offiziellen Währungen, also (mitunter sehr stark) verteuern.

(3.) Die BRICS würden – soweit sie Handelsüberschüsse ausweisen beziehungsweise künftig weiterhin erzielen – Goldreserven aufbauen. Sie wären vermutlich die Gewinner der "Währungsumstellung“, die Länder mit einem Handelsbilanzdefizit (allen voran die USA) hätten das Nachsehen.

(4.) Alle Regierungen, einschließlich die der BRICS, hätten keine unumschränkte Hoheit über das BRICS-Gold-Geld und würden dadurch gewaltig an Macht einbüßen. Die Frage stellt sich also: Wird man dazu bereit sein?


Offizielle Goldbestände der BRICS, in Mrd. USD, 1. Quartal 2023

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Quelle: Refinitiv; eigene Berechnungen. – Die Goldreserven der BRICS beliefen sich
im ersten Quartal 2023 auf 5452,7 Tonnen (Marktwert derzeit etwa 350 Mrd. US-Dollar).



Diese wenigen Überlegungen zeigen bereits, wie schwergewichtig das Thema "Schaffung einer neuen mit Gold gedeckten internationalen Handelswährung“ tatsächlich ist. Ein Voranschreiten der BRICS mit diesem Projekt könnte durchaus geradezu erdrutschartige Veränderungen in der weltweiten Wirtschafts- und Finanzstruktur verursachen.

Das Thema verdient so gesehen große Aufmerksamkeit von Seiten der (Edelmetall-)Investoren.

Wie so häufig gilt aber auch hier: Der Teufel steckt im Detail. Was aus dem Vorhaben der BRICS letztlich wird, eine goldgedeckte internationale Handelswährung zu lancieren, hängt ganz entscheidend von der inhaltlichen Ausgestaltung der neuen Recheneinheit ab.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Chefvolkswirt der Degussa Goldhandel GmbH



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