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O je, die Zinsen

21.11.2007  |  Redaktion
Eine Lüge wird nicht wahrer, wenn sie mantrahaft wiederholt wird. Eine Halbwahrheit nicht besser, wenn die Realität etwas anderes vorhat. Angesichts des jetzigen Ausmaßes der weltweiten Kreditkrise beginnt der Markt nicht nur die Risiken neu zu bewerten, sondern auch die Halbwertszeit der Aussagen derer, die es bislang am meisten erwischt hat. Der Anleihemarkt spielt etwas anderes, als man von Politik und Wirtschaft tagtäglich vernimmt. Die inverse Renditekurve hat es angezeigt. Es riecht nach Rezession. Amerikas Konjunkturlokomotive hat durch die Kreditkrise an Fahrt verloren. Im Gebälk der US-Konjunktur knarrt es, vor allem im Finanzsektor. Da auch uns Europäern das Risiko zahlungsunfähiger Häuslebauer verkauft wurde, scheppert es auch hierzulande. Welch Ironie! Der US-Bürger war statistisch gesehen schon vor Jahren pleite. Jetzt spürt er es und stellt seinen Konsum auf Sparflamme um. Versiegt der ewige Kreditstrom, wird es eisig. In den Banketagen rollen die Köpfe, millionenschwer abgefunden. Welch Hohn! Die Finanzjongleure sitzen unterdessen weiter auf einem billionenschweren unverkäuflichen Pulverfass. Der Markt riecht die Lunte. Der Sensenmann geht um. Jeder weitere Kredit ist ein weiteres Risiko. Kein weiterer Kredit ebenso.

Es scheint, als ob in naher Zukunft das Wort "Rezession" öfters die Runde machen wird. Der Anleihemarkt steigt seit Wochen, die Renditen fallen. Wohin auch mit dem Geld, wenn sich die wirtschaftlichen Bedingungen verschlechtern, am Aktienmarkt seit geraumer Zeit nichts mehr zu holen.

Gekauft werden Staatspapiere mit kurzer Laufzeit, denn das zweite Halbjahr hat gelehrt: Nicht alles, was mit AAA gekennzeichnet wurde, beinhaltete auch AAA. Dennoch sind Staatsanleihen gefragt, auch wenn manch politisch motiviertes AAA-Rating wegen der immensen Verschuldung zu hinterfragen wäre. Dennoch: Staatsanleihen sind zur Zeit als Parkmöglichkeit des Big Money gefragt. Außerdem meint man, dass ein Staat nicht pleite gehen kann. (Seine Bürger schon) Unternehmensanleihen sind in unsicheren Zeiten nicht en vogue, auch seit man weiß, was man von Ratingagenturen zu halten hat. Sie haben Enron verschlafen und bemerkten die Kreditkrise erst, als ihnen übel riechender Giftmüll ins Gesicht spritze. Wusste es keiner besser? Wollte es keiner besser wissen?

Es könnten durchaus holprige Zeiten werden, wenn sich Billionen von Geldern teils ungeordnet ihren Weg bahnen. Die Masse rennt in Staatspapiere, ein anderer cleverer Teil in den Hafen der Sachwerte und Edelmetalle. Die US-Notenbanken wirft mit Tendern um sich, eilt mit noch mehr Geld zu Hilfe in der Hoffnung jeden zu retten, der gerettet werden muss. Sie senken die Zinsen, werfen die Druckmaschinen an und löschen Feuer mit Feuer. Da ihnen jetzt schon wegen der galoppierenden Geldmengenausweitung die Inflation um die Ohren fliegt, scheint der Anleihemarkt nur für eine gewisse Zeit Hort der Sicherheit zu sein, und sinkende Zinsen von nur vorübergehender Dauer.

Sollte es jedoch noch immer stimmen, was jedem BWL-Student beigebracht wird, dass ausufernde Geldmengen Inflation gebären, dann werden andere Häfen der Sicherheit aufgesucht. Nicht umsonst bekommt Gold wegen der negativen Realverzinsung derzeit Flügel. Das gelbe Metall weiß, dass der Zusammenhang zwischen Geldmenge und Inflation noch immer gilt, auch dann, wenn man die Daten biegt, walkt und knetet. Sollte es sich herumsprechen, dass die Rendite am Anleihemarkt durch Inflation noch schneller aufgefressen wird, haben Bond & Co. die beste Zeit hinter sich. Dann könnte es Zeit werden, sich vertrauensvoll an einen Goldhändler zu wenden. Vielleicht gilt das auch schon heute.


© Frank Meyer
TV-Moderator auf n-tv





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