BullionStar: Silbers kommender Ausbruch - Experteneinblicke von Peter Krauth
18.04.2025

Das anhaltende Silberdefizit verstehen
Der Kern von Krauths optimistischem Ausblick ist das anhaltende strukturelle Defizit auf dem Silbermarkt. "Das Angebot beträgt etwa eine Milliarde Unzen im Jahr. Etwa 850 Millionen Unzen oder 85% stammen aus dem Bergbau. Die übrigen 15% stammen ungefähr aus dem Recycling", erklärte Krauth. "In den letzten vier Jahren lag die Nachfrage jedoch im Durchschnitt bei 1,2 Milliarden Unzen im Jahr. Wir haben also in den letzten vier Jahren jedes Jahr ein Defizit von 20% zu verzeichnen." Dieses anhaltende Defizit wirft eine entscheidende Frage auf: Wie können die Silberpreise trotz eines solch erheblichen Angebotsdefizits relativ niedrig bleiben?
Das sekundäre Angebotspolster geht zur Neige
Die Antwort liegt laut Krauth im Rückgang des oberirdischen Sekundärsilberangebots der großen Börsen. Seit Anfang 2021 sind die Bestände an der Shanghai Futures Exchange, der London Bullion Market Association (LBMA) und der COMEX drastisch zurückgegangen - je nach Börse um 40% bis 70%.
Krauth glaubt, dass diese Börsenbestände die Preisauswirkungen des strukturellen Defizits vorübergehend abgefedert haben. Industrielle Großverbraucher, insbesondere aus der Solarbranche, konnten diese Bestände anzapfen, indem sie gegen Terminkontrakte physisch lieferten. Dieser Puffer geht jedoch rasch zur Neige.
"Bei dem derzeitigen Tempo könnte das noch etwa 12 bis 18 Monate so weitergehen. Und danach würde das Sekundärangebot an Silber wirklich versiegen", merkt Krauth an und verweist auf eine unterstützende Analyse von TD Securities, die zu ähnlichen Schlussfolgerungen kommt.
Der perfekte Sturm für höhere Silberpreise
Industrielle Nachfrage vs. Investitionsnachfrage
Die sich ändernde Zusammensetzung der Silbernachfrage schafft das, was Krauth als perfekten Sturm für höhere Preise beschreibt. Vor einem Jahrzehnt machten industrielle Anwendungen und Investitionsnachfrage jeweils etwa 50% des gesamten Silberverbrauchs aus. Heute ist die industrielle Nachfrage auf etwa 60% des Marktes angewachsen, während die Investitionsnachfrage auf 40% gesunken ist. Dieser Wandel ist von entscheidender Bedeutung:
1) Wachstum des Solarsektors: Die Produktion von Solarmodulen verbraucht inzwischen fast 25% des jährlichen Minenangebots, und die Nachfrage nimmt weiter zu.
2) Technologische Fortschritte: Neuere Solartechnologien (Topcon und HJT) benötigen 50% bis 150% mehr Silber je Panel als frühere Generationen.
3) Begrenzter Investitionspool: Wenn die Investitionsnachfrage unweigerlich wieder anzieht, wird sie um einen kleineren Teil des verfügbaren Angebots konkurrieren.
"Wenn die Nachfrage von Leuten, die sagen, ich brauche physisches Silber, in großem Stil zurückkehrt, wird jedes Jahr weniger verfügbar sein. Und das wird dazu beitragen, den Preis höher und schneller steigen zu lassen", erklärt Krauth.
Physische Verknappung bereits erkennbar
Es gibt bereits Anzeichen für eine Verknappung auf dem physischen Silbermarkt. Krauth erzählte eine Anekdote über einen leitenden Angestellten im Silberbergbau, der berichtete, dass industrielle Abnehmer bis zu 4 Dollar über dem Spotpreis boten und Vorauszahlungen leisteten, um die Versorgung zu sichern. "Wir haben gesehen, dass die Leasingraten für Silber hoch geblieben sind... Wir haben gesehen, dass die Prämien für den Tausch gegen physische Ware (EFP) hoch geblieben sind. Beides deutet auf eine ernsthafte Verknappung auf dem Silbermarkt hin", so Krauth.
Monetäre Faktoren und Inflation
Während ein Großteil der jüngsten Silberpreisentwicklung auf industrielle Faktoren zurückzuführen ist, glaubt Krauth, dass geld- und inflationsbezogene Katalysatoren zunehmend ins Spiel kommen werden.
Inflation und die Glaubwürdigkeit der Zentralbanken
"Ich denke, Kleinanleger und professionelle Investoren haben sich mit der Tatsache abgefunden, dass wir uns in einem neuen Paradigma befinden, in einem neuen Umfeld, was die Inflation betrifft, und dass die Inflation wahrscheinlich für den größten Teil des kommenden Jahrzehnts hoch bleiben wird", sagt Krauth.
Er sieht Parallelen zu den 1970er Jahren, als die Stagflation (schwache Wirtschaft in Kombination mit hoher Inflation) ein ideales Umfeld für Edelmetalle schuf. Krauth geht davon aus, dass die Zentralbanken irgendwann gezwungen sein werden, die Zinssätze selbst angesichts der anhaltenden Inflation zu senken, was ihrer Glaubwürdigkeit schweren Schaden zufügen würde.
"Eine Zinssenkung angesichts steigender Inflation wird dem Markt sagen, dass sie die Kontrolle verloren haben und wirklich keine andere Wahl mehr haben. Und das ist wiederum der Treibstoff für Gold und Silber."
Die Performance von Silber während Zinssenkungszyklen
Krauth wies auf ein besonders überzeugendes Muster hin: die explosive Performance von Silber während der Zinssenkungszyklen der Federal Reserve. Während Gold dazu neigt, sich gut zu entwickeln, sobald die Zinssenkungen beginnen, hebt Silber in der Regel ab, wenn die Fed ihren Zinssenkungszyklus etwa zur Hälfte durchlaufen hat. "In den letzten drei Zinssenkungszyklen stieg Silber in den folgenden 12 bis 18 Monaten im Durchschnitt um über 300%. In einem solchen Umfeld explodiert Silber förmlich."
Das Gold-Silber-Verhältnis und Kursziele
Derzeit liegt das Gold-Silber-Verhältnis bei fast 100:1, was bedeutet, dass man etwa 100 Unzen Silber braucht, um eine Unze Gold zu kaufen. In der Vergangenheit lag dieses Verhältnis im Durchschnitt eher bei 55-60:1, was darauf hindeutet, dass Silber im Vergleich zu Gold deutlich unterbewertet ist.
Auf die Frage nach seinem langfristigen Preisziel blieb Krauth bei der Prognose in seinem Buch: 300 Dollar für Silber während einer möglichen Maniephase. Diese Zahl mag zwar extrem erscheinen, aber Krauth leitet sie aus mehreren Indikatoren und historischen Mustern früherer Bullenmärkte ab, darunter ein Goldpreisziel von 5.000 Dollar bis 10.000 Dollar.
"Ich halte es für sehr realistisch, aber ich denke, dass wir in ein Investitionsumfeld, ein wirtschaftliches Umfeld kommen könnten, in dem Gold und Silber diese enormen Höchststände erreichen, aber zu diesem Zeitpunkt hat es eine so starke Inflation der Fiatwährungen gegeben, dass diese Höchststände nicht so beeindruckend oder aussagekräftig sein werden, wie sie heute vielleicht klingen."
Entdollarisierung und Edelmetalle
In dem Interview wurde auch das Thema der Entdollarisierung und die mögliche Rolle von Gold und Silber in einer Welt mit mehreren Währungen angesprochen. Krauth rechnet zwar nicht mit einem plötzlichen Zusammenbruch des Dollar, aber er erwartet "eine langsame Abwärtsbewegung", da die Länder zunehmend Alternativen für die Abwicklung des internationalen Handels finden. Interessanterweise stellte Krauth fest, dass Gold inzwischen den Euro als Reservewährung für Zentralbanken weltweit überholt hat, während der Anteil des US-Dollar an den globalen Reserven in den letzten 15 bis 20 Jahren von mittleren bis hohen 60% auf niedrige 50% gesunken ist.
Auswirkungen auf Investment
Für Anleger, die am Silbermarkt interessiert sind, deckt Krauths Newsletter Silver Stock Investor das gesamte Spektrum von physischem Silber und Silber-ETFs bis hin zu Minenaktien ab, die von großen Produzenten bis hin zu Junior-Explorern reichen. Wenn man die Debatte um physisches Silber gegenüber Papier betrachtet, ist Krauths Sichtweise klar: "Das Silber jetzt in der Hand zu haben, ist mit einem Aufschlag verbunden... Die zukünftige Lieferung ist mit einem großen Fragezeichen versehen. Das Angebot ist sehr zweifelhaft. Wir sind bereit, mehr zu zahlen, um es jetzt in den Händen zu halten."
Schlussfolgerung: Frühe Tage in einem historischen Bullenmarkt
Trotz der beeindruckenden Entwicklung des Silberpreises von 4 US-Dollar im Jahr 2001 auf 50 US-Dollar im Jahr 2011 und den jüngsten Höchstständen um 35 US-Dollar betont Krauth, dass wir uns noch in den Anfängen eines möglicherweise historischen Bullenmarktes befinden. Inflationsbereinigt entspräche der frühere Höchststand von 50 Dollar im Jahr 2011 heute 65 Dollar, während der Höchststand von 50 Dollar im Jahr 1980 in heutigen Dollar über 145 Dollar bedeuten würde. Da die industrielle Nachfrage weiter steigt, insbesondere im Solar- und Rechenzentrumsbereich, und die Geldpolitik möglicherweise den Wert von Fiat-Währungen weiter untergräbt, werden die Argumente für deutlich höhere Silberpreise immer überzeugender.
"Ich denke, wir könnten uns in einem völlig neuen globalen Wirtschaftsumfeld befinden, in dem Edelmetalle, wenn sie keine offizielle Rolle im Finanzsystem spielen, sogar eine Art De-facto-Rolle als Geld haben, ich denke, dass dies diese wirklich hohen Preise möglicherweise für Jahrzehnte unterstützen wird." Für Anleger, die sowohl einen Inflationsschutz als auch einen potenziellen Kapitalzuwachs anstreben, legt Krauths Analyse nahe, Silber in den kommenden Jahren ernsthaft als Kernbestand eines Portfolios in Betracht zu ziehen.
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Der Artikel wurde am 15. April 2025 auf www.bullionstar.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.