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Alasdair Macleod: Wie der Silberpreis niedrig gehalten wurde

03.09.2025
Große Käufe fern der Märkte abwickeln und gleichzeitig die Preise, auf die sich diese Transaktionen beziehen, kontrollieren. Das war bisher Chinas Strategie. Doch das ist vorbei!

In den vergangenen Jahrzehnten hat China, der fünftgrößte Halter von Silberreserven weltweit, nicht nur 3.500 bis 4.000 Tonen selbst abgebaut, sondern auch enorme Mengen Silber-Doré zur Weiterveredlung importiert. Weniger bekannt ist die Rolle der Volksbank von China (PBOC) bei der Verwaltung der chinesischen Silberreserven, für viele Menschen in China weiterhin in die Kategorie "Geldmetall" fallen. Noch vor neunzig Jahren galt in China ein Silberstandard.

Heute ist Gold das wichtigste Währungsmetall, während Silber weithin als reines Industriemetall gilt. Seit 1983 ist es aber Aufgabe der PBOC, nicht nur die Goldbestände aufzustocken, sondern auch den Ausbau der nationalen Silberbestände zu kontrollieren. Zentrales Element dieser Politik ist war dabei Preissteuerung. Wie das funktionierte, zeigt dieser Artikel.


Einführung

Vor etwa zwölf Jahren hielt ich einen Vortrag auf einer Konferenz in New York, an der etwa ein Dutzend Silberbergbau- und Explorationsunternehmen teilnahmen. Zu dieser Zeit gab es zahlreiche Verschwörungstheorien über JPMorgans Geschäfte am Silbermarkt. Als jedoch Blythe Masters, die damalige Leiterin des Bereichs Global Commodities bei JPMorgan, bei CNBC auftrat, stellte sie die Rolle von JPMorgan klar:

"Spekulationen zu diesem Thema sind insbesondere in der Blogosphäre weit verbreitet. Hier wäre es meiner Meinung nach wichtig zu erkennen, dass diese Spekulationen auf einem Missverständnis hinsichtlich des Wesens unseres Geschäftsfelds beruhen. Wie bereits erwähnt, ist unser Geschäft ein kundenorientiertes Geschäft, in dem wir im Auftrag unserer Kunden handeln, um deren Finanz- und Risikomanagementziele zu erreichen. Die Herausforderung für Kommentatoren besteht darin, dass sie nicht alle diese Aktivitäten gleichzeitig sehen.

Um Ihnen ein einfaches Beispiel zu geben: Wir lagern im Auftrag unserer Kunden erhebliche Mengen an Rohstoffen, zum Beispiel Silber. Wir betreiben Tresore in New York City, Singapur und London. Wenn Kunden dieses Metall in unseren Einrichtungen lagern, sichern sie es oft auf Terminbasis über JPMorgan ab, JPMorgan wiederum sichert sich selbst an den Rohstoffmärkten ab.

Wenn man nur die Absicherungsgeschäfte und unsere Aktivitäten am Terminmarkt sieht, aber nichts über die zugrundeliegende Position des Kunden weiß, könnte man fälschlicherweise annehmen, dass wir eine große direktionale Position halten. Das ist jedoch überhaupt nicht der Fall. Wir haben gegenläufige Positionen. Es ist uns egal, ob die Preise steigen oder fallen. Vielmehr halten wir eine flache oder relativ neutrale Position… [Interviewer unterbricht]."


Von den "Silber-Bullen" wurde sie sofort verurteilt und als Lügnerin oder Schlimmeres bezeichnet. Ich war jedoch überzeugt, dass eine Führungskraft in ihrer Position und mit ihrer unstrittigen Kompetenz die Wahrheit sagen würde. Außerdem vermutete ich, dass Masters das CNBC-Interview genau deshalb geführt hatte, um die wilden Gerüchte über die Silbergeschäfte von JPMorgan zu widerlegen, anstatt sie zu ignorieren.

Welche Rolle spielte JPMorgan also tatsächlich in diesem Markt? Hier ging es eindeutig um Vermittlung im Auftrag des Kunden und nicht um das Etablieren einseitiger Positionen in Eigenregie. Wie Masters verriet, ging die Bank nur Derivatepositionen ein, um ihre Geschäfte mit Kunden abzusichern.

Die Konferenz in New York gab mir die Gelegenheit, hier nachzuhaken. Ich fragte die etwa ein Dutzend anwesenden Silberunternehmen, wie sie das Silber aus den eigenen Minen zu Geld machten, um ihre Kosten zu decken.

Alle Unternehmen erklärten, dass am Anfang des Prozesses die Bewertung des Silber-Dorés durch einen spezialisierten Gutachter steht, in der Regel durch die Firma Glencore, welche anschließend auch die Zahlung und den Versand an eine Raffinerie veranlasste. Alle Bergbauunternehmen gaben zu, dass sie nicht wüssten, wohin das Doré zur Weiterveredlung transportiert wurde. Das ginge sie nichts mehr an. Die allgemeine Annahme war aber, dass es wahrscheinlich nach China ging.

Glencore ist ein großer Rohstoffhändler, der sowohl für große Bergbauunternehmen als auch für die kleineren Bergbauunternehmen, die ich interviewt habe, tätig ist. Was die Zahlungsabwicklung angeht, arbeiteten sie offensichtlich mit einer Großbank zusammen, und hier würde JPMorgan ins Spiel kommen. Sobald das Doré verschifft war, wurden die Cashflow-bedürftigen Bergbauunternehmen, auf Grundlage der Gutachterbewertung, durch JPMorgan bezahlt. Wahrscheinlich wurde es "FOB" (free on board) geliefert, was bedeutet, dass das Doré zum Zeitpunkt der Verschiffung in chinesischen Besitz überging.

Vermutlich wies China (in diesem Fall die PBOC) JPMorgan an, den Silberpreis an der Comex oder in London abzusichern, um den Preis rechtzeitig zu drücken. Beachten Sie, dass JPMorgan hier nicht als Auftraggeber auftrat, sondern nur im Auftrag der chinesischen Kunden handelte.


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