Quartalssaison - die Hoffnung stirbt zuletzt
11.04.2008 | Klaus Singer
Mit Alcoa hat am Montag dieser Woche der Reigen der Quartalsberichte begonnen. Der Aluminium-Hersteller verfehlte die Erwartungen um 5 Cent je Aktie, er macht den schwachen Dollar und höhere Energiekosten dafür verantwortlich.
Die Entwicklung der Unternehmensgewinne ist der zentrale Faktor für die Entwicklung der Aktienkurse. Der S&P 500 notiert etwa 14 Prozent unter seinen im Juli und Oktober 2007 erreichten Hochpunkten. Wenn man daran glaubt, dass der Markt künftige Entwicklung mit einem Vorlauf von rund sechs Monaten vorweg nimmt, so ist in den Kursen gegenwärtig ein Gewinnrückgang von rund 14 Prozent gegenüber dem Vorjahr eingepreist.
Natürlich ist das sehr grob gerechnet, aber als Anhaltspunkt dafür, was die Akteure für die angelaufene Quartalssaison erwarten, mag das erst einmal ausreichen.
Diese Erwartungen werden im wesentlichen von professionellen Aktien-Analysten generiert. Da denen angeblich niemand glaubt, lohnt es sich, näher hinzusehen. Innerhalb der vergangenen drei Monate haben sie ihre Gewinnerwartungen für die USA um rund 4 Prozent nach unten revidiert, nachdem sie in den letzten Monaten des vergangenen Jahres in etwa auf dem im Sommer erreichten Niveau stehen geblieben sind.
Wer hat recht? Die Aktien-Analysten? Dann wären die Kurse aktuell zu weit gefallen und die laufende Quartalssaison böte deutlich positives Überraschungspotenzial. Oder haben die Kurse recht? Dann würden die Analysten der Wirklichkeit gehörig hinterher laufen. Vieles spricht für die zweite Variante. In der Tat zeigen Untersuchungen, dass die oberen Wendepunkte bei der tatsächlichen und bei der von Analysten erwarteten Gewinnentwicklung sechs bis neun Monate auseinanderliegen.
Damit lässt sich an dieser Stelle sagen, das die Wahrscheinlichkeit für negative Überraschungen in dieser Quartalssaison deutlich überwiegt. Für die kurzfristige Kursentwicklung ist entscheidend, wie groß diese sind und wie der von den Unternehmen gegebene Ausblick ausfällt.
Untersuchungen haben ergeben, dass die Unternehmensgewinne über einen vollen Konjunkturzyklus hinweg seit 1970 nie um mehr als sieben Prozent jährlich angewachsen sind. Auf der anderen Seite liegt der Boden der Entwicklung der Unternehmensgewinne etwa 45 bis 50 Prozent unter dem vorherigen Topp. Linear auf die Kursseite übersetzt, entspricht das einem Indexstand von rund 850 im S&P 500. Zugegeben, auch das ist wieder sehr grob gerechnet. Andererseits - wenn sich die US-Wirtschaft in einer Rezession befindet und diese nach allem Dafürhalten eher zu den ernsteren und länger andauernden zählt, könnte 850 auch noch ein eher optimistischer Zielbereich sein.
Weitere Einzelheiten zum Thema in einem bei Investorsinsight erschienen Artikel von James Montier, der mit den Worten schließt: "So the idea that the equity markets are anticipating a recession unfortunately looks to be yet another example of the triumph of hope over reality. I guess I really haven"t learnt to stop worrying and love the bomb just yet!"
Eine übergeordnete Bewegung in Richtung des angedeuteten Zielbereichs setzt zunächst voraus, dass die Gewinnentwicklung im aktuellen Zyklus tatsächlich ihr Topp ausgebildet hat. Auch wenn dies aus meiner Sicht ziemlich wahrscheinlich ist, wird die laufende Quartalssaison hierzu sehr wichtige Einblicke liefern.
Ökonomen wie Marty Feldstein glauben, die US-Rezession werde doppelt so lange dauern wie der Durchschnitt von acht Monaten. Nouriel Roubini sieht einen U- oder W-förmigen Verlauf, jedoch kein "L" wie in Japan. Dies könne durch ein aggressives Eingreifen der Politik verhindert werden. Er taxiert die Länge der Rezession ebenfalls auf weit überdurchschnittlich. Demnach haben wir aktuell vielleicht ein Viertel des Weges hinter uns.
Einige bullische Beobachter machen hingegen Anzeichen dafür aus, dass sich die gegenwärtige Rezession bereits ihrem Tief nähert. Nach ihrem Dafürhalten hat sich der makroökonomische Datenkranz zuletzt nicht weiter verschlechtert. Da "moderne" Rezessionen sechs bis acht Monate dauerten und die aktuelle im Dezember gestartet ist, sei zudem die Hälfte des Wegs durchschritten. Da die aktuelle Rezession vom Verbraucher ausgeht und das Verbrauchersentiment nun einen Boden auszubilden scheint (was sich im Nachhinein lediglich als Zwischenboden entpuppen könnte), könnte das ebenfalls bedeuten, dass das Schlimmste hinter uns liegt. Und schließlich ziehen bullisch eingestellte Beobachter Hoffnung aus der Charttechnik: Das einfache 20-Tage-Mittel im S&P 500 schickt sich an, die 50-Tage-Linie von unten nach oben zu durchkreuzen und der Index selbst steuert von unten auf den 200-Tage-Durchschnitt zu.
Natürlich wird es immer wieder Zwischenerholungen geben, wenn sich die geschilderten oder andere bullische Argumente zeitweilig durchsetzen. Es liegt in der Natur von Bären-Märkten, dass die Akteure etliche Male auf den Boden wetten. Erst wenn niemand mehr daran glaubt, besteht die Chance, dass die Rutschpartie zu Ende ist.
Fundamental ist es aber gegenwärtig äußerst unwahrscheinlich, dass der Teufelskreis "Mangel an Liquidität deckt Kredit-Risiken unzureichend - Asset-Preise fallen - sinkende Einkommen/Gewinne lösen Rezession aus - die hierdurch schwache Gewinnentwicklung der Unternehmen drückt die Asset-Preise weiter - und so fort" schon wieder davor steht, durchbrochen zu werden. Ganz im Gegenteil - die Spirale hat sich gerade erst zu drehen begonnen.
Die Entwicklung der Unternehmensgewinne ist der zentrale Faktor für die Entwicklung der Aktienkurse. Der S&P 500 notiert etwa 14 Prozent unter seinen im Juli und Oktober 2007 erreichten Hochpunkten. Wenn man daran glaubt, dass der Markt künftige Entwicklung mit einem Vorlauf von rund sechs Monaten vorweg nimmt, so ist in den Kursen gegenwärtig ein Gewinnrückgang von rund 14 Prozent gegenüber dem Vorjahr eingepreist.
Natürlich ist das sehr grob gerechnet, aber als Anhaltspunkt dafür, was die Akteure für die angelaufene Quartalssaison erwarten, mag das erst einmal ausreichen.
Diese Erwartungen werden im wesentlichen von professionellen Aktien-Analysten generiert. Da denen angeblich niemand glaubt, lohnt es sich, näher hinzusehen. Innerhalb der vergangenen drei Monate haben sie ihre Gewinnerwartungen für die USA um rund 4 Prozent nach unten revidiert, nachdem sie in den letzten Monaten des vergangenen Jahres in etwa auf dem im Sommer erreichten Niveau stehen geblieben sind.
Wer hat recht? Die Aktien-Analysten? Dann wären die Kurse aktuell zu weit gefallen und die laufende Quartalssaison böte deutlich positives Überraschungspotenzial. Oder haben die Kurse recht? Dann würden die Analysten der Wirklichkeit gehörig hinterher laufen. Vieles spricht für die zweite Variante. In der Tat zeigen Untersuchungen, dass die oberen Wendepunkte bei der tatsächlichen und bei der von Analysten erwarteten Gewinnentwicklung sechs bis neun Monate auseinanderliegen.
Damit lässt sich an dieser Stelle sagen, das die Wahrscheinlichkeit für negative Überraschungen in dieser Quartalssaison deutlich überwiegt. Für die kurzfristige Kursentwicklung ist entscheidend, wie groß diese sind und wie der von den Unternehmen gegebene Ausblick ausfällt.
Untersuchungen haben ergeben, dass die Unternehmensgewinne über einen vollen Konjunkturzyklus hinweg seit 1970 nie um mehr als sieben Prozent jährlich angewachsen sind. Auf der anderen Seite liegt der Boden der Entwicklung der Unternehmensgewinne etwa 45 bis 50 Prozent unter dem vorherigen Topp. Linear auf die Kursseite übersetzt, entspricht das einem Indexstand von rund 850 im S&P 500. Zugegeben, auch das ist wieder sehr grob gerechnet. Andererseits - wenn sich die US-Wirtschaft in einer Rezession befindet und diese nach allem Dafürhalten eher zu den ernsteren und länger andauernden zählt, könnte 850 auch noch ein eher optimistischer Zielbereich sein.
Weitere Einzelheiten zum Thema in einem bei Investorsinsight erschienen Artikel von James Montier, der mit den Worten schließt: "So the idea that the equity markets are anticipating a recession unfortunately looks to be yet another example of the triumph of hope over reality. I guess I really haven"t learnt to stop worrying and love the bomb just yet!"
Eine übergeordnete Bewegung in Richtung des angedeuteten Zielbereichs setzt zunächst voraus, dass die Gewinnentwicklung im aktuellen Zyklus tatsächlich ihr Topp ausgebildet hat. Auch wenn dies aus meiner Sicht ziemlich wahrscheinlich ist, wird die laufende Quartalssaison hierzu sehr wichtige Einblicke liefern.
Ökonomen wie Marty Feldstein glauben, die US-Rezession werde doppelt so lange dauern wie der Durchschnitt von acht Monaten. Nouriel Roubini sieht einen U- oder W-förmigen Verlauf, jedoch kein "L" wie in Japan. Dies könne durch ein aggressives Eingreifen der Politik verhindert werden. Er taxiert die Länge der Rezession ebenfalls auf weit überdurchschnittlich. Demnach haben wir aktuell vielleicht ein Viertel des Weges hinter uns.
Einige bullische Beobachter machen hingegen Anzeichen dafür aus, dass sich die gegenwärtige Rezession bereits ihrem Tief nähert. Nach ihrem Dafürhalten hat sich der makroökonomische Datenkranz zuletzt nicht weiter verschlechtert. Da "moderne" Rezessionen sechs bis acht Monate dauerten und die aktuelle im Dezember gestartet ist, sei zudem die Hälfte des Wegs durchschritten. Da die aktuelle Rezession vom Verbraucher ausgeht und das Verbrauchersentiment nun einen Boden auszubilden scheint (was sich im Nachhinein lediglich als Zwischenboden entpuppen könnte), könnte das ebenfalls bedeuten, dass das Schlimmste hinter uns liegt. Und schließlich ziehen bullisch eingestellte Beobachter Hoffnung aus der Charttechnik: Das einfache 20-Tage-Mittel im S&P 500 schickt sich an, die 50-Tage-Linie von unten nach oben zu durchkreuzen und der Index selbst steuert von unten auf den 200-Tage-Durchschnitt zu.
Natürlich wird es immer wieder Zwischenerholungen geben, wenn sich die geschilderten oder andere bullische Argumente zeitweilig durchsetzen. Es liegt in der Natur von Bären-Märkten, dass die Akteure etliche Male auf den Boden wetten. Erst wenn niemand mehr daran glaubt, besteht die Chance, dass die Rutschpartie zu Ende ist.
Fundamental ist es aber gegenwärtig äußerst unwahrscheinlich, dass der Teufelskreis "Mangel an Liquidität deckt Kredit-Risiken unzureichend - Asset-Preise fallen - sinkende Einkommen/Gewinne lösen Rezession aus - die hierdurch schwache Gewinnentwicklung der Unternehmen drückt die Asset-Preise weiter - und so fort" schon wieder davor steht, durchbrochen zu werden. Ganz im Gegenteil - die Spirale hat sich gerade erst zu drehen begonnen.