Gold & Silber: Die Ruhe vor dem Sturm!
24.07.2012 | Jochen Stanzl
Mario Draghi sagte auf der Pressekonferenz der Europäischen Zentralbank vor kurzem, dass die unternommenen außergewöhnlichen geldpolitischen Maßnahmen einem doppelten Ziel dienten. Einerseits sollen sie das Umfeld am Geldmarkt stabilisieren, andererseits die Transmission der gewöhnlichen Geldpolitik verbessern. Die EZB, führte Herr Draghi fort, habe dabei jederzeit die Möglichkeit, die unternommenen außergewöhnlichen geldpolitischen Maßnahmen wieder rückgängig zu machen, um die Preisstabilität zu sichern.
Ich möchte dieser Aussage in aller Höflichkeit widersprechen. Schauen wir uns hierzu das Große Bild an. Die Zentralbanken der Welt haben ihre Bilanzen in den drei Jahren seit dem Tief der Rezession im Jahr 2009 in nie da gewesenem Ausmaß vergrößert. Das Fed injizierte seither 1,8 Billionen USD in den Markt, die EZB 1,4 Billionen USD. Die Schweizer Nationalbank vergrößerte ihre Bilanz auf 68% des BIPs. Dennoch ist die Erholung der OECD-Wirtschaftsleistung seither bestenfalls als holprig, unterdurchschnittlich und brüchig zu bezeichnen. Wie die Privatbankiers von Lombard Odier berechnet haben, erholte sich die US-Wirtschaft in den drei Jahren seit Ende der Großen Rezession lediglich um annualisiert 2,2%. Das sei das niedrigste Momentum seit 60 Jahren. Die Spanne vergangener Erholungen drei Jahre nach dem Tiefpunkt einer Rezession betrug 2,6% - 5,4%, wobei der Mittelwert bei 4,1% liege. Das ist ein Indiz dafür, wie abhängig die US-Wirtschaft - und ähnliches ließe sich für die europäische Konjunktur sagen - von den Liquiditätsspritzen der Notenbanken geworden ist.
Sollte die Inflation tatsächlich anziehen (danach sieht es derzeit wegen dem wachstumsschwachen Umfeld nicht aus!), so haben die Zentralbanken in einem solchen Umfeld eben NICHT die Möglichkeit, die außergewöhnlichen geldpolitischen Maßnahmen rückgängig zu machen und die Leitzinsen zu erhöhen, ohne die schwache Konjunktur wieder abzuwürgen. Die Zentralbanken im Westen werden sich aber früher oder später für einen Pfad entscheiden müssen: Entweder sorgen sie für künstliches Wachstum und riskieren eine höhere Inflation, oder sie kontrollieren die Inflation und riskieren niedrigeres Wachstum.
Die People‘s Bank of China, die Zentralbank der Volksrepublik, und die indische Zentralbank haben sich im Jahr 2011 - überraschend für alle westlichen Beobachter - für letzteren Kurs entschieden. Sie kontrollieren seither die Inflation, und nehmen in Kauf, dass das Wachstum ständig weiter fällt. Die chinesische und indische Zentralbank war also bereits an dem Zeitpunkt angelangt, an dem diese große Entscheidung zu treffen war. Zwar weicht die Notenbank Chinas zuletzt wieder etwas von diesem Kurs ab, aber nur zaghaft. Die westlichen Zentralbanken haben hingegen mit ihrer lockeren Geldpolitik bislang nicht die Inflationsraten angeheizt. Der Zeitpunkt wird aber kommen. Angesichts des schwachen Wachstums der Konjunktur haben die westlichen Zentralbanken aber kaum den Luxus, frei zwischen Wachstum und Inflation zu entscheiden. Sie werden sich vermutlich für die Inflationierung entscheiden, um die Konjunktur nicht abzuwürgen. Die Inflation ist der Weg des geringsten Widerstandes für die westlichen Zentralbanken.
Silber befindet sich in einer Situation, in der das weltweite Angebot höher ist, als die Nachfrage. Daher fallen die Preise, während Rallyversuche immer wieder in sich zusammenfallen. Anleger sollten bei dem eng mit dem Goldpreis korrelierten Silber aber das große Bild nicht außer Acht lassen: Wer sich also heute darüber sorgt, ob Silber bei 30 USD/Unze oder 21,50 USD/Unze fair bewertet ist, sollte wissen, dass es wahrscheinlich zu starken Anstiegen kommen wird, sobald die Märkte beginnen zu antizipieren, dass die westlichen Zentralbanken sich für den einen oder anderen Kurs entscheiden werden. Wann dieser Zeitpunkt kommt, ist schwer zu sagen. Sind es Monate? Jahre? Die Märkte werden aber frühzeitig antizipieren und reagieren.
Am Silbermarkt ist ein Angebotsüberschuss von 5000 Tonnen (erwarteter Wert 2012) schnell durch eine steigende Investmentnachfrage aufgebraucht und wenn das Silberangebot sich verknappt springen die Preise schnell zu den Widerständen bei 50 USD/Unze. Wenn der technische Widerstand dort durchstoßen wird, landen wir schnell bei 84 USD/Unze oder sogar im dreistelligen Bereich. Gewiss ist: Wer dann nicht investiert ist, wird vermutlich dann auch keinen Einstieg mehr finden. Wer sich der in diesem Artikel geschilderten These anschließt und erwartet, dass sich die westlichen Zentralbanken irgendwann entscheiden müssen, anstatt - wie bisher - durch LTRO oder QE einfach nur Zeit zu gewinnen, wird Silber (und andere Sachwerte und Rohstoffe) unter anderen Gesichtspunkten betrachten.
Wer sich über dieses übergeordnete Big Picture hinaus über die aktuelle Lage beim Gold informieren möchte, kann sich mein aktuelles Videozum Goldpreis auf meinem Youtube-Kanal betrachten. Bis zum September dieses Jahres dürfte sich Gold für die eine oder andere Richtung entscheiden - sprich: Eine Ausdehnung der Korrektur oder den Beginn einer neuen Rally-Phase!
© Jochen Stanzl
Chefredakteur Rohstoff-Report.de / Godmode-Trader.de
Ich möchte dieser Aussage in aller Höflichkeit widersprechen. Schauen wir uns hierzu das Große Bild an. Die Zentralbanken der Welt haben ihre Bilanzen in den drei Jahren seit dem Tief der Rezession im Jahr 2009 in nie da gewesenem Ausmaß vergrößert. Das Fed injizierte seither 1,8 Billionen USD in den Markt, die EZB 1,4 Billionen USD. Die Schweizer Nationalbank vergrößerte ihre Bilanz auf 68% des BIPs. Dennoch ist die Erholung der OECD-Wirtschaftsleistung seither bestenfalls als holprig, unterdurchschnittlich und brüchig zu bezeichnen. Wie die Privatbankiers von Lombard Odier berechnet haben, erholte sich die US-Wirtschaft in den drei Jahren seit Ende der Großen Rezession lediglich um annualisiert 2,2%. Das sei das niedrigste Momentum seit 60 Jahren. Die Spanne vergangener Erholungen drei Jahre nach dem Tiefpunkt einer Rezession betrug 2,6% - 5,4%, wobei der Mittelwert bei 4,1% liege. Das ist ein Indiz dafür, wie abhängig die US-Wirtschaft - und ähnliches ließe sich für die europäische Konjunktur sagen - von den Liquiditätsspritzen der Notenbanken geworden ist.
Sollte die Inflation tatsächlich anziehen (danach sieht es derzeit wegen dem wachstumsschwachen Umfeld nicht aus!), so haben die Zentralbanken in einem solchen Umfeld eben NICHT die Möglichkeit, die außergewöhnlichen geldpolitischen Maßnahmen rückgängig zu machen und die Leitzinsen zu erhöhen, ohne die schwache Konjunktur wieder abzuwürgen. Die Zentralbanken im Westen werden sich aber früher oder später für einen Pfad entscheiden müssen: Entweder sorgen sie für künstliches Wachstum und riskieren eine höhere Inflation, oder sie kontrollieren die Inflation und riskieren niedrigeres Wachstum.
Die People‘s Bank of China, die Zentralbank der Volksrepublik, und die indische Zentralbank haben sich im Jahr 2011 - überraschend für alle westlichen Beobachter - für letzteren Kurs entschieden. Sie kontrollieren seither die Inflation, und nehmen in Kauf, dass das Wachstum ständig weiter fällt. Die chinesische und indische Zentralbank war also bereits an dem Zeitpunkt angelangt, an dem diese große Entscheidung zu treffen war. Zwar weicht die Notenbank Chinas zuletzt wieder etwas von diesem Kurs ab, aber nur zaghaft. Die westlichen Zentralbanken haben hingegen mit ihrer lockeren Geldpolitik bislang nicht die Inflationsraten angeheizt. Der Zeitpunkt wird aber kommen. Angesichts des schwachen Wachstums der Konjunktur haben die westlichen Zentralbanken aber kaum den Luxus, frei zwischen Wachstum und Inflation zu entscheiden. Sie werden sich vermutlich für die Inflationierung entscheiden, um die Konjunktur nicht abzuwürgen. Die Inflation ist der Weg des geringsten Widerstandes für die westlichen Zentralbanken.
Silber befindet sich in einer Situation, in der das weltweite Angebot höher ist, als die Nachfrage. Daher fallen die Preise, während Rallyversuche immer wieder in sich zusammenfallen. Anleger sollten bei dem eng mit dem Goldpreis korrelierten Silber aber das große Bild nicht außer Acht lassen: Wer sich also heute darüber sorgt, ob Silber bei 30 USD/Unze oder 21,50 USD/Unze fair bewertet ist, sollte wissen, dass es wahrscheinlich zu starken Anstiegen kommen wird, sobald die Märkte beginnen zu antizipieren, dass die westlichen Zentralbanken sich für den einen oder anderen Kurs entscheiden werden. Wann dieser Zeitpunkt kommt, ist schwer zu sagen. Sind es Monate? Jahre? Die Märkte werden aber frühzeitig antizipieren und reagieren.
Am Silbermarkt ist ein Angebotsüberschuss von 5000 Tonnen (erwarteter Wert 2012) schnell durch eine steigende Investmentnachfrage aufgebraucht und wenn das Silberangebot sich verknappt springen die Preise schnell zu den Widerständen bei 50 USD/Unze. Wenn der technische Widerstand dort durchstoßen wird, landen wir schnell bei 84 USD/Unze oder sogar im dreistelligen Bereich. Gewiss ist: Wer dann nicht investiert ist, wird vermutlich dann auch keinen Einstieg mehr finden. Wer sich der in diesem Artikel geschilderten These anschließt und erwartet, dass sich die westlichen Zentralbanken irgendwann entscheiden müssen, anstatt - wie bisher - durch LTRO oder QE einfach nur Zeit zu gewinnen, wird Silber (und andere Sachwerte und Rohstoffe) unter anderen Gesichtspunkten betrachten.
Wer sich über dieses übergeordnete Big Picture hinaus über die aktuelle Lage beim Gold informieren möchte, kann sich mein aktuelles Videozum Goldpreis auf meinem Youtube-Kanal betrachten. Bis zum September dieses Jahres dürfte sich Gold für die eine oder andere Richtung entscheiden - sprich: Eine Ausdehnung der Korrektur oder den Beginn einer neuen Rally-Phase!
© Jochen Stanzl
Chefredakteur Rohstoff-Report.de / Godmode-Trader.de