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Unruhige Zeiten, brisante Themen

06.02.2011  |  Manfred Gburek
Es liegt nahe, dass zurzeit viele Menschen auch im Hinblick auf die Geldanlage über die möglichen Auswirkungen des ägyptischen Bürgerkriegs diskutieren. Doch die meisten dieser Diskussionen enden ohne Ergebnis, weil sich auf Anhieb kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der völlig aus dem Ruder gelaufenen Politik Ägyptens und den internationalen Geldströmen herstellen lässt. Es sei denn, im ganzen Nahen Osten bricht ein Flächenbrand aus. Es sei denn, der Suezkanal wird gesperrt und der Ölpreis schießt danach derart in die Höhe, dass die weltweit latent vorhandene Inflationsmentalität offen zutage tritt. Es sei denn, es sei denn - über weitere Auswirkungen kann man nur spekulieren.

Der Inflationsaspekt ist nicht zu verachten, und zwar auch unabhängig vom Suezkanal. Wahrscheinlich haben Sie verfolgt, wie die Preise der Agrarrohstoffe in letzter Zeit gestiegen sind. Sie werden sich erst zeitversetzt bei den Preisen in den Supermärkten bemerkbar machen. Ein Dauerthema sind die steigenden Sprit- und Heizölpreise einschließlich des Wahnsinns namens Biosprit, der dafür sorgt, dass riesige Ackerflächen zugunsten der Autofahrer vergeudet werden.

Dagegen achten die wenigsten Menschen auf die Preise der Industrierohstoffe, deren Anstieg sich ebenfalls zeitversetzt bemerkbar machen wird, dann bei Häusern und Gebrauchsgütern wie Autos, Küchen, Telefonanlagen und allem, was verkabelt werden muss. Während in den vergangenen Tagen die halbe Anlagewelt den Preissprung des Erdöls der Sorte Brent über 100 Dollar je Barrel (Fass = 159 Liter) verfolgt hat, ist es um die Industriemetalle still geworden. Dabei hat der Bleipreis in Euro seit seinem Tief im Juni 2010 mit + 48 Prozent ebenso stark zugelegt wie der Brent-Öl-Preis seit seinem Mai-Tief. Und der Kupferpreis in Euro ist mit dem Anstieg um 63 Prozent seit dem Juni-Tief allen davongelaufen.

Während im Vorfeld der Inflation an den Märkten also viel los ist, liest sich der aktuelle Kommentar der Europäischen Zentralbank (EZB) zum Thema Inflation wie ein steriler sperriger Text ohne Inhalt. Kostprobe: "Unsere monetäre Analyse deutet darauf hin, dass der Inflationsdruck mittel- bis langfristig begrenzt bleiben dürfte. Die Inflationserwartungen sind nach wie vor fest auf einem Niveau verankert, das mit unserem Ziel im Einklang steht, die Preissteigerung mittelfristig unter, aber nahe 2 Prozent zu halten. Die nach wie vor feste Verankerung der Inflationserwartungen ist von zentraler Bedeutung." Irgendwie erinnert mich diese Passage an eine Rede vom Parteitag in der früheren DDR.

Die Ausdrucksweise der EZB zeugt von der abwartenden Haltung, die man im Frankfurter Euro-Tower seit Monaten einnimmt. Machen wir uns nichts vor, die EZB ist zum Spagat zwischen ihrer eigenen Stabilitätspolitik und der Rücksichtnahme auf die Belange der US-Notenbank Fed gezwungen. Wenn man die jüngsten Äußerungen von Fed-Chef Ben Bernanke in Betracht zieht, entsteht der Eindruck, dass ihm die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in den USA viel wichtiger ist als die Wahrung der Geldwertstabilität - klar, denn die Fed ist im Gegensatz zur EZB nicht allein der Stabilitätspolitik verpflichtet.

Die US-Arbeitslosenquote bewegt sich offiziell um 9,5 Prozent (die echte ist viel höher, aber kaum zu quantifizieren). Um sie zu senken, wird die Fed bis zum Sommer 600 Milliarden Dollar an frischem Geld bereitstellen. Dieses Geld soll die Konjunktur beleben; aber die Gefahr, dass es in erster Linie die weitere Spekulation mit Aktien und Rohstoffen anregen wird, ist riesengroß. Um die Arbeitslosigkeit effektiv zu bekämpfen, müssten in den USA jeden Monat etwa 400.000 Arbeitsplätze neu geschaffen werden. Nach den vorliegenden Zahlen zu urteilen, ist man drüben weit davon entfernt.




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