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Exklusiv-Interview: "Wir sind in keiner Erholung"

08.03.2011  |  Redaktion
Die Autorin und Journalistin Nomi Prins ("It Takes a Pillage") erklärt in einem Exklusiv-Interview ihre Sicht auf die Unruhen im Nahen Osten, die Ursachen für den steigenden Ölpreis und die großen Geschichten in den Edelmetall-Märkten.

Nomi Prins wuchs im US-Bundesstaat New York auf. Nach ihrem ihrem Universitätsstudium der Mathematik und Statistik arbeitete sie für Chase Manhattan, Bear Stearns in London und als Managing Director bei Goldman Sachs an der Wall Street. Nachdem sie die Finanzbranche verließ, wurde sie eine herausragende Finanzjournalistin, die drei Bücher geschrieben hat, darunter das sehr zu empfehlende Werk "It Takes a Pillage: Behind The Bailout, Bonuses, and Back Room Deals from Washington to Wall Street", das im September 2009 bei Wiley veröffentlicht wurde.

Sie ist ein Senior Fellow bei "Demos" (www.demos-usa.org) in New York City, gab bislang zahlreiche TV-Interviews unter anderem auf BBC World, BBC, Russia TV, CNN, CNBC, CSPAN und Fox, und ihre Artikel erscheinen beispielsweise in der New York Times, Fortune, Newsweek, The Nation, The American Prospect sowie dem Guardian in Großbritannien. Ihre Website ist: www.nomiprins.com.

Nomi Prins lebt in Los Angeles, Kalifornien.

Das nachfolgende Interview, das das erste seiner Art für eine deutsche Publikation darstellt, ist ein Exklusiv-Beitrag für Goldseiten.de und LarsSchall.com.




Lars Schall: Frau Prins, Sie haben in der jüngsten Vergangenheit über Gründe für den Aufstand im Mittleren Osten und anderswo geschrieben (i) - und ein wichtiger Faktor sind für Sie die steigenden Rohstoff-und Nahrungsmittelpreise. Warum das?

Nomi Prins: Nun, zunächst gibt es definitiv ein zeitliches Verhältnis zwischen den Aufständen, die wir im Nahen Osten sehen, und dem Anstieg der Rohstoffpreise - bei allem von Zucker zu Baumwolle bis Öl, und umgekehrt gibt es einen zusätzlich hochtreibenden Effekt auf die Rohstoffpreise wegen der Revolution selbst. Ein Großteil des Anstiegs der Rohstoff- und Nahrungsmittelpreise, die wiederum Gegenstände des Grundbedarfs der Menschen einschließen, können mehr dem spekulativem Kapital und dem Investorenbedürfnis nach schnellen Gewinnen durch den Einsatz von synthetischen Handelsinstrumenten zugerechnet werden, statt dem Problem von einfachem Angebot und Nachfrage der physischen Rohstoffe, was der Grund dafür ist, dass sich ein Großteil der Medien darauf konzentriert, wenn sie über den Grund für die steigenden Preise reflektieren.

Selbst die Vereinten Nationen weisen in ihrem jüngsten Bericht vom Januar darauf hin, dass sich ihre Nahrungsmittel- und landwirtschaftlichen Preisindizes auf historischen Höchstständen befinden, und als Erklärung nennen sie - Angebot und Nachfrage rund um den Globus.

Ich denke aber, dass der Anstieg viel mehr im Zusammenhang mit der Zunahme des Volumens der Spekulation in Lebensmitteln und anderen Waren steht, die sie und andere ignorieren. Und das wiederum hat leider eine negative Auswirkung auf die Menschen, die gezwungen sind für bestimmte Artikel mehr bezahlen zu müssen, denn wenn sich die Termin- oder Optionsmärkte oder Indizes, die auf Rohstoffe lauten, aufgrund spekulativen Kapitals erhöhen, treibt das in einer einer Art Teufelskreis auch die echten Preise für Lebensmittel hoch, und das bedeutet, dass die Menschen, die diese Dinge kaufen, negativ durch die Marktkapitalisierung beeinflusst werden.

Das Handelsvolumen mit Rohstoffen wie Lebensmittel, Öl und Edelmetalle ist gestiegen, weil dieser Bereich derzeit wirklich der einzige Ort ist, an dem die Anlegerklasse Chancen zum Geldverdienen sieht, und es schert sie nicht wirklich, wer höhere Preise für ihr Bedürfnis zum Scheffeln von Gewinnen zu zahlen hat.


Lars Schall: Glauben Sie hinsichtlich des Aufstands im Mittleren Osten, dass dies tatsächlich ein spontaner Aufstand ist, oder haben die USA ihre Hand hinter den Kulissen in einem größeren Umfang im Spiel, als es dies allgemein anerkannt wird? (ii)

Nomi Prins: Ich glaube nicht, dass die Vereinigten Staaten direkt den Aufstand verursachen, die Vereinigten Staaten haben Hosni Mubarak in Ägypten seit Jahrzehnten unterstützt. Aber indirekt schoben die Vereinigten Staaten eine wirtschaftliche und finanzielle Agenda an, mit der sie explizit oder implizit eine Deregulierung ihrer Bankenbranche beförderten, was wiederum die nationale und globale Wirtschaft schwächte.

Die Branche wurde bei ihren rücksichtslosen Praktiken von der Federal Reserve durch die Rettung und die Subventionierung unterstützt, indem Billionen von Dollar an Schulden aufgeboten wurden, um notleidende Aktiva zu erwerben und zu garantieren.

Diese Schulden machen den Wert des Geldes billiger. Dieses billige Geld stimuliert Investoren dazu, die Rohstoffpreise, über die wir gerade sprachen, zu erhöhen, und das tut den Leuten weh. Darüber hinaus begannen speziell ab 2004 Ägypten und anderen Länder ihre finanziellen Grenzen zu öffnen, damit ausländische Investoren, Banken, außerbörsliches Eigenkapital, Hedge-Fonds und so weiter aus den USA und Europa hineinkamen, um große Anteile an ihren Banken aufzukaufen, womit einige ihrer Schlüsselindustrien und Teile des Finanzsystems privatisiert wurden.

Externe Unternehmen konnten internationales Kapital in ihren Ländern investieren, jedoch ohne es dort für die langfristige Entwicklung oder nachhaltige Schaffung neuer Arbeitsplätze für die lokale Bevölkerung halten zu müssen.





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