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Inflation und Hyperinflation (Teil 2)

23.03.2011  |  John Mauldin
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Bernholz betrachtete 12 der 29 hyperinflationären Perioden, für die umfangreiche Daten verfügbar waren. Jede Hyperinflation sah gleich aus. "Hyperinflationen werden immer durch Defizite der öffentlichen Haushalte verursacht, die größtenteils durch Geldschöpfung finanziert werden." Noch interessanter ist, dass Bernholz ein Niveau festmachte, ab dem Hyperinflationen beginnen können. Er kommt zu folgendem Schluss: "[D]ie Zahlen zeigen deutlich, dass Defizite von 40% oder mehr anteilig an den Gesamtausgaben nicht tragbar sind. Sie führen zu hoher Inflation und Hyperinflationen." Interessanterweise können auch geringere staatliche Haushaltsdefizite Inflation hervorrufen. Von allen Hyperinflationen gingen beispielsweise immerhin 4 mit Defiziten von 20% einher.

Und auch dieser Punkt ist wichtig: Die meisten Analysten geben Haushaltsdefizite prozentual zum BIP an. Sie sagen: "Die Vereinigten Staaten haben ein Staatsdefizit von 10% des BIP." Auch das ist gewissermaßen sinnvoll, es sagt aber nichts darüber aus, wie groß das Defizit im Verhältnis zu den staatlichen Gesamtausgaben ausfällt. Das US-Defizit mag zwar bei 10% der Größe der Binnenwirtschaft liegen, das aktuelle Defizit liegt jedoch auch bei über 30% aller staatlichen Ausgaben. Das ist ein großer Unterschied.

Abbildung 8.5 zeigt die Höhe staatlicher Defizite relativ zu den staatlichen Gesamtausgaben im Vorfeld hyperinflationärer Perioden.

Japan und die Vereinigten Staaten sind interessanterweise derzeit nicht weit von jenen Niveaus entfernt, die in der Vergangenheit vor Hyperinflationen herrschten. Der große Unterschied zwischen Japan oder den USA und jenen anderen Ländern, in denen es zu Hyperinflationen kam, ist nun folgender: Die Zentralbanken monetisieren nicht den überwiegenden Teil des Defizits. [Siehe dazu auch Mauldins Anmerkungen und Einschränkungen in der Einleitung zu Teil 1.]

Würden sie das tun, so wären auch jene Billiarden-Dollar-Beträge, die man damals beispielsweise für eine Briefmarke oder ein Sandwich zahlen musste, in nicht mehr allzu weiter Ferne (siehe Abbildung 8.6). Auch Bernholz’ Fazit ist dahingehend von größter Bedeutung: Hyperinflationen werden nicht durch aggressive Zentralbanken verursacht. Sie werden durch unverantwortliche Gesetzgebung verursacht, welche Verschwendung und ein Leben über den Verhältnissen fördert, als auch durch entgegenkommende Zentralbanken, die die Regierungen in ihrem Tun unterstützen.

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Welche Konsequenzen lassen sich daraus für die aktuelle Situation ziehen? Budgetäre Verbindlichkeiten sind ein reale Bedrohung, die zu steigender Inflationen führen, sollte die Zentralbank nicht von der Monetisierung von Schulden Abstand nehmen. Mit Monetisierungen stellt die betreffende Regierung gemeinsam mit der unabhängig autorisierten Zentralbank in Abrede, man würde jene zu bequeme und im Endeffekt gefährliche Option wählen, bei der die eigenen Rechnungen durch das Drucken neuer Währung beglichen werden.

Ein Staat muss seine Verbindlichkeiten mit der sich schon im Umlauf befindlichen Währung bezahlen. Oder er muss sie durch die Ausgabe neuer Staatsanleihen decken, die an Investoren oder die eigene Zentralbank verkauft werden, um an die benötigten Finanzmittel zu kommen. Damit die Anleihen in der Zentralbank landen können, muss die Zentralbank diese am offenen Markt aufkaufen. Diese Maßnahme lässt die monetäre Basis über den Prozess der Geldschöpfung anwachsen. Dieser Prozess der Finanzierung staatlicher Ausgaben wird Schuldenmonetisierung genannt. Schuldenmonetisierung ist also ein zweistufiger Prozess, bei dem die Regierung Schuldverschreibungen emittiert und die Zentralbank die Schuldverschreibungen am öffentlichen Markt aufkauft. Dem öffentlichen Markt und der Allgemeinheit wird ein gestiegenes Angebot an Notenbankgeld hinterlassen.

Obgleich sich die Vereinigten Staaten mit ihrem 2. Programm quantitativer Lockerungen (QE 2) auf diesen Weg begeben, schreibt Mohamed El-Erian Folgendes:

"Leider muss man zu dem Schluss kommen, dass QE 2 nur begrenzten Erfolg bei der Erhaltung hohen Wirtschaftswachstums und steigender Beschäftigungszahlen in den USA haben wird und dass diese Lockerungen obendrein noch das Leben in vielen anderen Ländern verkomplizieren werden. Und wenn die Ergebnisse für das Inland hinter den politischen Erwartungen zurückstehen, ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis die Fed voraussichtlich noch aktiver wird. Es hat wahrscheinlich auch zu bedeuten, dass der ungewöhnliche politische Aktivismus der Fed auch mit der Bekanntgabe der QE 2-Maßnahmen am Mittwoch nicht ausgereizt ist."

Wird sich die Fed nun ihrer Verantwortung entziehen und die Inflation nicht mehr kontrollieren und stattdessen auf eine Komplettmonetisierung der US-Schulden zurückgreifen wird? Nein. Doch beim Versuch, milde Inflation zu erzeugen, könnte es passieren, dass das kontrollierte Feuer, das die Fed entfachen möchte, außer Kontrolle gerät. Dann sähe sie sich gezwungen, Überschussreserven einzuziehen und eine Rezession auszulösen, so wie es der ehemalige Fed-Chef Volcker machte. Hoffen wir, dass es nicht dazu kommt.

Wenn aber Inflation ein Heilmittel gegen Überschuldung ist (was am Beispiel Brasiliens, nicht ganz ernst gemeint, gezeigt wurde), warum wurde dann mit hoher Inflation und schließlich Hyperinflation alles noch schlimmer? Staaten müssen das ganze Jahr über öffentliche Gelder ausgeben, aber normalerweise ziehen sie ihre Steuern am Jahresende ein. Deshalb sinkt der reale Wert der staatlichen Einnahmen konstant, bis dieses Geld schließlich ausgegeben wurde. Stopft man ein Loch mit Inflation, wird das Loch in Wirklichkeit größer. Wenn man sich immer tiefer in einer inflationäre Situation hineinreitet, so sprechen Ökonomen von einem Tanzi-Effekt, benannt nach dem Ökonomen, der ihn entdeckte.

Alle Hyperinflationen ähneln sich stark. Zuerst vertreibt das schlechte Geld das gute. Als die Goldmünzen bei den Griechen und Römer entwertet wurden, waren nur wenige so beschränkt, die alten Münzen mit hohen Gehalten gegen die neuen und minderwertigen einzutauschen; die älteren Münzen verschwanden nun, da man sie zurückhielt und versteckte. Hier spricht man vom Greshamschen Gesetz: Schlechtes Geld verdrängt das gute aus dem Umlauf.

Bei moderneren Hyperinflationen existierten keine Goldmünzen mehr; die Menschen begannen, Tauschhandel zu betreiben, sie tauschten Güter und Dienstleistungen, um nicht das entwertete Papier benutzen zu müssen. Im Fall, sie hatten Zugang zu Fremdwährungen - welche als harte Währungen galten und ihren Wert aller Wahrscheinlichkeit nach nicht verlieren würden (wie Dollars oder Deutsche Markt) - so wurden diese Fremdwährungen benutzt. Zuerst wird die ausländische Währung als Verrechnungseinheit benutzt, um Löhne zu begleichen und um Preise auszuhandeln, anschließend wird sie als Tauschmittel eingesetzt und schließlich auch als Wertspeicher.

Wird die harte Währung von genügend Menschen genutzt, kehrt sich das Greshamsche Gesetz um und die Hyperinflation geht zu Ende. Das gute ausländische Geld hat das schlechte aus dem Umlauf vertrieben und die sich aufblähende Währung entwertet sich vollends. Hier spricht man vom sogenannten "Their’s law".

Das passierte in Argentinien. Um ein Haus zu kaufen, erscheint man auf der Versteigerung buchstäblich mit großen Säcken voller physischer US-Dollars. Während die eine Seite dann das Bargeld zählt, überprüft die andere die Formalien.

Ein solches Muster hat schreckliche Konsequenzen. Hyperinflation zerstört die Kaufkraft privater wie öffentlicher Ersparnisse voll und ganz. Keiner möchte mehr Papiergeld besitzen, was zu exzessivem Konsum und zum Horten von Sachanlagen führt. Die Anleger haben mit Unsicherheit zu kämpfen und weigern sich, zu investieren, die Arbeitslosigkeit schnellt in die Höhe und Ersparnisse wandern fluchtartig ins Ausland ab. Der Aktienmarkt, der 2008 am besten abschnitt, war der Aktienmarkt von Zimbabwe, der den Menschen noch eine Möglichkeit bot, ihre Währungsrisiken abzusichern, obgleich auch die Wirtschaft einbrach.




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