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Geplante Enteignung von zypriotischen Sparern beschert Goldhändlern Umsatzplatz

25.03.2013  |  Thorsten Proettel
Seifenoper Eurokrise

Die Krise um die europäische Gemeinschaftswährung hätte von dem Drehbuchautor einer Seifenoper nicht besser geplant werden können. Typisches Merkmal dieser Art der Fernsehunterhaltung sind scheinbar nicht enden wollende Handlungsstränge, die in jeder neuen Folge phasenweise in den Vordergrund treten. Außerdem gilt, dass wenn doch mal ein Problemfall abgeschlossen wird, sofort der nächste vom Himmel fällt. Schließlich muss die Show weitergehen und auch der nächste Sendetermin will mit Inhalten gefüllt sein. Die europäische Seifenoper scheint dem gleichen Muster zu folgen. Seit Mitte August hat die Europäische Notenbank mit der Ankündigung unlimitierter Anleihenkäufe eine relative Beruhigung der Krise erreicht und damit auch ein Ende der Kapitalflucht aus den Peripheriestaaten. Und nun finden die Euroland-Politiker einen neuen Weg, mit nicht durchdachten Verhandlungsergebnisse weltweit Negativschlagzeilen zu machen.


Verhandlungsergebnis Sparerenteignung

Drehort der aktuellen Folge der Euro-Seifenoper ist Zypern und grob skizziert geht es darum, dass mal wieder ein angeblich systemrelevantes Land kurz vor der Pleite steht, wenn es nicht durch die Troika aus EU, EZB und IWF mit einem Rettungspaket vor dem Untergang bewahrt wird. Diese Gemengelage ist nichts Neues. Ihre besondere Bedeutung für den Edelmetallmarkt erhalten die Gipfelbeschlüsse vom vergangenen Wochenende jedoch durch eine kleine Nuance im Drehplan. Da die Geberländer eine Eigenleistung von Zypern verlangen und ein Anleihenschnitt in diesem Fall nicht genügend einbringt, wurde am letzten Wochenende die zwischenzeitlich gescheiterte Idee der "Beteiligung“ von Bankkunden vereinbart. Demnach hätte von Spar- und Girokonten unter 100.000 Euro ein "Solidaritätsbeitrag“ in Höhe von 6,75% und darüber in Höhe von 9,9% erhoben werden sollen. Gemäß Presseberichten wurden die fälligen Beträge bereits am Wochenende und damit noch vor dem notwendigen Parlamentsbeschluss von den Konten abgebucht bzw. von den Banken mit einem Sperrvermerk versehen.


Gerechte Beteiligung?

Nun könnte an dieser Stelle diskutiert werden, ob eine Be-teiligung der zypriotischen Privathaushalte nicht im Interes-se der nordeuropäischen Geberländer ist. Wer dieser Meinung ist, dem stellt sich aber die Frage, ob die Enteignung der Sparer die Lasten gerecht verteilt. Immerhin wurde der Besitz von Wertpapieren, Immobilien und anderen Sachwerten ausgeklammert. Und typischerweise sind es gerade die "kleinen Leute“, die ihr Erspartes zu 100% in der Vermögensklasse "Sparbuch“ investieren. Viel wichtiger sind aus der Perspektive von Edelmetallanlegern jedoch andere Aspekte.


Kapitalflucht könnte zunehmen

Das Problem der Beschlüsse vom vergangenen Wochenende liegt weniger in den wirtschaftlichen Folgen der Enteignung auf Zypern, sondern mehr in der verheerenden Signalwirkung für die anderen strauchelnden Staaten im Süden der Eurozone. Wie bereits erwähnt, hat die Verunsicherung der dortigen Vermögensbesitzer in den letzten Monaten nachgelassen. Ersichtlich wird dies an den rückläufigen Targetsalden, die zuvor von Sparern durch Geldüberweisungen in das sicher erscheinende Kerngebiet der Eurozone hochgetrieben wurden. Jeder Portugiese, Spanier oder Italiener könnte nun vermuten, dass ihm demnächst Ähnliches wie den Zyprioten blüht. Die Folge könnte eine Wiederkehr der Kapitalflucht sein, die den Banken in der Peripherie schadet und so ein erneutes Aufflackern der Krise auch außerhalb Zyperns wahrscheinlicher macht. Ein Marktteilnehmer fasst die Situation unmittelbar nach den Gipfelbeschlüssen treffend mit der Aussage zusammen, die Europäer hätten wieder eine neue Möglichkeit entdeckt, sich selbst in den Fuß zu schießen.


Goldpreis legt leicht zu

Ob die ursprünglich geplante Sparerenteignung wirklich zu einem Wiederanstieg der Kapitalflucht führt, wird die Veröffentlichung der Targetsalden in den kommenden Monaten zeigen. Die Goldnotierungen dürften von entsprechenden Meldungen profitieren. Immerhin ist der Preis einer Feinunze seit den Gipfelbeschlüssen um mehr als 20 USD gestiegen und die Nachfrage von Seiten der Privatanleger ist in den letzten Tagen - ausgehend von einem sehr niedrigen Niveau - etwas angestiegen.


Gold schlägt Sparbuch

Ein anderer Aspekt dürfte die Bedeutung von Gold als Kapitalanlage langfristig stärken. Manche Zyniker behaupteten Anfang der Woche schon, die Enteignung von Bankkunden auf Zypern sei nur ein Testballon für andere Staaten der Eurozone. Momentan spricht zwar Nichts für ähnliche Pläne hierzulande und die Umsetzung der Gipfelbeschlüsse wurde vom zypriotischen Parlament eindeutig abgelehnt. Aber der Tabubruch wurde begangen und die Furcht vor Enteignung und der Vertrauensverlust sind zunächst nicht aus der Welt zu schaffen.

Immerhin versicherte der zypriotische Regierungschef seinen Bürgern noch vor dem Gipfel, dass die Konten sicher seien. Skeptische Anleger finden also genügend Gründe, sich mit möglichen Vermeidungsstrategien zu beschäftigen und es fällt nicht schwer, hierbei an Gold zu denken. Wer auf Zypern 100.000 Euro nicht auf dem Sparbuch geparkt, sondern in Gold investiert hat, der konnte sich in den letzten Tagen entspannt zurücklehnen. Das Zypern-Debakel dürfte deshalb die Loyalität vieler Anleger zu ihrem Edelmetallbesitz erhöhen.


Einschätzung zu Gold unverändert

Die Geschehnisse der letzten Tage sollten jedoch nicht überbewertet werden. Die Renditen der Anleihen anderer Peripheriestaaten blieben weitgehend auf dem erreichten niedrigen Niveau (siehe Chart). Über Interventionen der EZB als mögliche Ursache ist dabei nichts bekannt. Und der Anstieg des Goldpreises um nur 20 USD zeigt, wie stark sich die Zugkraft das Themas Eurokrise bereits abgenutzt hat. Während der ersten Griechenlandkrise im Frühjahr 2010 sind die Notierungen des gelben Edelmetalls um 200 USD gestiegen und die Panik im Sommer 2011, als Italien in den Fokus der Märkte geriet, sorgte für einen Anstieg um etwa 400 USD innerhalb sehr kurzer Zeit. Hieran dürfte auch ein möglicher Austritt Zyperns aus der EWU nichts ändern.

Die nächsten Tage werden dennoch spannend. Die EZB hat ein Ultimatum an den Mittelmeerstaat gestellt, bis Montag ein Rettungskonzept vorzulegen. Ansonsten werden die Notkredite fällig gestellt, die bislang die Banken am Leben hielten. Durch das Ultimatum wird der Zeitraum für mögliche Verhandlungen künstlich eingeschränkt, was eindeutig die Anspannung aller Akteure steigert. Auch dies gehört natürlich zu den Erfolgrezepten einer guten Seifenoper.

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© Thorsten Proettel
Commodity Analyst

Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart



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