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Das abgekartete Spiel pro Inflation und die Folgen für den Goldpreis

02.06.2013  |  Manfred Gburek
Kaum haben sich die Gold- und Silberpreise von den Turbulenzen im April und Mai etwas erholt, da geraten sie schon wieder ins Visier der Prognostiker. Ich mag mich da nach den Empfehlungen für ausgesuchte Minenaktien vor einer Woche zwar nicht zurückhalten. Aber erstens konzentriere ich mich heute auf eigene wie auch auf fremde Gedankenspiele zur Inflation, und zweitens gehen meine Gedanken zu den Edelmetallpreisen in zwei Richtungen: entweder nur eine monatelange Erholung oder der Beginn eines Anstiegs über die bisherigen Höchstpreise hinaus.

Was die Minenaktien betrifft, so haben sie während des Rückgangs der Gold- und Silberpreise in diesem Jahr quasi mehr ihr Aktien- als ihr Edelmetallgesicht gezeigt. Das heißt, Anleger haben sich mehr an betriebswirtschaftlichen und analytischen Daten als an den geförderten oder noch im Boden befindlichen Edelmetallen orientiert. Das geht in Ordnung, solange die Kurse der Gold- und Silberaktien im Rahmen des Aufwärtstrends nur ihre Spitzen korrigieren. Doch in diesem Fall sind sie weit unter ihre üblichen Korrekturprozente gefallen, sodass die betriebswirtschaftlich-analytischen Daten Kaufsignale gegeben haben. Deshalb die Empfehlungen einer Woche.

Unterstellt, dass der Silberpreis wie in den vergangenen Jahren auch weiterhin - unter größeren Schwankungen - mit dem Goldpreis korreliert, brauchen wir uns hier im Hinblick auf die weitere Entwicklung beider Edelmetalle nur dem Goldpreis zu widmen. Erholt er sich also nur, oder probt er bereits den nächsten Gipfelsturm? Die Aussichten sind bis ins Jahr 2014 hinein fifty-fifty. Das liegt daran, dass Gold zum einen mit verschiedenen Geldanlagen konkurriert - in erster Linie mit Aktien, Anleihen, Immobilien und Bargeld in verschiedenen Währungen -, zum anderen jedoch auch einen Sonderstatus genießt, weil es weltweit als einzig wahres Geld, als Wert an sich gilt.

Daraus folgt: Wird die Konkurrenz durch Aktien, Anleihen usw. übermächtig, bleibt es bis auf Weiteres nur bei der Goldpreiserholung. Setzt sich Gold dagegen in seiner Funktion als einzig wahres Geld mit dem inbegriffenen Sonderstatus durch, kommt es von 2014 an nach 2011 zum nächsten Gipfelsturm. Wobei im zweiten Fall der Sturm nicht gleich von heute auf morgen losgehen, sondern die Erholung ihm vorausgehen dürfte.

Die zeitliche Abfolge von all dem wird ebenso eine entscheidende Rolle spielen wie die Wahrscheinlichkeit des Eintreffens bestimmter Annahmen. Gestatten Sie mir, dass ich dazu auf eine von vielen lesenswerten Studien der führenden Fondsgesellschaft Allianz Global Investors aus jüngster Zeit zurückgreife. Sie hat den Titel "Der Abstieg vom Schuldengipfel" und enthält gleich im Untertitel den süffisanten Satz: "Der Abstieg kann gelingen, aber am ausgeglichenen Staatshaushalt führt kein Weg vorbei." Da denke ich doch gleich: Aha, an einen ausgeglichenen Staatshaushalt ist wegen der internationalen Schuldenorgie sowohl in den USA als auch in Deutschland und erst recht in Japan eigentlich gar nicht zu denken. Folglich kann der Abstieg vom Schuldengipfel nicht gelingen - eigentlich, gäbe es da nicht einen Ausweg über die Inflation.

Nun zu den interessantesten Allianz-Ergebnissen, ausgehend von den Prämissen, dass das Wirtschaftswachstum in Deutschland jährlich 1,5% und die Durchschnittsrendite auf Staatsanleihen über alle Laufzeiten 2% ausmacht: "Unter den gegebenen Annahmen ist die Schuldenobergrenze von 60% bei einer Inflationsrate von 2% - dem Stabilitätsziel der Europäischen Zentralbank - im Jahr 2033 erreicht. Steigt die Inflation auf 4%, dauert es nur bis 2021." Also ergibt sich das Zwischenfazit: Der Staat saniert seinen Haushalt durch Inflation auf Kosten der Sparer, vulgo finanzielle Repression.

Variiert man die Zahlen, kommt laut Allianz Folgendes heraus: "Steigt die durchschnittliche Zinsbelastung auf 3%, dann dauert es bei einer Inflation von 2% deutlich länger: bis zum Jahr 2075! Ein Inflationsanstieg auf durchschnittlich 4% pro Jahr verkürzt diese Zeitspanne dramatisch: auf das Jahr 2025. Steigt die Rendite auf 4%, wachsen die Staatsschulden bei 2% Inflation unablässig weiter an. Sie geraten außer Kontrolle." Schließlich folgt ein Satz, der vor allem den zahlreichen Wachstumsfetischisten zu denken geben sollte: "Ein Anstieg des realen Wachstums entlastet dabei auf der Schuldenseite deutlich weniger als ein Anstieg der Inflationsrate."

Daraus lässt sich etwas schließen, was bei allen Sparern Wut und Entsetzen auslösen müsste: Dem Staat liegt weniger am Wirtschaftswachstum und an den daraus entstehenden Steuereinnahmen als am Erreichen einer bestimmten Inflationsrate, mittels der er Schulden los wird, ohne dass seine Beamten auch nur einen Finger zu krümmen brauchen. Als Vollstrecker zum Erreichen des Inflationsziels fungiert ja Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank, indem er munter Staatsanleihen kauft - abgesehen von den deutschen auch die von anderen Euroländern, für die Deutschland am Ende mitzahlen wird. Und weil es sich um ein international abgekartetes Spiel handelt, sind natürlich auch Ben Bernanke und Haruhiko Kuroda, die Notenbankchefs der USA und Japans, an vorderster Front dabei, um Inflation zu erzeugen.

Diese Herrschaften haben sich Inflationsziele gesetzt; derzeit sind vor allem 2% angesagt. Man könnte denken, ganz nach dem Motto: Sind 2% erst einmal erreicht, haben die Drei mitsamt weltweiter Gefolgschaft ihr Werk erfolgreich verrichtet. Doch das wäre allzu naiv, weil Inflation nicht eine blanke Zahl, sondern ein fortwährender Prozess ist. Also spricht man lieber von Inflationserwartungen. Dadurch wird alles indes noch nebulöser. Denn den Erwartungen sollte ein bestimmter Zeithorizont in nicht allzu weiter Ferne zugrunde liegen. Ist das nicht der Fall, kommen so gängige wie nichtssagende Prognosen heraus wie diese: Der Dax wird auf 10.000 Punkte steigen. Oder: Der Goldpreis wird in den nächsten zehn Jahren 5000 Dollar erreichen.

Womit wir auf Umwegen wieder bei der Ausgangsfrage angelangt wären: Steht der Goldpreis - und mit ihm der Silberpreis - trotz Fifty-fifty-Aussichten nur vor einer monatelangen Erholung oder nicht doch vor einem Anstieg über das bisherige Hoch aus dem Jahr 2011? Das Rauf und Runter des Preises während der vergangenen Wochen, speziell auch von Donnerstag auf Freitag in der abgelaufenen Woche, spricht zunächst für die Alternative von der Erholung. Dagegen zeugen die Überlegungen zur Inflation davon, dass die Euroländer, die USA, Japan und ihr Gefolge alles versuchen werden, um den Prozess der Inflationierung in Gang zu setzen. Das wiederum spricht für die Alternative vom Anstieg auf ein neues Hoch. Die Preisausschläge werden schon in den nächsten Wochen entsprechende Signale aussenden: Je länger der Goldpreis um 1400 Dollar pendelt, ohne nennenswert darunter zu fallen, desto mehr dürfte sich die zweite Alternative durchsetzen.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).



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