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Spannende Sommerbörse dank Gold und Silber

21.07.2013  |  Manfred Gburek
Von Börsenaltmeister Warren Buffett stammt der Spruch: "Je verrückter sich die Börse verhält, desto größer ist die Chance für einen professionellen Investor." Erinnern Sie sich noch daran, wie Ihnen früher in der Schule Zitate von Goethe, Nietzsche oder Kafka zur Interpretation vorgelegt wurden und Sie Ihre ganze Phantasie bemühen mussten, um dahinter zu kommen, was die Dichter und Denker wohl gemeint haben könnten? Allzu abwegig ist der Vergleich mit Buffett nicht, denn auch dessen Aussagen sind interpretationswürdig, und das sogar mit der Aussicht nicht allein auf einen intellektuellen, sondern auch auf einen materiellen Gewinn. Jede Schule, ja jeder Kultusminister sollte sich daran ein Beispiel nehmen.

Machen wir uns also an die Arbeit. Ausgangspunkt: Aktuell eine Sommerbörse, die alles andere als verrückt spielt, im Gegenteil, eine scheinbar total langweilige, jedenfalls wenn man von der japanischen absieht. Der letzte bemerkenswerte Kurseinbruch liegt knapp zwei Jahre zurück; seitdem haben die Aktienindizes Dax und Dow Jones sich prächtig erholt und neue Rekorde erzielt, der Dow mehr als der Dax, beide jedoch nicht spektakulär, der japanische Nikkei dagegen sehr wohl. Derweil ist Chinas Hang Seng, neben dem Shanghai Composite einst ein Star unter den Indizes, mal mehr, mal weniger hin und her geschwankt, der Shanghai Composite sogar leicht abwärts gerichtet. Währenddessen haben Edelmetalle und Rohstoffe erheblich an Terrain verloren.

So weit die nicht eben spektakuläre Bestandsaufnahme zu wichtigen Börsen. Wahrscheinlich fragen Sie sich jetzt: Was ist daran verrückt im Sinn Buffetts? Klare Antwort: aktuell nichts. Ist damit also auch die große Chance für einen professionellen Investor dahin? Nach einigem Grübeln fällt Ihnen womöglich die folgende Antwort ein: Man könnte eine Chance wahrnehmen, indem man in der einen oder anderen Aktie short geht; oder wie man früher sagte: à la baisse spekuliert. Die bisherigen Flops Commerzbank, Solarworld, Praktiker, Loewe und viele weitere haben ja gezeigt, dass das Abwärtspotenzial sehr groß sein kann, wenn eine Aktie erst einmal angeknockt ist.

Nun sind aber nicht alle Anleger so professionell und im rechtzeitigen Erkennen weiterer Flops derart geübt, dass sie mal eben short gehen könnten, ohne Kopf und Kragen zu riskieren. Ihnen liegt es halt eher, long zu bleiben, also à la hausse anzulegen. Folglich fragen sie sich, wo diesbezüglich Chancen bestehen. Doch noch in Aktien, darunter vielleicht in Nachzüglern aus der sogenannten zweiten Reihe? Oder in den preiswert gewordenen Edelmetallen Gold und Silber - es sei denn, sie besitzen schon genug davon. Oder sie haben mal etwas über die langen Wellen zum sechsten Kondratieff gelesen, wonach unter anderem Rohstoffe zu einem immer knapperen Gut werden, sodass sich möglicherweise ein Einstieg in Aktien von Rio Tinto und Freeport McMoran lohnen könnte.

Da niemand die Zukunft vorhersehen kann, ist hier ohne Zweifel viel Phantasie gefragt - ähnlich wie bei der Interpretation der Sprüche von Goethe, Nietzsche und Kafka, nur dass die Ausbeute der Phantasie dort im ausschweifenden Gedankenlesen bestand, während sie sich hier auf Chancen aus Spekulationsgewinnen konzentriert. Und noch ein Unterschied, sozusagen der Clou: Für die Klassenarbeiten zum Ergründen der Oberstübchen von Dichtern und Denkern ließ man Ihnen eineinhalb bis zwei Stunden Zeit; dagegen können Sie sich für das Börsenstudium und seine Umsetzung in möglichst hohe Erträge so lange Zeit lassen, wie Ihr eigenes Oberstübchen funktioniert.

Damit sind wir wieder beim Thema verrückte Börse angekommen. Konkret auf die aktuelle Entwicklung der gängigen Aktien bezogen: Je weniger verrückt sie sich verhalten - wie jetzt -, desto geringer scheint zunächst Ihre Chance zu sein, von ihnen zu profitieren. Oder wie Kaufleute zu sagen pflegen: Im billigen Einkauf liegt der Gewinn, und wenn du nicht billig einkaufen kannst, lass die Finger davon. Im Gegensatz zu den gängigen Aktien sind die Preise der Edelmetalle und vieler Rohstoffe allerdings schon so billig geworden, dass es sich lohnt, sie näher ins Auge zu fassen. Man denke in diesem Kontext nur an die stetigen Goldkäufe einiger Schwellenländer oder an den riesigen Bedarf Chinas am klassischen Industriemetall Kupfer.

Neben gängigen Aktien wie VW, Siemens, Ford oder General Electric, deren Kurse relativ hoch stehen, gibt es andere, auf die das Gegenteil zutrifft: Edelmetallaktien. Ihre Kurse haben unter den in diesem Frühjahr rückläufigen Preisen von Gold und Silber überproportional gelitten, und zwar unabhängig von ihrem Geschäftsmodell. Das gilt inzwischen für die führenden Edelmetallkonzerne Barrick und Newmont ebenso wie für die Royaltyfirmen Royal Gold und Silver Wheaton, für das stark expandierende mittelgroße Goldunternehmen Yamana wie für das in einem besonders interessanten Entwicklungsstadium angekommene Silberunternehmen First Majestic, ja es gilt sogar für die arg gebeutelten Südafrikaner AngloGold, Gold Fields, Harmony und DRD Gold.

In all diesen Fällen hat die Börse sich zum Schluss verrückt verhalten. Oder treffender formuliert: Anleger, die Gold- und Silberaktien besaßen, sind während des ersten Halbjahrs in Panik geraten und haben sie blindlings verkauft - womöglich nur, um den Aktien aus Dax und Dow hinterher zu laufen. Damit hat sich das wiederholt, was immer schon geschah, solange Börsen existieren: Aktien wechseln auf niedrigem Kursniveau von schwachen in starke Hände, auf hohem Kursniveau von starken in schwache.

Wer in diesem Sinn antizyklisch spekuliert, benötigt sehr viel Geduld: Zum einen, um die untere Wende abzuwarten und möglichst nahe um sie herum einzusteigen, zum anderen, um mit dem Verkauf möglichst nahe an die obere Wende heranzukommen. Das erfordert viel Übung und geht nie ohne Fehler in Einzelfällen vonstatten. Insofern erweist sich während der unteren wie auch während der oberen Wende sukzessives Handeln als sinnvoll. Im Fall von Gold, Silber und Edelmetallaktien sollte es jetzt abgeschlossen sein. In den nächsten Monaten wird sich zeigen, dass die Sommerbörse von daher gesehen ganz schön spannend war.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).



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