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Was liegt wirklich im Tresor?

10.08.2013  |  John Browne
Da die Nachfrage nach physischem Gold aus den Reihen der Privatinvestoren im Jahr 2013 durchweg kräftig war, kamen die deutlichen Preisrückgänge der letzten Monate für viele Investoren sehr überraschend. Auf der Suche nach einer Erklärung für diese Situation wurden schließlich Spekulationen laut, die sogenannten “Bullion-Banken" (meistens jene “Too-Big-To-Fail“-Institutionen, deren enge Kooperation mit den Zentralbanken bekannt ist) hätten Gold auf fraktionaler Basis verliehen und sogar verkauft, und zwar weit über die eigenen Tresorbestände hinausgehend. Das hätte zur Folge, dass die Menge des "allem Anschein nach" am Markt existierenden Goldes deutlich ausgeweitet wurde, was wiederum die Preise drückte. Eine solche Aktion würde den nötigen Deckmantel bieten, um den Erklärungsnöten zu entgehen, mit denen man im Rahmen der währungsentwertenden Zentralbankenpolitik konfrontiert wäre.

Die Gerüchteküche wurde im Januar nicht unerheblich durch die mysteriöse Ankündigung Deutschlands gespeist, der zweitgrößte Goldreservenhalter der Welt wolle um die 300 Tonnen seiner Goldreserven repatriieren, die in der New York Federal Reserve Bank lagern. Nach allgemeiner Auffassung sei diese Anfrage bei der Fed durch interne politische Forderungen motiviert gewesen, denen Zweifel vorausgingen, ob man das staatliche Vermögen Deutschlands weiterhin in ausländischen Händen belassen sollte.

Die Forderung Deutschlands macht weniger als 5% der Gesamtgoldbestände aus, die die Fed offiziell in New York lagert. (Interessanterweise wurde eine frühere Anfrage Deutschland zur Inspektion ihrer Bestände von der Fed abgelehnt.) Trotz der relativ kleinen Forderungen (‘relativ‘ hinsichtlich der Gesamtbestände) ist mit einer Repatriierung erst 2020 zu rechnen.

Möglicherweise aus Angst, letztendlich von einem ‘Barausgleich‘ in US-Dollars (anstatt physischer Goldlieferungen) ‘überzeugt‘ zu werden, wagte es Deutschland nicht, Beschwerden anzubringen. Das ist eine Interpretationsmöglichkeit. Die andere: Als wichtiges Mitglied des Eliteclubs der Zentralbanker handelte Deutschland ‘verantwortlich’, um nicht das ‘glücksselige Gleichgewicht' des fraktionalen, von Zentralbanken kontrollierten physischen Marktes in Gefahr zu bringen. Die siebenjährige Wartezeit auf die Rückgabe einer Einlage fand nichtsdestotrotz seinen Widerhall in den Goldmärkten. Es machten sich Vermutungen breit, dass die Fed vielleicht schon gar nicht mehr Eigentümer der angegebenen 8.133,5 Tonnen sei. Seit Jahren geben Zentralbanken an, dass sie mit ihrem Gold “Dinge tun“, so auch Leihgeschäfte und Swaps. Einige Zentralbanken, wie beispielsweise die Zentralbank Österreichs, deklarieren sogar “Erträge“ aus Geschäften mit ihrem Gold - in Form einmalverzinslicher Instrumente.

Bloomberg berichtete, dass die Goldlagerbestände der COMEX, seitdem die deutschen Forderungen nach einer teilweisen Rückführung der Goldbestände eingingen, unerwarteterweise von elf Millionen Unzen auf um die sieben Millionen Unzen gefallen seien – um ca. 36 %, der niedrigste Stand seit 5 Jahren. Fest steht, dass Händler im Jahr 2013 in zunehmendem Maße die physische Auslieferung ihrer Goldkaufkontrakte forderten.

Einige Händler könnten sich sogar für die physische Auslieferung entschieden haben, nachdem unbestätigte Berichte die Runde machten, dass es bei Bullion-Banken ernstzunehmende Anstürme auf physisches Gold gegeben hatte, das im Auftrag von Kunden gelagert wurde. Schon am 23. Januar 2013 hieß es in einem Kommentar der Webseite “Wealth Cycles“: “Das Problem […] ist die Fast-Tatsache, dass nicht alle von den Bullion-Banken angegebenen physischen Goldlagermengen tatsächlich auch dort sind. Ein großer Teil wurde verpfändet und wiederverpfändet - gegen die Schulden, die dieses globale Geldsystem am Laufen halten.“

An allgemeinen Wohlbehagen muss wohl auch ein Brief gerüttelt haben, den die verstaatlichte niederländische Bank ABN-AMRO den Besitzern von Papieransprüchen auf Gold und Silber zukommen ließ, das dort gelagert wurde. Den Kunden wurde mitgeteilt, das von der Bank verwaltete physische Metall werde in Zukunft nur noch “bar ausgeglichen“, physische Auslieferungsforderungen würden zudem abgelehnt. Entgegen aller Logik begann der Goldpreis, angesichts erhöhter Unsicherheiten im physischen Goldmarkt, aber nicht zu steigen. Der Goldpreis fiel hingegen - von 1.668, 25 $ am 8.Februar auf 1.192 $ Ende Juni - um knapp 29%.

Viele beschlich verständlicherweise der Gedanke, dass die Zentralbanken durchaus aktiv geworden sein könnten, um den Bullion-Banken den Einsatz massiver Short-Positionen bei den Edelmetallen zu ermöglichen, um die Kurse zu drücken. Der vorausgehende Aufstieg der Goldkurse war zu einer dauerhaften Peinlichkeit für das aktuelle Fiat-Währungsregime geworden. Am 18. Juli 2013 sagte der Chef der Federal Reserve Ben Bernanke vor dem Kongress: “[…] niemand versteht wirklich die Goldpreise, und auch ich würde nicht behaupten, sie zu verstehen.“ Diese Aussage wurde von Kongress nicht angefochten, einige Marktbeobachter brachte sie aber dazu, ihm große Heuchelei oder sogar ein Ausweichmanöver zu unterstellen. So viel zur irreführenden ‘Forward Guidance’.

Wahrscheinlich wäre Mr. Bernanke tief schockiert gewesen, hätte irgendein Kongressabgeordneter eine Erklärung von ihm verlangt, warum die Gold Forward Offered Rate (GOFO) in den negativen Bereich abgerutscht sei. Die GOFO liegt jetzt unter der US Fed Funds Rate und der London Interbank Offered Rate (LIBOR). Investoren sollten sich zwei grundsätzlich entscheidende Faktoren vor Augen führen. Erstens: Die Goldkurse könnten jahrelang durch Zentralbanken gedrückt worden sein und jetzt zur Gegenreaktion ansetzen, da die physischen Knappheiten und die Entwertung der Fiat-Währungen immer offensichtlicher werden. Zweitens: Es könnte sich bald deutlich zeigen, wie viel wertvoller der physische Besitz von Goldbeständen ist.


© John Browne
Senior Market Strategist

Der Artikel wurde am 06.08.2013 auf www.safehaven.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



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