"Financial Warfare" gegen Russland
01.03.2015 | Prof. Dr. Thorsten Polleit
Es wird gefordert, Russland solle aus dem Interbankensystem SWIFT ausgesperrt werden. Für Europa wäre das höchst gefährlich.Einige US-Senatoren sowie auch EU-Politiker und deutsche Parlamentarier haben den Vorschlag gemacht, Russland aus dem Interbankensystem SWIFT auszusperren. SWIFT ist eine Kooperation von mehr als 10.500 Finanzinstitutionen in 215 Ländern und Regionen, die Informationen zur Abwicklung von Zahlungs- und Wertpapiertransaktionen bereitstellt. SWIFT selbst führt jedoch keine Konten oder tätigt Überweisungen.
Würde russischen Banken der Zugang zu SWIFT versperrt, könnten daher immer noch Zahlungen mit russischen Handelspartnern ausgeführt werden, etwa indem Korrespondenzbankverbindungen genutzt werden. Das Ansinnen der Amerikaner, Russland den Zugang zu SWIFT zu verwehren, zielt jedoch vermutlich in die folgende Richtung: Die Amerikaner wollen die US-Dollar-Dominanz zur Erreichung politischer Ziele einsetzen. Diese Strategie des US-Schatzamts, die seit 9/11 in die Tat umgesetzt wird, ist auch als "Financial Warfare", als "finanzielle Kriegsführung" bekannt.
Die Amerikaner könnten jedoch den Russen den Zugang zum internationalen Zahlungsverkehr beispielsweise dadurch versperren, dass sie Sanktionen gegen diejenigen Banken aussprechen, die mit Russland Zahlungen abwickeln. Beispielsweise wird Banken, die mit Russland Zahlungen abwickeln, der Zugang zum US-Dollar-Markt gesperrt. Angesichts derartiger Sanktionen ist denkbar, dass Russland vom internationalen Zahlungsverkehr abgeschnitten werden könnte. Nicht nur für die russische Volkswirtschaft, sondern auch für alle diejenigen, die mit russischen Unternehmen Handel betreiben, würde es dann heikel.
Beispielsweise könnten russische Banken und Firmen, die US-Dollar- oder Euro-Verbindlichkeiten haben, keine Zins- und Tilgungszahlungen mehr an ihre Gläubiger überweisen - zum Schaden der Kreditgeber. Auch wäre für russische Firmen eine Neukreditaufnahme in Fremdwährung nicht mehr möglich. Das kann zu Zahlungsausfällen führen - zum Schaden von Schuldner und Gläubiger.
Zudem könnten Energieimporteure - und dazu gehört vor allem auch Deutsch-land - ihre Öl- und Gasrechnungen nicht mehr an Russland überweisen. Russland würde wohl die Energielieferungen nach Europa einstellen müssen. Das würde absehbar Produktion und Beschäftigung der europäischen Volkswirtschaften schädigen. Es mag nicht für alle offenkundig sein:
Doch Wirtschaftssanktionen - und hierzu gehört das Sabotieren des internationalen Geldverkehrs - von denen behauptet wird, dass sie Russland schaden, schaden auch allen anderen Ländern. Denn nimmt die russische Produktionsleistung ab, fallen auch die Einkommen und die Güterversorgung aller Handelspartner unter das Niveau, das erreichbar wäre, wenn keine Sanktionen erhoben würden. Was immer man sich politisch von ihnen verspricht: Wirtschaftssanktionen sind eine kollektive Selbstschädigung.

Quelle: Bloomberg, eigene Berechnungen.
*Die Serien sind indexiert (5. Januar 2007 = 100). Legende: USD = US-Dollar, RUB = Russischer Rubel, MDL = Moldauischer Leu, RON = Rumänischer Leu.
*Die Serien sind indexiert (5. Januar 2007 = 100). Legende: USD = US-Dollar, RUB = Russischer Rubel, MDL = Moldauischer Leu, RON = Rumänischer Leu.
© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH