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Warum Deutschland zum Zahlmeister für Griechenland wird

31.05.2015  |  Manfred Gburek
Sind Sie das Thema Griechenland nicht auch schon längst leid? Und dennoch, es wird uns alle noch mehr beschäftigen, als uns lieb sein kann. Dazu fällt mir eine Metapher ein, die vor Monaten bei einem Seminar der Frankfurt School of Finance & Management heiß diskutiert wurde: Zwei Autofahrer wagen eine Mutprobe. Sie rasen in hohem Tempo aufeinander zu. Wer dem anderen zuerst ausweicht, um einen Crash zu vermeiden, hat verloren; der andere hat gesiegt.

Nennen wir den einen Troika, bestehend aus EZB, EU-Kommission und Internationalem Währungsfonds IWF; nennen wir den anderen Griechenland. Troika fährt eine Mercedes-S-Klasse, die möglichst unbeschädigt die Mutprobe überstehen soll. Dagegen reicht es für Griechenland nur zu einem klapprigen Lada, bei dem es nicht mehr darauf ankommt, ob er den Crash übersteht. Angesichts dieser Konstellation ist sein Fahrer siegesgewiss und steuert den Lada mutig auf den Mercedes zu. Wie zu erwarten, weicht dessen Fahrer im letzten Augenblick aus, und Griechenland hat die Mutprobe gewonnen.

Machen wir uns nichts vor, die Griechen wissen um ihre Chance und nehmen sie konsequent wahr. Sie besteht darin, dass sie ihre Schulden bis zum Sankt-Nimmerleinstag aufgeschoben bekommen. Denn dem Troika-Verbund fällt keine bessere Lösung ein, als griechische Reformen anzumahnen, ohne dass sie sich bis zur letzten Konsequenz wirklich durchsetzen lassen. Doch die Reformen bleiben gerade unter der neuen Regierung aus. Dazu nur dieses Beispiel: Die Wirtschaftsleistung des Landes ist 2014 zum ersten Mal seit Krisenausbruch gewachsen, und die Prognosen für 2015 haben zunächst richtig gut ausgesehen. Damit ist jetzt Schluss, die Vorzeichen sind allesamt negativ.

Man muss sich vor diesem Hintergrund klar machen, dass die griechische Krise mittlerweile in ihr sechstes Jahr geht. Vor über fünf Jahren hatte Griechenland die ersten Hilfskredite unter Auflagen erhalten. Spanien, Portugal, Zypern und Irland folgten Schlag auf Schlag. Alle fünf Länder hielten sich zunächst an die Auflagen. Aber die stießen den Griechen offenbar irgendwann derart sauer auf, dass ihre Schulden inzwischen über 170 Prozent der Wirtschaftsleistung ausmachen. Unter diesen Umständen ist eine Entschuldung unmöglich. Der Schuldenschnitt privater Gläubiger vor drei Jahren hat kaum etwas gebracht, sondern diese Unmöglichkeit nur bestätigt.

Und nun? Auf eine einfache Formel gebracht: Deutschland soll zahlen. Das ist in diesen Tagen besonders Finanzminister Wolfgang Schäuble anzumerken, dessen Miene sich während der vielen Interviews, die er in letzter Zeit geben muss, noch mehr verfinstert als sonst. Warum und wie Deutschland zahlen soll, ergibt sich aus einem aktuellen Papier des Troika-Mitglieds IWF: "Länder mit finanziellem Spielraum, insbesondere Deutschland, können mehr tun, um das Wachstum anzuregen, und zwar vorrangig durch dringend benötigte öffentliche Investitionen."

Nanu, soll die ohnehin schon flotte deutsche Konjunktur zusätzlich angeregt werden? Dann haben die anderen Euroländer wohl kaum etwas davon. Oder sind die Investitionen so zu verstehen, dass Frankreich, Italien, Spanien und die übrigen Euroländer Vorteile daraus ziehen? In diesem Fall könnten wir ja gleich einen gemeinsamen Topf bilden, genannt Vergemeinschaftung der Fiskalpolitik. Wenn es in den kommenden Tagen und Wochen wieder um die Rettung Griechenlands gehen wird, dürfte der IWF jedenfalls in den Fokus der Öffentlichkeit geraten - und folglich auch seine Forderung, Deutschland möge doch bitteschön stärker für den Rest der Eurozone einspringen.

Wie ernst es damit bestimmten Kreisen ist, nicht nur dem IWF, ergibt sich aus dem ständigen Trommelwirbel, den besonders angelsächsische Kreise immer wieder veranstalten. Dazu nur drei Beispiele: Da werden abwechselnd Ben Bernanke, früher Chef der US-Notenbank Fed, der Ökonom Paul Krugman, dessen bisherige Prognosen zum Teil ziemlicher Mist waren, und der in die Jahre gekommene Spekulant George Soros bemüht, um am deutschen Leistungsbilanzüberschuss und sogar an der immer noch ganz passablen hiesigen Infrastruktur kein gutes Haar zu lassen. Eine Schande, dass sogar deutsche Medien sich auf die Wiedergabe der oft kruden Gedanken aus solchen Quellen einlassen.

Wie verfahren der Eurozonen-Karren bereits ist, belegen einige Forderungen zur Überwindung der Eurokrise, ausgesprochen von Bundesbank-Präsident Jens Weidmann aus Anlass eines Vortrags beim Politischen Forum Ruhr vor einem Monat: Die Währungsunion kann nur über Regeln funktionieren, die von allen ihren Mitgliedern befolgt werden. Diese müssen für die Folgen ihrer Politik selbst geradestehen.

In letzter Konsequenz bedeutet das: Eine staatliche Insolvenz muss möglich sein, ohne dass das Finanzsystem zusammenbricht. Und zu guter Letzt: "Die Geldpolitik darf nicht überfordert werden. Andernfalls ist ihre Fähigkeit, die Preisstabilität zu sichern, auf Dauer gefährdet. Mit den Mitteln der Geldpolitik lässt sich die Krise nicht bewältigen. Die Verantwortung dafür liegt letztlich bei den gewählten Politikern."

Womit wir auch wieder bei den griechischen Politikern wären, die offenkundig nichts Besseres im Sinn haben, als auf einen Crash zuzurasen - im Bewusstsein, dass ihrem Land schon irgendwie geholfen und dass insbesondere Deutschland zu ihrem Zahlmeister wird. Von daher gesehen würde es an ein Wunder grenzen, wenn die von Weidmann aufgestellten Forderungen erfüllt werden könnten.

Falls Sie sich jetzt fragen, was das alles für Sie bedeuten kann, vor allem in Ihrer Rolle als Anleger, will ich Ihnen die Antwort nicht schuldig bleiben: Von Griechenland kann, muss aber nicht unbedingt eine größere Finanzkrise ausgehen. Folglich sind Sie gut beraten, für den Fall der Falles einen ordentlichen Batzen Tagesgeld vorzuhalten, um dann, nachdem eine solche Krise möglicherweise ausgebrochen ist, besonders bei Aktien auf Schnäppchenjagd zu gehen. Während einer solchen Entwicklung dürfte Gold und in seinem Gefolge auch Silber von vornherein favorisiert sein. Das heißt, das Schwergewicht Ihrer Anlagen sollte auf Tagesgeld und Gold liegen.

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© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: Außer diversen Börsenbüchern schrieb er: "Das Goldbuch", das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z", "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" und zuletzt das Ebook "Ach du liebes Geld!".



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