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Vom dubiosen Wert des Geldes und vom wahren Wert des Goldes

19.07.2015  |  Manfred Gburek
Diese Überschrift überrascht Sie womöglich, weil der Goldpreis in der abgelaufenen Woche, besonders am Freitag, wieder mal zurückgegangen ist. Doch wenn Sie die folgenden Ausführungen bis zum Ende lesen, dürfte Ihre Überraschung abgeklungen sein. Zunächst wichtige aktuelle Zahlen aus dem CFTC Commitments of Traders Report von diesem im Vergleich zum vorangegangenen Freitag: Netto-Shortpositionen der Gold-Terminkontrakte von Commercials (professionellen Händlern) 48.469 nach 52.588, dto. Silber 15.589 nach 14.319.

Das heißt, die Profis sind in Bezug auf Gold nochmals weniger pessimistisch gestimmt, nachdem sie das schon in der Vorwoche waren. Beim Silber sind sie es noch nicht. Derweil haben sich die entsprechenden Positionen der Non-Commercials (Spekulanten, zum Beispiel Hedgefonds) nur geringfügig verändert, nachdem sie zuvor hochgeschossen waren. Alles in allem: kein Grund zur Aufregung und ein gewisser Hoffnungsschimmer.

Das Warten auf den ultimativen Anstieg des Gold- und des Silberpreises verlangt Ihnen allerdings noch etwas Geduld ab. Lohnt es sich? Unter der Voraussetzung, dass der Wert des Geldes - Euro, Dollar, Yen, Renminbi usw. - abnimmt, eindeutig ja. Nur ist die Wertmessung in diesem Fall kein Kinderspiel. Als Ersatzgröße wird üblicherweise die Inflationsrate genommen, ausgewiesen als Index der Verbraucherpreise. Sie ist, wie wir in den vergangenen Tagen wiederholt erfahren haben, eher mau. Aber spiegelt sie wirklich den Geldwert wider?

Dieser Frage hat sich Axel Weber, Chef des Verwaltungsrats der Großbank UBS, am 24. Juni in einem hochinteressanten Handelsblatt-Beitrag gewidmet - mit Erkenntnissen, die man den Notenbankern und Politikern am liebsten täglich um die Ohren hauen möchte. Hier sind einige Kernaussagen:

"Es existiert kein Preisindex, der exakt den Wert des Geldes reflektiert. Grund dafür ist die mangelnde Stabilität der Beziehung zwischen der Geldmenge, die letztlich den Geldwert bestimmt, und den Preisen. Zunächst einmal ist die Zeitverzögerung zwischen Veränderungen der Geldmenge und den Preisbewegungen lang, schwankend und unvorhersehbar. Daher garantiert die Stabilisierung der Verbraucherpreise auch auf eine Frist von zwei bis drei Jahren langfristig noch keinen stabilen Geldwert. Darüber hinaus führen verschiedene Messmethoden der Verbraucherpreise zu unterschiedlichen Ergebnissen."

So weit der erste Teil von Webers Analyse. Er hat ihm noch einen zweiten angehängt, und der hat es in sich. Denn er entführt Anleger in eine Unterwelt, die sich kaum mit Zahlen erfassen lässt: in die der Notenbanker, die - wie wir während der vergangenen Tage anhand der gigantischen EZB-Geldschwemme erleben konnten - den Geldwert geradezu nach unten knüppeln. Und das soll auf Dauer gut gehen? Nie und nimmer. Zitieren wir noch einmal Weber:

"Es kommt dazu, dass die Zentralbanken heute routinemäßig die Verantwortung für alle Preise mit Ausnahme der Verbraucherpreise weit von sich weisen und damit übersehen, dass sich der Geldwert in allen Preisen spiegelt, also auch in denjenigen für Rohstoffe, Immobilien, Aktien, Anleihen und, vielleicht am wichtigsten, in den Wechselkursen. Kurzfristig stabile Verbraucherpreise sind kein Garant für wirtschaftliche, finanzielle und monetäre Stabilität."

Sind Notenbanker diesbezüglich auf einem Auge blind? Ich beurteile das so: Abgesehen von einigen Möchtegerns, die es durch Proporz-Winkelzüge zum Beispiel in die EZB oder in die amerikanische Fed geschafft haben, sind die meisten Notenbanker fähige Leute und überhaupt nicht auf einem Auge blind. Ab und zu blinzeln sie mit ihm, vermutlich in der Erkenntnis, dass die Orientierung ihrer Geldpolitik an so einer Hilfskrücke wie 2 Prozent Inflation (dem sogenannten Inflationsziel, gemessen an den Verbraucherpreisen) den wahren Wert des Geldes über kurz oder lang total verschleiern wird.

Wie kurz, wie lang? Wahrscheinlich ahnen Sie bereits, dass wir uns auf Umwegen allmählich wieder dem Thema Edelmetalle nähern. Wie das? Weil der ultimative Anstieg ihrer Preise Zeit braucht und weil diese Zeit kurz oder lang sein kann. Von Ihnen als Anleger verlangt er Geduld. Lohnt sich das Warten? Ja. Die vollständige Antwort hat der zitierte Axel Weber gegeben: Wie die Kurs- bzw. Preisentwicklung verschiedener von ihm genannter Anlagekategorien unter Führung von Devisen (erst Schweizer Franken, jetzt US-Dollar), Aktien, Anleihen und Immobilien zeigt, haben wir es mit einer hohen Abwertung des Geldes zu tun.

Sie zeigt sich in diesem Fall als Aufwertung des Dollars, der Aktien, der Immobilien und bis vor Kurzem auch der Anleihen. Tun wir noch seltene Münzen, Kunstwerke und Oldtimer dazu, dann ist die Sammlung fast komplett.

Aber warum ziehen die Preise der Rohstoffe und der Edelmetalle nicht mit, sondern warum fallen sie sogar? Weil die wichtigsten Rohstoffe - Öl, Stahl, Kupfer, Aluminium, Zink u.a. - von der weltweit nicht eben berauschenden Konjunktur abhängen und weil der Goldpreis, der die Preise der anderen Edelmetalle bis zu einem gewissen Grad mitreißt, manipuliert wird (das haben andere Autoren bereits umfangreich recherchiert und dokumentiert).

Wobei Ihnen sicher längst aufgefallen ist, dass der Euro-Goldpreis sich anders als der rückläufige Dollar-Goldpreis in den vergangenen Monaten nur wenig vom Fleck bewegt hat. Das heißt, als Goldbesitzer haben Sie zwar nicht unmittelbar vom Edelmetall selbst profitiert, sondern gewissermaßen mittelbar vom gestiegenen Dollar. Bleibt der Dollar stark? Gegen den Euro kann das wegen Griechenland noch für einige Wochen der Fall sein, doch Vorsicht ist angebracht: Erstens, weil die US-Konjunktur in mancherlei Hinsicht - etwa wegen ihrer starken Abhängigkeit vom Konsum - zu lahmen droht, und zweitens, weil die häufigen Zinserhöhungs-Andeutungen von Fed-Chefin Janet Yellen substanziell nichts aussagen.

Bleibt der Dollar gegen Gold stark? Das mag für einige Wochen oder Monate gelten, aber bestimmt nicht für die nächsten Jahre. Denn angefangen bei den hohen amerikanischen Schulden bis zur Erkenntnis, dass der Druck auf den Goldpreis nicht endlos ausgeübt werden kann (weil es Gegenkräfte gibt, siehe CFTC-Daten), spricht einiges dafür, dass breite institutionelle Anlegerkreise dieses Spiel durchschauen und nach fast vier Jahren Pause wieder verstärkt auf Gold und die anderen Edelmetalle setzen.

Ist Ihnen trotzdem schon der Geduldsfaden gerissen? Dann empfehle ich Ihnen das lesenswerte Buch "Der Börse einen Schritt voraus" von Peter Lynch, dem erfolgreichsten Fondsmanager der 80er Jahre. Daraus nur zwei Sätze: "Es verlangt ein bemerkenswertes Maß an Geduld, um in einer Aktie engagiert zu bleiben, von der man selbst begeistert ist, die jeder andere aber zu ignorieren scheint. Die höchsten Gewinne erziele ich im dritten oder vierten Jahr, in dem ich eine Aktie halte." Ersetzen Sie Aktie durch Gold - und üben Sie sich in Geduld!


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: Außer diversen Börsenbüchern schrieb er: "Das Goldbuch", das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z", "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" und zuletzt das Ebook "Ach du liebes Geld!".



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