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Juppsaudi und juppsauda - neuer König im Lande von Allah

28.12.2015  |  Prof. Dr. Hans J. Bocker
Ist das große Wüstenland für Deutschland sau(di)schlecht oder sau(di)gut?

Sollten Sie rein zufällig diesen Mann nicht zu Ihrem engeren Freundeskreis zählen, dann holen Sie dieses Versäumnis schnellstens nach. Er hat nichts mit touristischen Kamelen oder Karawanen zu tun, wenigstens nicht direkt, auch wenn er so aussehen mag. Der Gute ist jedoch als der 7. Saudi-König der Dynastie Saud (der erste war Abd al Aziz al Saud, im Amt 1932-1953) allein schon deswegen von Bedeutung, weil er als absoluter Monarch das Leben der Amerikaner und auch der Europäer deutlich unangenehmer gestalten könnte.

Als Freund aber macht er oft großzügige Geschenke. So würde er im Falle der Rationierung von Treibstoffen (kommt hochwahrscheinlich eines trüben Tages im Westen alternativlos) seinen Freunden per lässige Handbewegung Diesel oder Benzin. dem Verbrauch des Freundes von 10 oder 12 Jahren entsprechend, generös zukommen lassen. Mit Gesamtreserven von 264 Milliarden Fass Rohöl (den zweitgrößten der Welt und etwa einem Fünftel aller globalen Reserven) sowie Förderraten von 9 bis 11 Millionen Fass pro Tag, kann er sich das anstandslos leisten. Zur Erinnerung: 1 Fass = 159 Liter. In der Krise braucht man jedenfalls wahre Freunde.

Diesen potentiellen Freund plagen diverse Sorgen. Eine hievon ist seine extrem wachsende Bevölkerung. Gab es 1960 erst 3,5 Mio. Saudis, so wird Anfang 2016 die 30-Mio.-Grenze überschritten, die alle mehr oder weniger am Finanz- und Öltropf hängen. Auch steigen die internen Spannungen zwischen den herrschenden Wahabiten (74%) und den Schiieten (12%) sowie Andersgläubigen.

Dafür aber gibt es keine politischen Parteien, eine strenge Religionspolizei und noch strengere Strafen: Diebstahl während des Hadsch wir meist mit dem Tode bestraft, ansonsten mit Fuß- oder Handabhacken - sowie Versammlungsverbot. Folter und Kreuzigungen sind Routine. Ein Musterfall für Feministen: Saudi-Frauen sind nicht geschäftsfähig, doch kein nenneswerter Protest westlicher Frauen ist zu hören. Öl ist eben dicker als Blut oder Wasser. Das Land ist eines der letzten 6 absoluten Monarchien der Welt. Die anderen 5: Brunei, Katar, Oman, Swasiland und der Vatikan. Salman unterstehen 22 Ministerien und ein Ministerrat mit 150 Mitgliedern, alles devote Abnicker.

Für Deutschland wirkt Saudi Arabien derzeit "saudi-gut", da es wegen Überproduktion zu den sehr niedrigen Ölpreisen beiträgt. Würden die Pipeline-Sperräder im Uhrzeigersinn gedreht, wandelte sich die Situation rasch zu "saudi-schlecht" (siehe unten).


Königlich schlechte Laune

Seine königliche Hoheit ist im Moment ausgesprochen schlecht gelaunt, weil die lieben Amis, als seine militärischen Verbündeten und Schützer, seit Anfang 2013 ihre Ölbestellungen bei ihm von 1,6 auf 0,5 Millionen Fass pro Tag dramatisch zurückgefahren haben. Zur Beachtung; Der Ölmarkt reagiert schon auf kleine Änderungen im Gefüge von Nachfrage - Angebot höchst sensitiv. Zuhause in "Gottes eigenem Land" (wie man in USA so schön von Gebilde der 50 Staaten sagt) betreibt man jetzt "fracking" im großen Stil, und gewinnt damit fast so viel Öl, wie man früher importierte.

Dass Mutter Erde mit Millionen Tonnen hoch toxischer chemischer Substanzen vollgepumpt wird, und dass der Fracking-Betrieb bisher insgesamt rote Zahlen im dreistelligen Bereich in die Bilanzen der Förderfirmen schrieb und noch schreibt, spielt anscheinend keine Rolle. Hauptsache man trifft den in den Medien geradezu verteufelten Putin mit voller Kraft, denn dessen Land hängt zu etwa 70% vom Ölexport, genauer, vom Ölpreis ab.

Aber König Salman und dessen Land trifft es ebenfalls, wenngleich weniger hart. Und eben dies gefällt ihm ganz und gar nicht. Außerdem scheint sich die gebetsmühlenartige Wiederholung der Formel: "Der Ölpreisverfall ist nur temporär und daher nicht weiter zu beachten" einer gewissen Janet Yellen, nicht mit der Realität zu vertragen. Neueste Prognosen westlicher Experten gehen sogar davon aus, dass "die Ölschwemme das gesamte Jahr 2016 unvermindert anhalten wird". Deutsche Autofahrer, die eben Preise von 0,96 € pro Liter Diesel sahen, jauchzen freudig auf und singen (zumindest in Bayern) "Juppsaudi und Juppsauda, Schwemme ist gut für die Brieftascha“.

An Überschüssen von etwa 12% des Staatshaushaltes, gemessen am BIP, konnte sich Salman sowohl 2011 wie auch 2012 noch erfreuen, während die meisten Länder mit Haushaltsdefiziten, genannt Schuldenwirtschaft, arbeiteten. Doch 2013 schrumpfte der Überschuss auf 5% des BIP zusammen. 2014 gab es dann etwas bisher Unerhörtes; Ein Defizit war entstanden, wenn auch nur in Höhe von 4%. Für 2015 wird bereits mit schockierenden 22% vom BIP gerechnet. Das Land lebt somit weit über seine Verhältnisse und zehrt, erstmalig in seiner Geschichte, von den Finanzreserven. Damit wird man sich jedoch nicht abfinden.

Im Hintergrund grollt man im Königshaus den Verursachern dieser misslichen Zustände. Besuche in Moskau und Peking sind erste Zeichen einer sich vage abzeichnenden politischen Wende.



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