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Die zeitlose Geldtheorie der Österreichischen Schule der Nationalökonomie

03.09.2017  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quasi im Schnelldurchlauf erfahren Sie in diesem Artikel alle wichtigen und zeitlosen Erkenntnisse in der Theorie des Geldes.

Im Jahr 1912 veröffentlicht Ludwig von Mises (1881-1973), der es verdient, der bedeutendste Ökonom und Gesellschaftstheoretiker des 20. Jahrhunderts genannt zu werden, seine Habilitationsschrift mit dem Titel Theorie des Geldes und der Umlaufsmittel. Sie enthält wichtige Erkenntnisfortschritte über Wesen und Wirkung des Geldes in einer arbeitsteilig organisierten Geldwirtschaft.

Auch hundert Jahre nach Erstveröffentlichung ist der Wissenswert von Mises‘ geldtheoretischen Ein-sichten ungeschmälert. Nachstehend seien einige zentrale Erkenntnisse vorgestellt - die übrigens auch helfen, die Ursache für die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise zu verstehen und Lösungswege zu formulieren.

Geld, so Mises, ist das allgemein akzeptierte Tauschmittel. Die Tauschmittelfunktion ist dabei die einzige Funktion des Geldes. Die Recheneinheits- und Wertaufbewahrungsfunktion sind lediglich Unterfunktionen der Tauschmittelfunktion. Geld ist für eine arbeitsteilige moderne Volkswirtschaft unverzichtbar. Erst mit der Verwendung von Geld wird eine Wirtschaftsrechnung möglich, durch die die Handelnden Kosten und den Ertrag von komplexen Produktionsentscheidungen gegenüberstellen und ökonomisch sinnvolle Entscheidungen treffen können.

Geld ist ein Gut ist wie jedes andere Gut auch, mit einer Besonderheit: Geld ist das liquideste Gut, es ist das allgemein akzeptierte Tauschmittel. Seine (Tausch-)Wertbestimmung unterliegt dem Gesetz des abnehmenden Grenznutzens. Es besagt, dass der Nutzen einer zusätzlichen Einheit eines Gutes mit steigender Verfügbarkeit des Gutes abnimmt. Angewendet auf das Geld heißt das: Je mehr Geld jemand hält, desto geringer ist für ihn der (Grenz-)Nutzen der zusätzlich erhaltenen Geldeinheit: Der Nutzen des Geldes kommt im Nutzen der Güter zum Ausdruck, die man für die Hingabe einer Geldeinheit eintauschen kann.

Steigt die Geldmenge, werden die Marktakteure sie früher oder später (aufgrund des Grenznutzenkalküls) gegen andere Güter eintauschen. Die Güterpreise steigen dann (im Vergleich zu einer Situation, in der die Geldmenge unverändert geblieben wäre), und folglich nimmt die Kaufkraft des Geldes ab. Für die 'Österreicher' ist daher Inflation das Ausweiten der (ungedeckten) Geldmenge. Entsprechend bezeichnen sie ein Schrumpfen der Geldmenge als Deflation.

Während die Ausweitung der Konsum- und Invesetitionsgüter wohlfahrtsmehrend ist, gilt das nicht auch für eine Ausweitung der Geldmenge. Eine Volkswirtschaft braucht keine ansteigende Geldmenge. Vielmehr ist jede gerad vorherrschende Geldmenge "optimal": Die gerade verfügbare Geldmenge leistet die Gelddienste so gut wie jede andere. Eine hohe Geldmenge führt dabei zu hohen Güterpreisen, eine geringe Geldmenge zu geringen Güterpreisen.

Eine Veränderung der Geldmenge ist hingegen höchst bedeutsam. Sie verursacht nämlich zwangsläufig Umverteilungswirkungen von Ein-kommen und Vermögen ("Cantillon-Effekt"): Diejenigen, die das neu geschaffene Geld als erste erhalten, sind die Gewinner, weil sie noch zu unveränderten Preisen kaufen können; sie werden reicher. Diejenigen aber, die das neue Geld später oder gar nichts bekommen, sind die Verlierer; sie werden ärmer.

Diese Einsichten lassen die Quantitätstheorie in anderem Lichte erscheinen. Sie besagt, dass ein Ansteigen der Geldmenge für ein proportionales Ansteigen aller Preise sorgt, die Einkommen aber unberührt lässt. Eine solche "Neutralität" des Geldes ist jedoch ein Mythos. Ein Ausweiten der Geldmenge ist niemals neutral: Unterschiedliche Marktakteure sind zu unterschiedlichen Zeiten in unterschiedlicher Weise betroffen. Wenn sich die Folgen der Geldmengenerhöhung vollständig entfaltet haben, haben sich die Einkommens- und Vermögensverhältnisse gegenüber der Situation vor der Geldmengenausweitung geändert.

Carl Menger (1840-1921), der Begründer der Österreichischen Schule der Nationalökonomie, 1871, hat eine Theorie der Geldentstehung vorgelegt. Ihm zufolge entsteht Geld spontan aus einem freien Marktprozess, und zwar aus einem Sachgut das, bevor es zu Geld wurde, allein aufgrund seiner nicht-monetären Eigenschaften wertgeschätzt wurde - wie es etwa bei Gold und Silber der Fall ist. Mit seinem "Regressionstheorem" untermauert Mises die Theorie von Menger.


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