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Federal Reserve (Fed) - Der große Schrumpf?

24.09.2017  |  Klaus Singer
- Seite 2 -
Eine Auswertung der Häufigkeitsverteilung bestimmter Merkmale der Zinsstruktur der drei genannten Rendite-Zeitreihen meldet keine statistisch relevante Rezessiongefahr, wenn auch ein gewisse Tendenz dahin. Die Auswertung hatte vor den jüngsten beiden Rezessionen zuverlässig früh gewarnt. Hier mag allerdings der genannte Vorbehalt gelten, nämlich, dass der Zins als der zentrale Preis einer kreditgetriebenen Volkswirtschaft bis zur Unkenntlichkeit manipuliert ist (siehe Chart).

Eine andere Betrachtung gilt dem "BofA Merrill Lynch US High Yield Master II Option-Adjusted Spread". Ein steigender Spread (zu 10-jährigen TNotes) zeigt zunehmende Risikoaversion. Kritische Schwellen würde ich hier bei rund 5% (Warnpegel) und oberhalb von etwa 6,25% sehen. Aktuell zeigt sich hier keinerlei „Gefahr“ und auch kurzfristig kaum Reaktion. Insbesondere die Junkbondmärkte sind hochgradig mit der Liquiditätsversorgung durch die Fed korreliert und dürften folgerichtig auch am stärksten unter die Räder kommen, wenn sich hier eine signifikante Kontraktion abzeichnet.

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BofA Merrill Lynch US High Yield Master II Option-Adjusted Spread
(Chartquelle: https://fred.stlouisfed.org/series/BAMLH0A0HYM2)


Der Schluss, der an dieser Stelle gezogen werden kann: Die Zinsmärkte reagieren bisher kaum auf die Aussicht einer Liquiditätsverknappung. Sie indizieren allerdings weiterhin, dass sich die Wirtschaft anemisch entwickeln wird. Die gleiche Sprache spricht die Inflationsrate, deren Entwicklung die Fed-Chefin auf einer Pressekonferenz gerade erst wieder als Rätsel bezeichnet hat. Auch Aktien im allgemeinen haben kaum reagiert, allerdings zeigten große Technologiewerte zuletzt relative Schwäche. Deren Gewinne haben den Aufschwung im Technologiebereich in diesem Jahr zu einem großen Teil getragen. Deswegen würde ich das bisher als Gewinnmitnahmen einstufen.

Wenn die Fed ernsthaft an die Stärke der Wirtschaft glauben würde, so wie sie das in ihren Verlautbarungen mit kleinen Variationen immer wieder vorgibt, dann hätte sie allerspätestens vor fünf Jahren begonnen, die Leitzinsen anzuheben und ihre Bilanz zu verkürzen. Als Zwischenlösung hätte sie damals zumindest Zinserhöhungen mit weiteren, über ihre Bilanz laufenden Liquiditätsinjektionen kombinieren können, um steigende Kreditzinsen abzufedern. Sie hat nichts dergleichen getan - im Gegenteil.

Jetzt, gegen Ende des laufenden Konjunkturzyklus versucht die Fed, Boden unter die Füsse zu bekommen, um Reaktionsmöglichkeiten in einer künftigen Rezession zu bekommen. Dazu dienen die bisher erfolgten Zinsschrittchen, mit denen signalisiert werden soll, dass sich die Wirtschaft auf gutem Kurs befindet. Das Vorhaben der Bilanzverkürzung dient theoretisch demselben Ziel, aber es ist zunächst nicht mehr als Kosmetik.

Eine wirklich signifikante Bilanzreduktion würde alsbald zu deutlich steigenden Zinsen am langen Ende führen. Das würde die Kreditkonditionen verschlechtern, die die sich sowieso nicht gerade im Steigflug befindliche Wirtschaft ausbremsen und die Kosten für die Neuverschuldung des Staates erhöhen. Dadurch würden Trumpsche Vorhaben konterkariert, sei es die Staatseinnahmen reduzierende Steuerreform oder kreditfinanzierte Infrastrukturprojekte.

Zudem wurde eine wirklich relevante Bilanzreduktion der Fed die relative Präferenz zwischen Bonds und Aktien über steigende Zinsen am langen Ende längerfristig in Richtung Anleihen verschieben. Das bringt möglicherweise Pensionsfonds recht schnell in Bedrängnis, die in den zurückliegenden Jahren ihren Aktienanteil deutlich gesteigert haben. Zudem lauert das latente Problem der versteckten Staatsverschuldung in Zusammenhang mit Renten und anderen sozialen Posten, die die Staatsverschuldung des Staates mindestens verdoppeln. Das gilt mehr oder weniger für alle entwickelten Volkswirtschaften.

Aus all diesen Gründen wird die Fed nichts tun, was die langfristigen Renditen dauerhaft in die Höhe treibt. Als Anhaltspunkt mag eine seit 30 Jahren etablierte Abwärtslinie gelten, die aktuell für 10-jährige TNotes bei knapp 2,5% notiert. Oder anders herum: Wenn diese Linie dauerhaft nach oben aufgehebelt wird, geht die (Finanz-)Welt, so wie wir sie kennen, unter. Die Fed wird alles tun, um dem entgegenzuwirken. Die Weichen für diesen Ernstfall werden nach und nach gestellt - das Trommeln für die Einschränkung bis Verbot von Bargeld gehört ebenso dazu wie das für negative Zinsen (siehe z.B. hier!).

(Unter Verwendung von Material aus "The big shrink commences".)


Fazit

In der nächsten Woche könnte es für die Finanzmärkte, insbesondere für Aktien spannend werden. Wahrscheinend wird die erste Version der geplanten Steuerreform veröffentlicht. Durchaus denkbar, dass es dann zunächst einmal heißt: “Sell the news.” Schließlich haben die Bullen lange darauf hingefiebert. Zudem zeigen Aktien nach VIX mittlerweile ein solches Maß an “Sorglosigkeit”, dass ein Rückschlag wahrscheinlicher wird. Übergeordnet würde ich jedoch auch den jüngsten “Coup” der Fed, ihr Vorhaben der Bilanzverkürzung, noch in die lange Reihe der Unterstützungsmaßnahmen für Aktien ansehen.


Erwähnte Charts, weiterführende Verweise und Quellenangaben können hier eingesehen werden.


© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de



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