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K.W.F.-Reihe: Keine Angst vorm Angstsparen (5/6)

26.01.2007  |  Mag. Gregor Hochreiter
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Sparen und Horten

In den Nachwirkungen der Asienkrise sieht der Autor einen weiteren Grund für die überdurchschnittliche Sparneigung der Asiaten - im Angstsparen. Daß Sparen durch und durch wohlstandserhöhend wirkt, wurde bereits erwähnt. Daß eine höhere Sparneigung schneller den Wohlstand erhöht, sollte sich aus den obigen Ausführungen schlüssig ergeben. (Verzichtet Robinson auf den Konsum von 2 Äpfeln pro Tag, kann er schon nach 4 Tagen die Leiter bauen.) Aber selbst wenn die Asiaten ihre Geldhaltung erhöhen, häufig despektierlich Horten genannt, hat dies keine negativen Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation. Denn das für die Produktivität entscheidende Verhältnis Sparen/Konsum kann real ohne weiteres gleich bleiben. (Für eine ausführliche Diskussion siehe "Warum Konsum nicht reich machen kann.")

Die von Freiwirten häufig ins Spiel gebrachte Forderung, eine höhere Umlaufgeschwindigkeit würde den Wohlstandsaufbau beschleunigen, erweist sich daher ebenfalls als falsch. Ein Beweis durch Widerspruch soll dies belegen. Stellen wir uns eine im Kreis sitzende Gruppe von Menschen vor, die alle ein Gut mitgebracht haben. Nun tauscht der erste mit dem zweiten einen 10-Euro-Geldschein gegen das vom zweiten mitgebrachte Gut, sagen wir eine Tasse. Der zweite tauscht wiederum den 10-Euro-Schein gegen das Buch des Dritten und so fort. Nach einer ersten Runde beschleunigt die Gruppe das Tempo, nach der zweiten wiederum und so fort.

Wurde mit diesem Verfahren neuer Wohlstand geschaffen? Nicht im Geringsten, da keine neuen Güter produziert wurden. Wurde durch die Beschleunigung der Tauschakte mehr Wohlstand geschaffen? Klarerweise nicht.

Die Dauer der Geldhaltung hat keinen Einfluß auf den Wohlstand einer Gesellschaft.


Sparen, Horten und der Zins

Ein entscheidender ökonomischer Unterschied zwischen Sparen und Horten existiert dennoch und daher ist eine scharfe Trennung zwischen diesen beiden Phänomenen für eine saubere Analyse unumgänglich. Sparen ist immer ein temporärer Verzicht auf die Verfügungsgewalt über die eigenen Ersparnisse. Oder anders ausgedrückt, beim Sparen verzichtet man für einen bestimmten Zeitraum darauf, das Geld selbst verwenden zu können, weil es jemand anderer in seine Unternehmungen investiert. Für diesen temporären Konsumverzicht erhält man eine Entschädigung, den Zins. Die Zinszahlung kompensiert somit den Sparer für die Verschiebung des Konsums von heute auf morgen. Wenn man sein Geld indessen hortet, hat man permanent Zugriff auf sein Vermögen und daher verdient die Geldhaltung im wahrsten Sinne des Wortes keinen Zins.


Horten und ungedecktes Papiergeld

Im Zeitalter des Papiergeldes (siehe Teil 2 der Serie "Krise.Wirtschaft.Freiheit": Was ist eigentlich Geld?) kann eine steigende Geldhaltung die zunehmende Wahrnehmung der Bevölkerung über die Instabilität des Bankenwesens signalisieren. Heutzutage ist die Instabilität aufgrund des "fractional-reserve"-Systems systemimmanent, handelt es sich dabei doch letztlich um ein Pyramidenspiel. Wie jedes andere Pyramidenspiel dürstet es nach einer beständigen Ausweitung der Finanzierungsbasis. Kommt dieser Prozeß ins Stocken, ist es um das Spiel geschehen. Es kollabiert. Wenn also die Bürger beginnen, ihre Konten im großen Stil aufzulösen, so läutet dies den Beginn der Bereinigung ein. Die vermehrte Haltung von Bargeld deckt die Krise, juristisch müßte man von Betrug oder Veruntreuung sprechen, auf. Bank-runs wie vor einigen Jahren in Argentinien sind nicht Vorboten der Krise, sondern sind die Krise. Wer die Zeichen der Zeit nicht richtig zu deuten imstande ist und sein Vermögen daher nicht rechtzeitig abgehoben und in echte Werte gesteckt hat, verliert den Großteil seines Vermögens.

Selbst ohne die ellenlangen AGBs der Banken zu lesen oder ein ausgewiesener Experte im Bankenrecht zu sein, kann man anhand einer einfachen Daumenregel ein Pyramidenspiel der Geschäftsbanken erkennen:

Wann immer Zinsen für Sichtguthaben gezahlt werden, wie etwa für Kontokorrent- oder Girokonten, handelt es sich um ein Pyramidenspiel, das früher oder später kollabieren muß. Täglich verfügbares Geld kann niemals Zinsen verdienen!


Horten und Angstsparen - die subjektive Perspektive

Beide Begriffen - Horten und Angstsparen - versinnbildlichen die wirtschaftspolitische Instrumentalisierung individueller Entscheidungen. Eine kürzere oder längere Verweildauer eines Geldscheines in der Geldbörse, im Strumpf oder unter dem Kissen ist weder per se als gut oder als schlecht zu beurteilen. Sie reflektiert das subjektive Bedürfnis des Geldhalters nach sofort verfügbarem Geld. Ebenso enthält der Begriff des "Angstsparens" eine wirtschaftspolitische Wertung mit einem eindeutig keynesianischen Unterton, unterscheidet er doch in gutes "Sparen" und schlechtes, weil übertriebenes "Angstsparen". Dabei drückt jede Person mit ihrer relativen Gewichtung das laufende Einkommen zu konsumieren oder zu sparen/investieren ihre individuelle Wertschätzung von heutigem Konsum im Vergleich zu morgigen Konsum aus und heute zu konsumieren ist ebenso wenig verwerflich wie zu sparen. Nur wer glaubt, durch eine Konsumerhöhung langfristig sein Konsumniveau zu erhöhen, wird Schiffbruch erleiden.

Aus der Sparneigung einer Gesellschaft, wie einer Person, lassen sich daher bestimmte Entwicklungen antizipieren. Gesellschaften in denen das Sparen diskreditiert wird, befinden sich auf dem absteigenden Ast, Gesellschaften in denen eine Kultur des Sparens erblüht, befinden sich auf dem Weg nach oben.


Zusammenfassung

Die Gründe der Asienkrise lagen weder im Angstsparen, noch bremst das Angstsparen den wirtschaftlichen Aufstieg in irgendeinem Teil der Welt. Wie jede andere ökonomische Krise war auch die Asienkrise durchaus vorhersehbar, allerdings nicht mit den theoretischen Werkzeugen der Mainstream-Ökonomie. Dabei macht es keinen signifikanten Unterschied, ob man einem Keynesianer oder einem Monetaristen mehr Glauben schenkt. Beide Denkschulen und ihre unzähligen Nebenstränge sind für die wahren Ursachen blind. Diese liegen in der von der Ausweitung der ungedeckten Geldmenge verursachten Verzerrungen der Produktionsstruktur (siehe Teil 3 der Serie: America's Great Depression - Die wahren Gründe für den Crash von 1929) und in einer krisenschwangeren Wechselkurspolitik.


© Gregor Hochreiter

www.homo-agens.com, www.liberty.li, Den Autor können sie unter gh@liberty.li erreichen.



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Disclaimer: Dieser Artikel dient der Darstellung ökonomischer Sachverhalte und ist keinesfalls als Anlageberatung oder Kaufempfehlung zu verstehen. Jedes Investment, z.B. in Anleihen, Aktien, Edelmetallen und Optionen, ist mit Risiken behaftet. Zurückliegende Wert-, Preis- oder Kursentwicklungen geben keine Anhaltspunkte für die zukünftige Entwicklung des Investments. Jegliche Haftungsansprüche gegen den Autor, liberty.li und die homo agens ltd. sind grundsätzlich ausgeschlossen.



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