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"Zitieren Sie mich nicht, wir werden versuchen, Ihnen zu helfen"

23.07.2023  |  Vertrauliche Mitteilungen
Ein angebliches Telefongespräch sorgt derzeit in Bulgarien für einige Unruhe. Danach soll die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, dem zeitweisen bulgarischen Ministerpräsidenten (2021-2022) und Unternehmer Kiril Petkov einen Beitritt Bulgariens in die Euro-Zone auch unter Umgehung der dafür eigentlich erforderlichen Voraussetzungen in Aussicht gestellt haben.

Über ein solches Telefonat hatte Petkov jedenfalls kürzlich bei einem Treffen mit Spitzenvertretern seiner "PP-Partei“ gesprochen. Er berichtete dabei dem PP-Parteirat, daß von der Leyen auf seine Frage nach den Chancen für einen Beitritt seines Landes zum Schengen-Raum und der Euro-Zone wie folgt geantwortet habe:

"Bei Schengen haben Sie große Chancen. Für die Euro-Zone müssen Sie herausfinden, wie Sie die Regeln umgehen können, um in den Rahmen zu passen.

Und rein vorsorglich habe sie gebeten: "Zitieren Sie mich nicht, wir werden versuchen, Ihnen zu helfen.

Auf eine Journalistenanfrage bestätigte eine Sprecherin der EU-Kommission das Telefongespräch zwischen von der Leyen und Petkov. Sie bestätigte auch, daß es in dem Gespräch vor allem um die Fragen bezüglich eines Beitritts Bulgariens zum Schengen-Raum und der Euro-Zone ging. Sie ging aber mit keinem Wort – also weder bestätigend noch dementierend – auf die im Raum stehende Nachricht ein, daß von der Leyen einen Euro-Beitritt Bulgariens gegebenenfalls auch unter Umgehung mancher Regeln in Aussicht gestellt habe.

Bulgarien wurde 2007 in die Europäische Union aufgenommen, obwohl es wesentliche Beitrittsbedingungen nicht erfüllt hatte. Es mangelt bis heute an einer funktionierenden und unabhängigen Justiz, das Land leidet unter einer grassierenden Korruption und unter einer Organisierten Kriminalität, deren Arme bis in die höchsten Kreise der bulgarischen Politik reichen sollen.

Nicht zuletzt deshalb haben andere EU-Staaten wie z.B. die Niederlande und Österreich bis jetzt einen "Schengen-Beitritt“ Bulgariens abgelehnt. Sollte die aktuelle EU-Kommissionspräsidentin Bulgarien nun die entsprechende Hilfestellung geben, dürfte dies u.a. in Den Haag und Wien auf erhebliches Missfallen stoßen.

Ähnlich verhält es sich bei der Frage nach einem Euro-Beitritt. Wirksame Geldwäschegesetze gibt es nach wie vor nicht und eine inzwischen chronisch gewordene politische Instabilität läßt auch für die Währungsfragen nichts Gutes erwarten. Die im April abgehaltene Parlamentswahl war die fünfte innerhalb von zweieinhalb Jahren und es gibt (Stand 7.6.2023) noch immer keine neue Regierung.

Dazu kommt, daß angesichts einer massiv an Wert verlierenden Landeswährung (die Inflationsrate des Lew liegt derzeit bei etwa 15%) immer mehr Bulgaren am Sinn eines Euro-Beitritts gerade zum gegenwärtigen Zeitpunkt zweifeln. Sie verweisen dann oft nach Kroatien, weil die dortige Euro-Einführung zum 1.1.2023 zu einem erheblichen Inflationsschub im wirtschaftlich eng verbundenen Bulgarien geführt haben soll.

Sollte sich nun der Eindruck verfestigen, daß ausgerechnet die EU-Kommissionspräsidentin zu einer besonders laxen Auslegung der Schengen- und Euro-Beitrittsanforderungen (wenn nicht gar zu deren Beugung) rät, dürfte das zu neuem und erheblichem Unmut führen. Und das mit ziemlicher Sicherheit nicht nur in Bulgarien.


© Vertrauliche Mitteilungen
Auszug aus den "Vertrauliche Mitteilungen", Nr. 4553



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