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Sozialismus im Aufwärtstrend

08.01.2008  |  Claus Vogt
Den Kalten Krieg gegen die sozialistischen Diktaturen des Ostens hat der Westen unter der Führung Amerikas bekanntlich gewonnen. Der Kampf gegen die schleichende Einführung des Sozialismus scheint jedoch mehr denn je verloren zu sein.

Der Nobelpreisträger Friedrich August von Hayek hat diesen Prozess in seinem 1944 in England erschienen und auch heute noch überaus lesenswerten Buch "The Road to Serfdom" ("Der Weg zur Knechtschaft") auf klare und eindringliche Weise beschrieben. Darin macht Hayek deutlich, dass selbst gut gemeinte staatliche Interventionen, deren erklärtes Ziel ausdrücklich nicht die Abschaffung der Marktwirtschaft ist, langfristig dennoch genau dazu führen. Am Ende dieses schleichenden Prozesses steht aber nicht nur die Abschaffung der Marktwirtschaft, sondern sehr viel umfassender die Abschaffung einer Vielzahl individueller Freiheiten und die Unterwerfung des Bürgers unter einen allumfassenden Staatsapparat.


Staatliche Interventionen sind selbst in den USA selbstverständlich geworden

Wie die Ereignisse rund um die geplatzte Immobilienblase und die politischen Antworten darauf in den vergangenen Wochen zeigen, sind wir auf diesem durch Staatsinterventionen geebneten Weg zur Knechtschaft selbst in den USA bereits sehr weit vorangeschritten. Mit welcher Selbstverständlichkeit jetzt sogenannte Rettungspläne für gescheiterte Spekulanten im weitesten Sinne gefordert und präsentiert werden, ist schon überaus erstaunlich.

Und was ist mit dem Deutschland der großen Koalition der Steuererhöher? Eingebettet in eine zusätzliche bürokratische Mandarin-Klasse auf europäischer Ebene erstickt es zwar längst unter der Last einer völlig aus dem Ruder gelaufenen staatlichen Regelungswut. Dennoch erschallt nach jeder medienwirksam ausgeschlachteten Missetat, Ungerechtigkeit oder Zufälligkeit immer sogleich der lautstark vorgebrachte Ruf nach neuen Gesetzen. Das leistungshemmende Krebsgeschwür Staat wuchert und wuchert und lähmt und erstickt die Leistungsbereitschaft der Bürger. Und weil es ein schleichender Prozess ist, vollzieht er sich fast unbemerkt. An seiner verheerenden langfristigen Wirkung ändert das allerdings nicht.


Es war einmal ein Wirtschaftswunderland

Dabei sollte gerade das Beispiel Nachkriegs-Deutschland fast schon genügen, um die Überlegenheit einer möglichst viel Freiheit zulassenden Wirtschaftsverfassung zu belegen. Hayeks Analysen, die auf Ludwig von Mises und der österreichischen Schule der Nationalökonomie basieren, fanden nach dem Zweiten Weltkrieg dank des politischen Einflusses von Walter Eucken Eingang in den wirtschaftspolitischen Wiederaufbau West-Deutschlands. Sie schufen die notwendigen freiheitlichen Rahmenbedingungen, die ein Wirtschaftswunder ermöglichen. Und siehe da, das Wunder fand tatsächlich statt.

Und jetzt sind wir bereits an einem Punkt angekommen, an dem die große Koalition der Steuererhöher nicht nur die Löhne am unteren Ende ihrer Spannweite per Mindestlohngesetze staatlich zu regulieren gedenkt. Nein, auch das obere Ende hat die Begehrlichkeiten der kurzfristigen Wählerstimmenmaximierer geweckt. Die wieder einmal entbrannte ursozialistische Neiddiskussion über die - frei ausgehandelten - Gehälter mancher Spitzenmanager lässt sehr tiefe Blicke in die Psyche der Diskutanten zu. Einen empfehlenswerten Klassiker zu diesem Thema schrieb bereits in den 60er Jahren der ehemaligen Mainzer Soziologie-Professor Helmut Schoeck: "Der Neid und die Gesellschaft".


"Rettet die Großspekulanten - mit oder ohne Steuergelder"

So lautet der Schlachtruf in den USA seit die Immobilienblase platzte und die ersten Folgen sichtbar wurden. Weltweit haben sich die Notenbanken nicht lange bitten lassen und mit Zinssenkungen oder unterlassenen Zinserhöhungen reagiert. Unter dem Vorwand, dem ohne eigene Schuld in Bedrängnis geratenen kleinen Mann helfen zu wollen, wurden bisher nur Maßnahmen umgesetzt, die ausschließlich den großen Institutionen helfen. Dabei müssen sich die Notenbanker in ihren Argumentationen schon sehr verrenken, um nicht allzu offensichtlich als Geldpolitiker dazustehen, die Wasser predigen und Wein trinken.


Kohn, die Fed und Moral Hazard

Das wichtige Thema der geldpolitischen Vollkaskoversicherung für Großspekulanten (Moral Hazard) habe ich in den vergangenen Jahren in meinen kritischen Analysen der zeitgenössischen Geldpolitik immer wieder diskutiert. Jetzt hat Donald L. Kohn, ein einflussreicher Mann innerhalb der Fed, in einer Rede vom 28. November 2007 einen bezeichnenden Beitrag zum Thema Moral Hazard geleistet, aus dem die ystematische Unaufrichtigkeit zahlreicher Geldpolitiker klar hervorgeht.

Kohn beginnt seine Ausführungen mit einer bekannten rhetorischen Figur, indem er zunächst das Richtige sagt - jedenfalls im zweiten der hier zitierten Sätze: "Zentralbanken versuchen Finanzstabilität zu fördern und dabei das Entstehen von Moral Hazard zu vermeiden. Menschen sollten die Konsequenzen ihrer Entscheidungen über Kreditgewährung, Kreditaufnahme und Vermögensverwaltung tragen, und zwar sowohl wenn diese Entscheidungen sich als klug erweisen als auch wenn das nicht der Fall ist."

Nach diesen Zeilen hätte ich "Bravo, Herr Kohn" rufen können, genauso wie im Falle des britischen Notenbankers Mervyn King, über den ich in der Oktober-November-Ausgabe der Performance berichtete. Im Unterschied zu Herrn King ließ Herr Kohn mich allerdings nicht zwei Tage warten, bevor er seine eigentlichen Überzeugungen und Absichten offenbarte. Herr Kohn relativiert seine Aussage dankenswerterweise bereits im nächsten Absatz: "Gleichzeitig bin ich jedoch der Meinung, dass im Falle schlecht getroffener Entscheidungen unschuldige Zuschauer nicht für den Schaden aufkommen sollten."

Diese Aussage klingt noch durchaus harmlos, jedenfalls dann, wenn Sie unter "unschuldige Zuschauer" fälschlicherweise an relativ normale Durchschnittsmenschen wir mich, also an den unbeteiligten Otto Normalverbraucher gedacht haben sollten. Die Wahrung von dessen Interessen hat Herr Kohn aber ganz offensichtlich nicht gemeint, denn er fährt folgendermaßen fort: "Um das klar zu stellen, Zinssenkungen, die das Ziel haben, die Wirtschaft stabil zu halten, wenn widrige Entwicklungen an den Finanzmärkten auftreten, werden die Bestrafung von einigen jener lindern, die schlechte Entscheidungen getroffen haben. ber diese Leute tragen trotzdem die Kosten ihrer Fehlentscheidungen; und wir sollten nicht die gesamte Wirtschaft als Geisel nehmen, um einem kleinen Segment der Bevölkerung eine Lektion zu erteilen."

Das also ist das rhetorische Ziel: Gerade weil den Notenbankern der kleine Mann so wichtig ist, müssen sie die eigentlich gerechtfertigte und ohne staatliche Manipulationen auch sicher eintretende Strafe für die großen Fehlentscheider mit allen geldpolitischen Mitteln verhindern. Danke, Herr Kohn, für diese gespreizten Ausführungen.




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