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Die Bedeutung der Immobilienblase wird noch immer dramatisch unterschätzt

21.05.2008  |  Claus Vogt
Der laufende Wirtschaftszyklus, der mit dem Ende der Rezession des Jahres 2001 begann, unterscheidet sich von all seinen Vorgängern in einem ganz wesentlichen Punkt: in seinem Zentrum stand und steht noch immer eine gewaltige Spekulationsblase am US-Immobilienmarkt, aber auch an den Immobilienmärkten anderer Länder. Großbritannien, Irland, Spanien, Australien, aber auch osteuropäische und asiatische Ballungszentren sind betroffen. Und die Bedeutung dieser vermutlich größten Spekulationsblase aller Zeiten wird noch immer dramatisch unterschätzt.


Die Immobilienblase war und ist die entscheidende Größe des laufenden Wirtschafszyklus

Sie spielte die maßgebliche Rolle in der Aufschwungphase des laufenden Zyklus, und sie wird wohl auch die bereits begonnene Abschwungphase prägen. Aufgrund dieser frühzeitig gewonnenen Erkenntnis zieht sich das Thema Immobilienblase wie ein roter Faden durch meine analytische Arbeit der vergangenen Jahre.

Die wichtigsten Aspekte dieser Blase, die ich weiterhin für eine monumentale Fehlentwicklung halte, habe ich Ihnen nach und nach - und frühzeitig - dargelegt. Jetzt halte ich die Zeit für gekommen, dem Thema erneut den ihm gebührenden breiten Raum einzuräumen, damit Sie sich ein klares Bild davon machen können, ob die weit verbreitete Hoffnung auf eine schnelle Erholung der US-Wirtschaft und ein Ausbleiben negativer Folgen für den Rest der Welt gerechtfertigt ist.

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US-Konsumentenpreisindex und Wohnimmobilienpreisindex, 1990 bis 2008
Wer diese selbst in einfachen Grafiken offensichtliche Fehlentwicklung nicht erkennen konnte, musste mit Blindheit oder
ungewöhnlicher Ignoranz geschlagen sein. Quelle: Bloomberg


Es war eigentlich nicht schwer, die monumentale Fehlentwicklung zu erkennen

Wie meine langjährigen Leser wissen, war es nicht allzu schwierig, die Immobilienblase frühzeitig als solche zu erkennen. Beispielsweise anhand der nebenstehenden Grafik, die Ihnen die Entwicklung des US-Konsumentenpreisindex’ und des Wohnimmobilienpreisindex’ zeigt. Spätestens ab 2004 musste man mit Blindheit oder ungewöhnlicher Ignoranz geschlagen sein, wenn man die offensichtliche Fehlentwicklung am Immobilienmarkt nicht erkennen wollte. Oder - so hat es jedenfalls den Anschein - einfach nur bei der mächtigsten Notenbank der Welt für die Steuerung der größten Volkswirtschaft zuständig sein. Ob es hier einen Zusammenhang geben mag?

Wie auch immer dem sei, fest steht, dass es bis in die jüngste Vergangenheit zahlreiche Verfechter der geradezu absurden These gab, es gebe keine Blase, darunter bezeichnenderweise hochrangige Notenbanker wie Alan Greenspan. Dessen geradezu lächerliche Argumente habe ich bereits im Jahr 2004 in meinem gemeinsam mit Roland Leuschel verfassten Buch "Das Greenspan Dossier", aber auch in der "Performance" diskutiert. Und selbst der amtierende Fed-Präsident Bernanke gab noch Ende 2006 folgende Einschätzung zu Protokoll:

"The housing market merely reflects a strong U.S. economy."
("Der Wohnimmobilienmarkt spiegelt lediglich eine starke US-Wirtschaft wider.")

Allein mit dieser erstaunlichen Fehleinschätzung hat sich der akademisch so brillierende Professor als wahrhaft würdiger Nachfolger Greenspans offenbart.


Kopf-an-Kopf-Rennen um den Titel des schlechtesten Notenbankers

Letzterem hatte ich bereits vor einigen Jahren, als er noch im Zenit seines Ruhmes stand, prophezeit, er werde dereinst als einer der schlechtesten Notenbanker aller Zeiten in die Finanzmarktgeschichte eingehen. Fast drängt sich jetzt der Eindruck auf, auch Bernanke sei fest entschlossen, diesen Titel zu erringen. Stellen Sie sich auf ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen in den kommenden Jahren ein.

Diese Prognose geht übrigens langsam, aber sicher in Erfüllung. Die immer kritischer werdenden Stimmen mehren sich. Beispielsweise hieß es im Editorial des der Zentralbank nicht eben kritisch gegenüberstehenden Wall Street Journal Ende April dieses Jahres:

"As we’ve been writing for several years, the greatest threat to economic growth has been reckless monetary policy."
(Wie wir bereits seit einigen Jahren geschrieben haben, geht die größte Gefahr für das Wirtschaftswachstum von einer unbesonnenen Geldpolitik aus.)

Ich stimme dieser Einsicht natürlich in vollem Umfang zu. Aber mir ist in den vergangenen Jahren nicht aufgefallen, dass das Wall Street Journal eine kritische Haltung gegenüber der Geldpolitik der Greenspan-Ära eingenommen hätte. Im Gegenteil. Solange der Popstar des Zentralbankwesens in Amt und Würden war, konnte er sich des Lobs aller wichtigen, besser: einflussreichen Medien sicher sein.

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S&P Case-Shiller Home Price Index, 1988 bis 2008.
Dieser Index zeigt Ihnen, dass das angeblich Unmögliche begonnen hat: In den USA fallen die Immobilienpreise landesweit. Nach dem Platzen der Blase stehen wir vermutlich erst am Beginn dieser unvermeidlichen Korrektur. Quelle: Bloomberg





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