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Privatisierung des Geldes - Weil der beste Regulator der Wettbewerb ist

25.10.2011  |  Ralph Bärligea
Ein Bankier alter Schule wird zum währungspolitischen Revolutionär - Interview mit Karl Reichmuth

Karl Reichmuth ist unbeschränkt haftender Gesellschafter der Reichmuth & Co Privatbankiers in Luzern. Im letzten Jahr wurde ihm vom Zürcher Liberalen Institut für sein langjähriges Engagement zugunsten einer freiheitlichen Geldordnung der Röpke-Preis verliehen. Karl Reichmuth ist bodenständiger Schweizer, verheiratet und hat vier Kinder. In seiner Freizeit wandert er gerne. Auch damit ist der Bankier alten Schlages so etwas wie ein personifizierter Gegenentwurf zum modernen Banker, der auf Kosten und Risiko von Dritten windige Geschäfte betreibt. In seinem letzten Buch "Weg aus der Finanzkrise" stellt Karl Reichmuth gemeinsam mit Professor Joachim Starbatty und anderen seine Analysen und Lösungsansätze zur Finanzkrise und Geldordnung vor. eigentümlich frei fragte nach.


eigentümlich frei: Herr Reichmuth, Sie plädieren für die Privatisierung des Geldes.

Karl Reichmuth: Weil der beste Regulator immer der Wettbewerb ist.

Weit besser als die Flut von neuen Regulierungen. Mit solchen Regulierungen wird das ohnehin nicht mehr voll geschützte Eigentum weiter ausgehöhlt. Eigentum bedingt die Übernahme von Verantwortung durch den Eigentümer. Konsequenterweise müssen also Vermögende an einer Kaufkrafterhaltung interessiert sein. Privates Marktgeld, zumindest für den Zweck der Wertaufbewahrung, wird das Ziel der Kaufkrafterhaltung für alle Sparer und Vorsorger eher erreichen als das nominale Staatsgeld, denn der Staat als Riesenschuldner hat in der heutigen Situation ein Interesse an Schuldreduktion durch Geldentwertung.


eigentümlich frei: Was wird Ihrer Meinung nach die Nachfrage hin zu privatem Marktgeld leiten?

Karl Reichmuth: Paradoxerweise glaube ich, dass letztendlich das Verhalten der Staaten und Zentralbanken die Nachfrage nach Privatgeld erhöhen wird. Die Schuldenmacherei der Staaten und das Gelddrucken der Zentralbanken werden früher oder später zu einer deutlich erhöhten Inflation führen, dann werden die Leute nach neuen Wegen suchen.


eigentümlich frei: Um dieser Nachfrage gerecht zu werden, haben Sie letztes Jahr im März mit dem "RealUnit" einen Fonds aufgelegt, der zu einem Drittel in investitionsbezogenen und zu zwei Drittel in konsumbezogene Anlagen investiert und so das Schweizer Bruttoinlandsprodukt näherungsweise abbilden soll. Sie gehen noch einen Schritt weiter und meinen, dass dieser Fonds eine Art neues Geld darstellen kann.

Karl Reichmuth: Seit nun über 50 Jahren beschäftige ich mich mit dem Geldwesen und der Notwendigkeit der Geldwertstabilität. Nach meiner Auffassung bedeutet Preisstabilität nicht, dass die Preise eines mehr oder weniger willkürlich zusammengesetzten Warenkorbs stabil bleiben, sondern dass eine Geldeinheit einen stabilen Anteil an der Volkswirtschaft darstellt. Aus dieser Überlegung ist der RealUnit entstanden. Heute existieren zahlreiche gesetzliche Einschränkungen, welche die Ausgabe von Privatgeld zu verhindern suchen. Die größten Leidtragenden unserer heutigen Geldordnung sind die Kleinsparer, die oft nur nominelle Anlagen besitzen und dann durch die meist höher als die Zinsen ausfallende Inflation kontinuierlich enteignet werden. Als Praktiker habe ich deshalb den RealUnit als Fonds lanciert, um den Sparern die Möglichkeit zu geben, zumindest betreffend der Wertaufbewahrungsfunktion eine Alternative zu staatlichen Währungen zu haben.


eigentümlich frei: Der RealUnit besteht aktuell zu 30 Prozent aus Geldmarktpapieren, Anleihen und flüssigen Mitteln, die auf staatliches Papiergeld lauten, das Sie als nicht wertstabil erachten. Warum besteht Ihr Fonds nicht gänzlich aus Realwerten?

Karl Reichmuth: Das Bruttoinlandsprodukt der Schweiz sowie der meisten OECD-Länder setzt sich zu zwei Dritteln aus Konsumausgaben und zu einem Drittel aus Investitionsausgaben in zum Beispiel Häuser oder Maschinen zusammen. Realwerte wie Aktien und Immobilien gewichten wir deshalb gemäß der BIP-Aufteilung mit einem Drittel. Rohstoffe, nominelle Anlagen sowie inflationsgeschützte Anleihen, welche der Befriedigung des Konsums dienen, gewichten wir mit zwei Dritteln. Mit dieser lebensnahen Aufteilung der Anlagen kann meiner Meinung nach das Ziel der Kaufkrafterhaltung am ehesten sichergestellt werden. Ein Fonds, der ausschließlich auf Realwerte setzt, würde langfristig wahrscheinlich eine höhere Rendite als der RealUnit erwirtschaften. Ziel des RealUnit ist es aber nicht, eine möglichst hohe Rendite zu erwirtschaften, er basiert auf der Zusammensetzung des Bruttoinlandsprodukts und soll somit wertstabiles Geld sein.




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