Antal Fekete über Real Bills, Geldmengentheorie und die New Austrians (Teil 1/2)
02.04.2014

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Hier schwingen also Preise wie auch Zinssätze. Es bilden sich riesige Geldflüsse vom Rohstoffmarkt zum Anleihemarkt, und zurück. Wenn die Frequenz der oszillierenden Preise mit der der oszillierenden Zinssätze übereinstimmt, dann entsteht Resonanz. Die Resonanz kann gedämpft werden oder - das genaue Gegenteil - sich selbst verstärken (was dann unkontrollierte Resonanz, ‘runaway resonance‘, genannt wird). Wenn sie sich selbst verstärkt, wird es ernst. Dann entsteht Hyperinflation, falls die Geldmengen gerade vom Anleihemarkt zum Rohstoffmarkt fließen. Könnten Sie das ein wenig ausführen? Antal Fekete: Hyperinflation bedeutet, dass sich die Geldumlaufgeschwindigkeit immer weiter erhöht - das sie schneller ist als jede zuvor festgelegte oder anvisierte Umlaufgeschwindigkeit, ganz gleich wie hoch diese war. Das kann aber muss nicht mit Geldschöpfung durch Zentralbanken einhergehen. Allein das schon existierende Geld, das vom Anleihemarkt in den Rohstoffmarkt fließt, kann dafür schon ausreichend sein - unabhängig von den Wünschen der Zentralbank.
Daily Bell: Sie meinten aber auch: “Es gibt aber noch eine zweite Variante, die aber nicht beispielhaft belegt werden kann, weil es keine historischen Beispiele für Experimente mit globalem Fiat-Papiergeld gibt: Findet der Zusammenbruch in einer Phase statt, in der die Zinssätze fallen und Geld vom Rohstoffmarkt in den Anleihemarkt fließt, dann sprechen wir von Hyperdeflation. Allem Anschein nach werden wir genau das bekommen.“ Könnten Sie auch das ein wenig ausführen.
Antal Fekete: Hyperdeflation bedeutet, dass die Geldumlaufgeschwindigkeit immer weiter sinkt - dass sie jede zuvor festgelegte oder anvisierte Umlaufgeschwindigkeit unterschreitet, ganz gleich wie niedrig diese war. Wichtig hierbei ist aber auch, dass dieser Prozess völlig unabhängig von den Wünschen der Zentralbank geschieht. Er ist die direkte Konsequenz spontaner Geldflüsse aus dem Rohstoffmarkt in den Anleihemarkt.
Daily Bell: Mises war zumindest überzeugt, dass es in Gelddruck-Phasen, wie wir sie auch aktuell haben, keine Deflation geben könne. Könnten Sie dieses Thema noch einmal aufgreifen und den Prozess deutlicher machen? Inwieweit beeinflusst “ökonomische Resonanz“ die Zinssätze?
Antal Fekete: Wenn Geld aus dem Rohstoffmarkt in den Anleihemarkt fließt, sinken die Rohstoffpreise und die Anleihepreise steigen. Letzteres bedeutet auch, dass die Zinssätze sinken. Unter einem Goldstandard würde dieser Prozess früher oder später aufgehalten werden, da die Rohstoffpreise nicht auf null sinken können. In unserem globalen Fiat-Geld-Experiment nehmen die Zentralbanken immer und immer wieder zwanghafte Zinssatzhalbierungen vor - wodurch sie, ohne es zu ahnen, weitere Preisverluste an den Rohstoffmärkten verursachen. Hier haben wir es dann mit einem Teufelskreis in Aktion zu tun, welcher die Rohstoffkurse und Zinssätze beeinflusst. Das ist verrückt. Es ist unglaublich dumm, aber es passiert. Alle erwarten Hyperinflation, obwohl wir gerade Hyperdeflation bekommen.
Daily Bell: Sie scheinen zu glauben, dass die Geldumlaufgeschwindigkeit ein rein monetäres Phänomen ist. Die “Miseaner" glauben in der Regel, dass sinkende Geldumlaufgeschwindigkeit mit mangelnder Nachfrage zu tun hat, weil die ökonomische Funktionsfähigkeit durch die Geldschöpfung der Zentralbanken verzerrt ist. Woran liegt es nun? Oder trifft beides zu?
Antal Fekete: Mit Angebotsmangel zu argumentieren, ist ein Merkmal der Keynesianer. Die Argumentation mit der Umlaufgeschwindigkeit mag ich aber auch nicht. Mises sagte einmal, die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes sei null. Punkt! Geld befindet sich immer, zu jedem Zeitpunkt, im Kassenbestand von irgendjemand, und dort liegt es ganz ohne Umlaufgeschwindigkeit. Der meiner Ansicht nach richtige theoretische Ansatz für die deflationäre Spirale ist die Argumentation mit Resonanz - im Spannungsfeld zwischen oszillierenden Rohstoffpreisen und oszillierenden Zinssätzen. Mainstream-Ökonomen verstehen Spekulation nicht. Die Ökonomen der österreichischen Wirtschaftsschule nach Mises sind da nicht besser. Risikolose Spekulation an den Anleihemärkten bietet für all das eine reibungslose Erklärung.
Daily Bell: Erklären Sie das bitte.
Antal Fekete: Spekulanten wissen, dass die Zentralbank am laufenden Band Anleihen kauft. Im Grunde schreien die Zentralbanker ja von den Dächern herunter, wie es mit QE und anderen ähnlich dümmlichen Tricks läuft. Die Spekulanten reagieren, indem sie den Ankäufen der Zentralbanken zuvorkommen. Sie kaufen die Anleihen einfach im Vorfeld ein. Manchmal spielen die Zentralbanken auch mit gezinkten Karten, aber den Spekulanten machen sie damit nichts vor, da sie ihr eigenes Kapital aufs Spiel setzten - anders als die Zentralbanker, deren Verluste automatisch auf das Staatssäckl umgeschlagen werden. Das hat zur Folge, dass sich die Spekulanten ein Geschenk holen. Sie profitieren, ohne ein wirkliches Risiko einzugehen. Sie machen große Gewinne und das Karussell gerät ins Rasen und dann außer Kontrolle.
Daily Bell: Bitte erläutern Sie uns Ihre Kritik an der Position, die auch Rothbards vertrat - der Position, dass das partielle Bankenreservesystem an sich ein Verbrechen sei.
Antal Fekete: In diesem Punkt weichen Rothbard und Mises stark von Carl Mengers Geldtheorie ab. Menger meinte, die Geschäftsbanken würden richtigerweise mehr Kredite vergeben, als durch ihre Goldreserven insgesamt gedeckt sei. Dieser Überschuss werde durch Goldwechsel ausgeglichen, also Handelswechsel, die täglich in Goldmünzen fällig sind. Das kann man nachlesen in Mengers enzyklopädischen Artikel “Geld" (dritte Ausgabe 1909). Mises veröffentlichte nur drei Jahre später, 1912, dann “Theorie des Geldes und der Umlaufmittel“. Er hat mit Sicherheit Mengers Schrift "Geld" gelesen, bevor sein eigenes Buch in Druck ging.
Mir ist vollkommen unverständlich, warum Mises nicht auf Mengers Untersuchungen der akzeptablen Praxis der Goldwechsel-Monetisierung durch die Geschäftsbanken eingeht. Oder warum kritisierte er sie nicht, wenn er damit nicht einverstanden war? Wie dem auch sei: "Das partielles Reservesystem" (fractional banking) ist ein folgenreiche Fehlbezeichnung. Die Reserven der Geschäftsbanken sind in diesem Fall nicht “partiell“. Sie sind voll und ganz, weil die Goldwechsel in den Bankenbeständen goldwert sind.
Daily Bell: Sie sind ein Verfechter der real bills (Goldwechsel). Können Sie uns auf die Sprünge helfen, warum die von Mises geprägten “Österreicher" diese real bills als inflationär ablehnten?
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© Antony Wile
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Dieser Artikel wurde am 27. Oktober 2013 auf www.thedailybell.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.